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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0039

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Die Sammlung Königswarter in Wien.

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erreichen ist. Von Ferd. Waldmüller begegnete uns ein
interessant durchgeführtes Porträt des Hofschau-
spielers Lucas, und Fr. Gauermann war mit zweien
seiner gelungensten Alpenbilder „Herannahendes Ge-
witter" und „Der Dorfbrunnen" vertreten. Trefflich
ihre Meister charakterisirende Bilder aus der älteren
Wiener Schule sind ferner die Werke von C. Marco,
C. Schindler, M. Ranftl und A. Einsle. Pettenkofens
„Russisches Bivouak" und „Klostergarten bei Salz-
burg" datiren aus der besten Zeit des Künstlers und
zeigen dessen volle Kraft und den zartesten Farben-
schmelz. Auch Calame's grosses Gemälde „Partie am
Vierwaldstädter See" zählt zu den Hauptstücken der
Sammlung. Die gewaltige Gebirgsscenerie, die sich
von Brunnen aus gegen Flüelen und den Gotthard
aufbaut, wird uns hier mit grösster Meisterschaft
vor Augen geführt. Es ist ein Duft und Farben-
glanz, namentlich in den tief gehaltenen Schatten-
partien, der das Auge stets mit neuem Entzücken
erfüllt. Hildebrandt, der virtuose Maler südlicher
Zonen, erscheint mit einer effektvollen Ansicht Jeru-
salems, dann aber auch mit einem nördlichen Motiv
„An der Küste der Normandie". Die landschaft-
schaftlichen Prachtstücke der Sammlung bilden
übrigens eine Reihe ausgewählter Gemälde der beiden
Achenbach. Oswalds „Villa Torlonia in Rom" in der
Abendsonne ist in seinem berauschenden Farbenzauber
von bestrickender Wirkung. Das Entschwinden der
Umrisse in den transparenten Lichtpartien ist mit
unvergleichlicher Meisterschaft wiedergegeben und
in den Schatten steigt die Farbenskala in Tiefen, die
eben nur das lichtgesättigte Auge in der südlichen
Natur empfindet. Das Gemälde gehört übrigens auch
in Betreff seiner Komposition zu den poesievollsten
des Meisters. Ein weiteres landschaftliches Glanz-
stück von Oswald Achenbach ist dann ein gross-
artiges Vesuvmotiv mit der Bucht von Neapel; ein
kleineres Nachtbild gleichfalls aus Neapel versetzt
uns mit seinen zarten, silbergrauen Tönen in die
weihevolle Stimmung einer südlichen Mondnacht.
Von Andreas Achenbach waren nicht weniger als fünf
grössere Gemälde ausgestellt: meisterhafte Marine-
malereien aus neuerer Zeit und ein hochinteressantes
Bild aus der Jugend des Künstlers vom Jahre 1S43,
ein „Waldinneres aus Norwegen". Ein Giessbach
schäumt in grossartiger Waldscenerie über steinige
Triften dem Grunde zu. Das in Farbe und Zeich-
nung noch strenge gehaltene Gemälde zeigte den
Künstler von einer weniger bekannten Seite und der
Vergleich dieses Werkes mit den daneben hängenden
späteren war von grossem Interesse.

Unter den Genrebildern leuchtete Meister Yautier
mit einer seiner poesievollsten Schöpfungen voran.
„Das neue Gemeindemitglied" wird an einem heiteren
Sonntagsmorgen zur Taufe in die Kirche getragen.
Ein so schlichter, anspruchsloser Vorwurf, und doch
wie fesselnd durch die meisterhafte Individualisirung
der einzelnen Gestalten, den Reiz des Vortrags und
die beseligende Stimmung, die über das ganze Bild
gebreitet ist! Wie Vautier Seele und Empfindung
in den Köpfen zu zeichnen versteht, bezeugte übrigens
auch der kleine Studienkopf einer Bäuerin. Von
G. Spitzweg waren zwei seiner köstlichsten Bilder „Der
Botaniker" und „Der Bücherwurm" ausgestellt. Beider-
seits lachte uns stille Behaglichkeit im engsten Räume,
das friedliche Glück harmloser Gemüter humorvoll
entgegen. Voll Komik ist besonders „der Bücher-
wurm", hoch auf der Stufenleiter in der Bibliothek
in alten Scharteken herumkramend. Von Defreggcr
besitzt die Sammlung neben guten Studienköpfen
das durch Vervielfältigung bekannte Bild „Sepps
erster Brief und die reizvoll durchgeführte Familien-
scene „Kriegsgeschichten"; von Math. Schmid sind
die allerwärts bekannten vorzüglichen Gemälde
„In der Bildergalerie" und „Die Karrenzieher" zu
notiren. Ed. Grütxner war mit der „Klosterbrauerei",
den „Zechbrüdern" und der in den Episoden so köst-
lichen „Bauernkomödie" vertreten. Von Eugen Blaas
hat sich das von den jüngsten Ausstellungen her
bekannte, fein pointirte Gemälde „Das Marionetten-
theater im Kloster" der Sammlung angeschlossen und
von Jul. Blaas das in der letzten Jahresausstellung
ausgestellte Reiterbildnis Sr. Majestät des Kaisers
Franz Josef. Zu den vorzüglichsten Stücken im Genre
gehören ferner M. Schönns „Juden in der Synagoge
von Krakau". Es sind durchweg Originaltypen der
Serwanitza, des Judenviertels von Krakau, Vornehme
und Niedere, die hier an der Pforte des Heiligtums
im matten Lampenschein ihre Psalmen singen und
ihre Gebete verrichten. Tüchtig gemalte Studien-
köpfe und Porträts sind ferner zu verzeichnen
von E. Kurxbauer, Gab. Max, L. Knaus. II. r. Angeli
und Fr. v. Lenbach, von letzterem das charaktervolle
Bildnis Fr. Defreggers. Zum Schlüsse wollen wir
nur noch erwähnen, dass die Namen Willems, Dia»,
A. Rotta, Ten-Kate, Qvdin, Madou und Meissonier in
der Sammlung ebenso würdig vertreten sind, wie
unsere heimischen Aquarellisten Passmi, Seelos, R
Alt und Barmut. - Auch unter den Werken der
alten Schulen, besonders den Niederländern des
17. .Jahrhunderts, finden sich einige Prachtstücke.

./. L.
 
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