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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Bücherschau/ Verschiedenes / Inserate
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295

Bücherschau.

296

Das Werk über die Bau- und Kunstdenkmäler
der Provinz Sachsen ist bereits zum dreizehnten Hefte
vorgeschritten. Die Angaben, dass die Monumente
Erfurts hier bebandelt wurden und Freiherr von
Tctiau sie bearbeitet hat, genügen, um der Schrift
eine gute Meinung entgegenzubringen. Erfurt spielt
unter den deutseben Städten am Ausgange des
Mittelatters eine wichtige Rolle, Herr von Tettau
hat sich aber namentlich durch seine „Beiträge zur
Kunstgeschichte von Erfurt" als ein trefflicher Kenner
und Forscher erwiesen. Er hat die Künstlerfamilie
Friedemann geradezu neu entdeckt, über Brosamers
Wirksamkeit mannigfache neue Aufschlüsse gegeben.
Ab und zu möchten wir dem Verfasser ein größeres
Vertrauen zu seinem eigenen Urteil, einen geringeren
Autoritätsglauben wünschen. Eine nützliche Ein-
richtung sind die knappen historischen Übersichten,
welche Tettau, wie auch Haupt, der Beschreibung
der Denkmäler anfügen. Man gewinnt einen guten
Überblick über die Kunstentwickelung der Provinz
oder Stadt und wird auf die fruchtbarsten Perioden
aufmerksam gemacht.

Zwei kunsttopographische Schriften sind noch
zum Schlüsse anzuführen, welche nach dem Rufe
ihrer Verfasser eigentlich verdient hätten , an die
Spitze der Reihe gestellt zu werden. Der rastlos
thätige Franz Xaver Kraus hat (in Verbindung mit
Durm und Wagner) die Kunstdenkmäler des Kreises
Villingen (Großherzogtum Baden) im Verlage von
J. C. B. Mohr in Freiburg i. B., herausgegeben,
Steche in Dresden von der „Beschreibenden Dar-
stellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des
Königreichs Sachsen" das dreizehnte und vierzehnte
Heft erscheinen lassen. Kraus gebietet als Kunst-
topograph über eine so reiche Erfahrung und ist so
trefflich geschult, dass seine Bücher geradezu als
Muster topographischer Schilderungen begrüßt wer-
den dürfen. Er trifft stets das rechte Maß, sagt
nicht zu viel und nicht zu wenig, ist in den Quellen-
angaben gewissenhaft, in der Kritik vorsichtig. Da-
bei hat durch die Einrichtung des von C. Wallau
besorgten Druckes das Werk eine große Übersicht-
lichkeit gewonnen, dass man sich rasch zurecht
findet. Besonderes Interesse erregt in diesem Bande
die ausführliche Beschreibung der im Schlosse zu
Donau eschin gen bewahrten Kunstschätze.

Die Redaktion der Beschreibung der Kunstdenk-
mäler im Königreich Sachsen (Dresden, Meinhold &
Söhne) hat der Sächsische Altertumsverein Steche an-
vertraut, welcher vom ersten bis zum jüngsten Hefte
seiner Aufgabe mit dem gleichen Fleiße und derselben

genauen Sorgfalt sich widmet. Man merkt ihm niemals
an, ob der Gegenstand seinen künstlerischen Neigungen
näher oder entfernter steht. Er vertieft sich in die
verschiedensten Zeitalter und umfasst mit Liebe so-
wohl die mittelalterlichen als auch die Renaissance-
monumente. Dieses Gleichmaß der Behandlung ver-
dient um so reichere Anerkennung, als die einzelnen
sächsischen Kreise in Bezug auf fruchtbare Kunst-
pflege nicht wenig von einander abweichen.

Das vorhegende Heft wird übrigens weit über
die Provinzialkreise hinaus Aufmerksamkeit wecken.
Behandelt es doch unter anderen ein großartiges
Denkmal deutscher romanischer Kunst: die Kirche
zu Wechselburg. Die Baugeschichte derselben wird
in ein helles Licht gestellt, die Lettnerskulpturen
eingehend analysirt, die ursprüngliche Anordnung
und Aufstellung klar nachgewiesen. (Hoffentlich
wird jetzt endlich die Fabel von der in Thon aus-
geführten Kreuzigungsgruppe aus unseren Hand-
büchern schwinden.) Hier und dort läge ein Anlass
zu weiteren wissenschaftlichen Erörterungen vor.
Doch diese Zeilen sind durchaus nicht zu kritischen
Kraftproben bestimmt, sondern sollen ganz einfach
dem Leser eine Auswahl von Büchern vorführen,
welche verdienen studirt und gelesen zu werden.
Auch gelesen! Da stößt man freilich auf einen an-
deren wunden Punkt unserer Kunstbildung. Nach-
geschlagen, benützt werden viele Bücher, aber na-
mentlich gute Bücher doch zu wenig gelesen. Das
Klagelied soll nicht weiter angestimmt werden. Der
Ausdruck der Verwunderung ist aber doch wohl ge-
stattet, dass z. B. ein so prächtiges Büchlein wie:
Limitation et la contrefacon des objets d'art antiques
von Courajod bei uns gar nicht bekannt ist, trotz-
dem es kein Kunstfreund und Kunstsammler entbehren
kann und es auf wichtige Strömungen der Re-
naissance ein helles Licht wirft. Einmal vom Gegen-
stande abgewichen, möchte ich noch einen anderen
Wunsch aussprechen. Bibliographische Jahresüber-
sichten bringen uns Janitscheks Repertorium und
die Gazette des beaux arts in regelmäßigen Folgen.
Was uns fehlt, ist die periodische Zusammenstellung
der für die Kunstgeschichte gesicherten Thatsachen,
der Nachweis, welche unbestreitbaren Entdeckungen
in Bezug auf Ursprung und Zeitbestimmung ein-
zelner Werke gemacht wurden. Vielleicht lässt sich
dieser Wunsch in der Zukunft erfüllen. Vorläufig
möchte ich auf zwei glückliche Entdeckungen auf-
merksam machen. Der Marktbrunnen zu Mainz vom
Jahre 1526 zählt zu den bekannteren Zierbauten
deutscher Frührenaissance. Über den Schöpfer des


 
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