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Kunst der Nation — 1.1933

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Brehm, Bruno: Der nackte und der bekleidete Mensch: die beiden Stöme der Kunstentwicklung
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Oskar Bangemann: Holzschnitt als Reproduktionstechnik
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Hans Weidemann: Leiter des Kulturamtes der Organisation "Kraft durch Freude"
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Fürst, Leonhard: Das deutsche Tonfilmstudio
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Kunst der Nation

3

körperlichen Raumes. Diese Frage des Raumes
nun ist keine Frage der Räumlichkeit, auf die es
gewiß nicht ankommt. Denn in jeder unserer
gotischen Dorfkirchen ist mehr Raum, mehr von
diesem Geheimnis der Kunst als in den größten
italienischen Domen.
Um die Größe einer italienischen Kirche zu
spüren, muß man den kleinen Menschen als Maß-
stab nehmen: so winzig steht er neben dem Taber-
nakel Berninis, so groß ist die Kuppel der Peters-
kirche. Aber nirgendwo ist dieser überall fast
greifbare Raum geheimnisvoll, er ist nur die
Innenseite einer Außenform, herausgeformt wie
ein Sandkuchen aus einer Kinderspielform. Gehen
wir dann aber in eine unserer nordischen, nicht
von Italienern erbauten Barockkirchen — wie in
die Asamkirche zu München oder in die Kirche von
Melk an der Donau —, dann fühlen wir tief das
Knistern des Raumes, dessen Weben und Schweben
wir auch in jeder orientalischen Moschee fühlen
können.
Genau die gleiche unendliche Tiefe haben die
ostasiatischen Tnschbilder, haben die Landschafts-
bilder unserer deutschen und holländischen Meister,
beginnend mit dem großen Triumphlied auf den
Raum ans dem Altdorfer-Bild: „Die Geburt der
Maria" in Augsburg und weiterführend zu den
unendlichen Weiten Rembrandtscher Radierungen.

und der geheimnisvollen Zusammenklänge gesucht
hat. Wir werden, wenn wir uns nicht besinnen,
die großen Wortlandschaften Stifters genau so
verlieren wie für viele Menschen die Schnörkel
von Sternes Tristram Schandis verloren ge-
gangen sind.
Wenn Thomas Mann im zweiten Teile des
Zauberberges, im Abschnitt Schnee, eine Vision
gibt, die solch ein abgestimmtes, wohllautendes
südliches Leben der nackten Sonnenmenschen zeigt,
so ist dies, als das Kernstück des Buches genom-
men, nicht viel, ja es ist weniger als irgendeine
der Seelcnlandschaften Stifters, weil dieses
Mareesche oder Feuerbachsche Bild nie das Letzte
ausdrückcn kann, nach dem wir verlangen.
Wir sind von unserem Thema, von der bil-
denden Kunst hier abgcwichen, aber wir wollen
in einem weiteren Aufsatze versuchen, diese gleiche
Frage über den nackten und den bekleideten Men-
schen in der Wortkunst zu behandeln. Daß es
sich dabei nicht nm das Gewand als Kleid han-
deln wird, sondern um die Form des Ausdruckes,
muß Wohl nicht erst gesagt werden. Denn in
der Dichtung haben wir ja dieselben beiden
großen, einander suchenden und doch immer
wieder fremd bleibenden Ströme, die wir in der
bildenden Kunst sestgestellt haben. 8. 8 rsbin

Von allen großen Italienern hat einzig der
Mensch der Mitte, der Mensch zwischen Gotik und
Renaissance, Lionardo, annähernde Tiefen erreicht.
Er war es auch, der sich mit einer ganzen Reihe
selbständiger Gewandstudien beschäftigte, die
zeigen, wie sehr er sich nm die Gesetze der „an-
deren" Kunst bemühte. Wenn die Kunstwissen-
schaft einmal diesen Fragen nachgehen wird, wird
sie auch erkennen, daß sich Lionardo mit ostasiati-
schen Zeichnungen befaßt haben muß, wovon eine
Reihe von Kreidezeichnungen zu Windsor Zeugnis
ablegen.
U n ü b e r st e i g b a r e Schranken
Uns, einem „freien, aufgeklärten, von keinen
Fesseln gehemmten Geschlecht" scheint heute alles
möglich zu sein. Man glaubt, sein Hemdchen
wegwerfen, seine Beinchen heben und seine Arme
schwingen zu können und dadurch einen neuen
Tag und eine neue Kunst der nackten Gestalten
heraufzuführen. All diese falschen Propheten, die
heute von der reinen griechischen Kunst und der
neuen Klassik schwärmen, wissen nicht, wie die
Vergangenheit ihrer eigenen Kunst ausgesehen hat
und was scheinbar abgestorben ist an ihr, um
ihnen soviel Spielraum für törichte Träume zu
gönnen. Sie kennen nicht die Kämpfe, die unsere
Künstler zu allen Zeiten um jenes Ideal der
Nacktheit geführt haben, sie wissen nicht, wieviele
sich daran verblutet haben, weil sie etwas er-
streben wollten, was ihnen im Grunde ebenso
fremd und unerreichbar ist wie chinesischen oder
japanischen Künstlern, von den Meistern islami-
tischer Kunst gar nicht zu reden. Sie begreifen
nicht mehr den Sinn von Dürers großen Ge-
wands iguren und von den Gewandfiguren der
Gotik, die das Eigenste unserer Kunst darstellen,
sie verstehen nicht das Winkelwerk der Linien-
führung in den deutschen Stichen und Schnitten.
Sie halten sich nicht vor Augen, daß die mensch-
liche Gestalt unserer Kunst als ein ihrem Wesen
Fremdes, ihr erst durch das Christentum auf dem
Meße über das Mittelmeer hinzugefügt wurde.
Unvergeßlich wird mir immer das Hündchen
auf dem Rahmenteil von Marees zweiter Fassung
der Hesperiden bleiben: oben im Bilde die herr-
lichen nackten Gestalten, unten die Gruppen der
Eroten — und zwischen ihnen, vor dem Brun-
nen, jenes tieftraurige Hündchen, dessen Blick
einen nie mehr losläßt. Siehst du, so herrlich
könnte das freie Leben sein, so schön die Menschen,
aber so traurig, so bekümmert ist mein Herz! Und
nie werde ich Feuerbachs unheimliches lebensloses
Getümmel nackter Leiber auf dem großen Bilde
der Amazonenschlacht sehen können, ohne weit
draußen, ganz im Hintergründe, auf einmal die
verdrängte Stimme der Landschaft, das Rauschen
des Meeres zu hören.
Diese beiden Deutschen als die letzten großen
Griechenfrennde haben versucht, jene Grenze zu
übersteigen und haben sich dabei verbluten
müssen.
Das Barbarische
Denn wir sind und bleiben, was uns jene,
die uns nicht verstehen, immer wieder Vorhalten,
barbarische Menschen, die
nicht jenes „lateinische
Maß" in sich tragen, die
sich darnach sehnen, aber
es fast niemals erreichen
können. Immer tobt ein
Außermenschliches, Un-
gebändigtes durch unsere
Kunst, ein Übermensch-
liches, Größeres, nicht
Faßbares, jene Gewalt
einer unterworfenen, aber
immer wieder aufbegeh-
renden Kunst, die in der
Musik allein schlackenlos
vor uns hintritt, körper-
los, geheimnisvoll in
ihren Quartetten und
Symphonien, in ihren
Fugen und Kammer-
musiken wie der Raum
unserer Kirchen. Wir
haben den größten Teil
unserer mittelalterlichen
Dichtung für uns ver-
loren, weil wir uns von
unserem Eigensten abgewendet haben. Wir haben
nie nachgedacht, was der große Zettelkatalog
Jean Pauls zu bedeuten hatte, wir haben uns
cinreden lassen, der wunderliche Mann habe ihn
aus Bildungsprotzerei sich angelegt, aber es
waren nur Flaschen und Apfel, nur Blumen und
Gläser, nur Federn und Pelze unserer großen
Stilleben, die diese seltsame Kunst der Farben

Holzschnitt als Reproduktionstechnik
Oskar Bangemann
Der Holzschnitt findet als Technik des illu-
strierten Buchs leider noch lange nicht den Grad
der Anwendung, der ihm gebührt: denn kein Ver-
fahren schließt sich derartig organisch mit den in
ihrer Grundform ebenfalls geschnittenen Lettern
zusammen wie der Holzschnitt. Vermittels keines
andern Verfahrens läßt sich eine ähnliche künst-


Oskak Bangemann
lerische Einheit der bedruckten Buchseite erzielen.
Diese Wirkung setzt natürlich voraus, daß der
einzelne Holzschneider das Verständnis, die Kraft
und die Ausdauer besitzt, die Handschrift des
Künstlers, dessen Werk er in Holz zu übertragen
hat, in ihrer vollen Ursprünglichkeit zu erhalten.
Nur wenn es gelingt, daß seine Arbeit die gleiche
Lebendigkeit und Frische atmet wie die zugrunde-
liegende Zeichnung des Künstlers, hat er seine
Aufgabe erfüllt.
Bon den wenigen heutigen Künstlern, die
dieser Aufgabe gerecht geworden sind, ist in erster
Linie auf den Braunschweiger Oskar Bangemann
zu verweisen, der besonders durch seine subtilen
Übertragungen der Buchillustrationen Max Slc-
vogts bekannt geworden ist. Die Prägnanz seines
Schnittes und die Bewältigung differenzierte-
ster Tonlagen erreicht eine Vollkommenheit, die

selbst die Höchstleistungen von Menzels Lylogra-
phen in den Schatten stellt. Die beiden Eigen-
schaften, tiefste Einfühlung in das künstlerische
Wesen der Vorlage und absolute Zurückhaltung
und Selbstentäußeruug machen diesen Künstler zu
einem Diener am Werk, wie er nur in der Blüte
deutscher Holzschneidekunst, im 15. und 16. Jahr-
hundert, eine Parallele finden kann. I-.


O. Bansemann, Holzschnitt nach einer Federzeichnung CIcvogts

Hans Weidemann
Leiter des Kulturamtes der Organisation
„Kraft durch Freude"
In diesen Tagen ging durch die Presse die Mit-
teilung, daß der kürzlich in die Kammer der bil-
denden Künste als Vizepräsident derselben berufene
Maler Pg. Hans Weidemanu auf Vorschlag
Reichsminister Dr. Goebbels' von dem Führer der
deutschen Arbeitsfront zum Leiter des Kultur-
amtes in der Organisation „Kraft durch Freude"
ernannt wurde.
Weidemanu ist geborener Rheinländer und ge-
hört zu den jungen Malern, die sich schon sehr
früh in den Dienst der nationalsozialistischen Be-
wegung stellten. Als er sich im Jahre 1926 wäh-
rend seiner Studienzeit in Düsseldorf als SA-
Mann und Versammlungsredner aktiv in die
Partei einreihte, da geschah es nicht, um sich durch
seine Parteizugehörigkeit die künstlerische An-
erkennung nationalsozialistischer Kreise zu ver-
schaffen.
Derartige Motive lagen den jungen Künstlern,
die damals zur Bewegung stießen, fern. Es kam
ihnen darauf an, einen politischen Boden in
Deutschland mitvorbereiten zu Helsen, auf dem ein
gesundes, fruchtbares künstlerisches Schaffen über-
haupt erst möglich werden konnte.
Weidemanns aufklärende politische Arbeit be-
gann in Düsseldorf zuerst in engeren Fachkreisen,
dann in immer weiterem Rahmen, bis er schließ-
lich als Gaupropagandaleiter nach Essen berufen
wurde, wo er zum stellvertreteuden Gauleiter auf-
stieg. Im Januar 1933 berief ihn Reichsminister
Dr. Goebbels nach Berlin. Im April trat er hier
im Reichspropagandaministerium seinen Dienst
als stellvertretender Leiter der Abteilung für ak-
tive Propaganda an. Im Rahmen dieser Tätig-
keit nahm er regsten Anteil am Berliner Kunst-
leben und suchte hier klärend und entwirrend zu
wirken, wo es nötig war. Durch sein lebhaftes,
frisches Temperament und seine innere freudige
Aufgeschlossenheit allen jungen aufbauenden Kunst-
bestrebungen gegenüber hat er sich sehr schnell die
Achtung und Sympathie der kunstkritischen Welt
und der Künstler erworben.
Sein künstlerisches Schaffen verrät in der Be-
schwingtheit und Leichtigkeit der Anlage unver-
kennbar den Rheinländer. In seinen graphischen
Blättern und Aquarellen, die man bisher in Aus-
stellungen bei Möller und von der Heyde sah,
dokumentiert sich eine Kunst, die in Überwindung
des Impressionismus nach formaler Verfestigung
strebt, ohne jedoch zu versachlichen. Eine innere
künstlerische Erregung schwingt in allen Blättern.
Die Synthese von äußerer und innerer Schau, von
sinnlich Gesehenem und übersinnlich Erlebtem
schwebt Weidemann wie vielen anderen Künstlern
seiner Generation als Ziel vor Augen. In dem


Sans Weidemann
Schaffen dieser Maler bewegen sich die in den
zwanziger Jahren noch weit voneinander ge-
trennten Pole Expression und Sachlichkeit zu-
sehends auseinander zu.
In dem Gespräch, das wir kürzlich mit Hans
Weidemann hatten, bedauerte er, in dieser künst-
lerisch so außerordentlich anregenden Zeit infolge
dienstlicher Inanspruchnahme nur selber so wenig
zum künstlerischen Schaffen kommen zu können.
Die privaten Wünsche und Neigungen haben aber
im Augenblick hinter der organisatorischen Arbeit
zurückzustehen. Es gilt, die ganze Künstlerschaft,
in der es infolge der Altersunterschiede noch sehr
auseinanderstrebende Meinungen und Tendenzen
gibt, zu einer lebendigen Gemeinschaft zusammen-
zuschweißen und diese Gemeinschaft mit dem Geist
unserer revolutionären Zeit und unserer jungen
Generation zu erfüllen. Denn nicht dazu wurde
— so betonte Weidemann —- die Reichskultur-
kammer geschaffen, um Künstler bürokratisch-
mechanisch zusammenzufassen und dadurch einen
organisatorischen Leichnam zu schaffen. Vielmehr
beherzigen wir die Worte, die Dr. Goebbels anläß-
lich der Eröffnung der Reichskulturkammer ge-
prägt hat, Worte, die in allen aufgeschlossenen
künstlerischen Herzen eine Helle Begeisterung ent-
facht haben:
„Nichts wäre irrtümlicher, als wenn die Grün-
dung der Reichskulturkammer, die der Entwicklung
und nicht dem Stillstand dienen soll, so verstanden
würde, als wäre damit dem Banausentum die
Bahn freigemacht und der Jugend der Weg nach
oben versperrt. . . Die deutsche Kunst braucht
frisches Blut! Wir leben in einer jungen Zeit,
ihre Träger sind jung, die Ideen, die sie erfüllen,
sind jung. Auch der Künstler, der dieser Zeit
Ausdruck geben will, muß jung empfinden und
neu gestalten." bl. 8.

Das deutsche Tonfilmstudio
Von
Dr. Leonhard Fürst

Dr. Fürst setzt mit Lieser richtungweisenden Untersuchung
seinen Kampf für die Hebung des kulturellen und künst-
lerischen Niveaus innerhalb der deutschen Filmproduktion
fort. Seine wichtigsten Arbeiten in dieser Richtung sind:
„Der musikalische Ausdruck der Körperbewegung in der
Opernmusik" 1932.
„Filmgestaltung aus der Musik" — Melos 12, 1.
„Musikkritik und Tonfilm" — Melos 12,3.
„Prinzipien musikalischer Gestaltung im Tonfilm", Referat,
auf dem Internationalen Musikkongrest in Florenz,
Mai 1933.
„Psychologische Funktionen der Musik im Tonfilm", Revue
Musicale, Paris.
Referate, gehalten auf dem III. Kongreß für Farbe-Ton-
Forschung in Hamburg Oktober 1933:
„Die abstrakten Filme von Oskar Fischinger";
„Das Formproblem im Film";
„Versuch eines Systems der Filmwissenschaft".
„Das Formproblem im Film als Grundlage der Filmwissen-
schaft" (Lichtbildbllhne).
„Über die Grundlinien der Filmwissenschaft" (Die Musik).
Die Schriftltg.
Wenn man heute, in einer Zeit seelischer Ver-
einsamung nnd schwersten Ringens um Kunst-
und Kulturwerte, die deutschen Filmindustriellen
an ihre „Kulturmission" erinnert und wissen
möchte, wo nun eigentlich die vielgefragte Film-
kunst stecke, so wird regelmäßig die Diskussion
abgebrochen durch die Feststellung, daß die Pro-
duktion in diesem Jahr, dem Geburtsjahr des
neuen Reiches, durch besonders viele (!) und neu-
artige (!!) Experimente (!!!) ziemlicy nahe an den
Rand eines Abgrundes, der gleichbedeutend sei mit
wirtschaftlichem Ruin, gekommen sei.
Daran ist richtig, daß die deutsche Filmproduk-
tion sich mit ebenso bewunderungswürdiger kauf-
männischer Wendigkeit, wie komisch bärenhafter
Ungeschicklichkeit bemühte, den Absichten des natio-
nalsozialistischen Staates zu entsprechen. Sicher-
lich mußte sie diesen Weg einschlagen; schon allein
aus dem Zwang heraus, sich zu behaupten. Das
ist ihr gutes Recht, und ist auch ihre Pflicht der
gesamten deutschen Wirtschaft gegenüber. Wie
weit sie allerdings mit ihren Erzeugnissen künst-
lerische und kulturelle Interessen, die denen des
neuen Staates kongruent sind, verfolgte, das ist
schon eine mehr zweifelhafte Angelegenheit, die
hier nicht näher untersucht werden kann, schon aus
dem Grund, weil sie zum größeren Teil in den
Aufgabenbereich des Instituts für Konjunktur-
forschung gehört. Und was den kleineren Teil
ausmacht, so ist aus verschiedenen Zeichen un-
schwer herauszulesen, daß eine bestimmte Anzahl
der neueren Fabrikate die Billigung der dem
Staate verantwortlichen Stellen nicht nur nicht
gefunden, sondern sogar mehr oder weniger heftig
deren Unwillen erregt hat. Sehr erfrischend und
klar ist dabei die Haltung des jungen, revolutio-
nären, Propagandaministeriums, sehr unerfreulich

das um dessen Gunst buhlende dilettantische Ge-
habe des deutschen Filmgewerbes.
Soviel soll zugegeben werden. Wenn aber die
deutschen Filmfabrikanten behaupten, daß sie
„experimentiert" hätten, so fordert diese
Äußerung unseren Widerspruch heraus; aus-

O. Bangemann, Menzel nm I8IÜ, nach Krügers
Aquarell. Farbenholzschnitt


schließlich aus dem Bestreben, zur Lösung einer
der wichtigsten, die Existenz des Films überhaupt
betreffenden Fragen, eine saubere und klare
Situation zu schaffen.
Der Begriff des Experiments ist der Be-
griffswelt der exakten Wissenschaften, wie Chemie
und Physik sie darstellen, entnommen worden. Der
Chemiker zum Beispiel führt seine Untersuchungen
zuerst eiumal mit einem einzigen Tropfen und mit
einem winzigen Kristall im Uhrglas ans, vielleicht
noch mit etwas größeren Mengen im Reagenzglas.
Er tut das erstens einmal, um Material zu
sparen, dann aber auch aus Gründen der
Vorsicht, um nämlich bei explosiven Stoffen
eine Detonation auf ein nur leises Knacken zu be-
schränken und die Möglichkeit einer Katastrophe,
deren Opfer das ganze Laboratorium wäre, zu
vermeiden. Wenn dann in genügend Versuchen
 
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