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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

DOI Artikel:
Springer, Anton: Die Aufgaben der graphischen Künste, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0158

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERATJSGEBEE:
UND

CARL von LUTZOW

WIEN

Heugasse 58.

ARTHUR PABST

KÖLN

Kaiser-Wilhelmsring 24.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. IL Jahrgang.

1890/91.

Nr. 18. 5. März.

Die Kunstchronik erscheint als BeiWatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Ver-
lagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

DIE AUFGABEN DER GRAPHISCHEN
KÜNSTE.»)

Von Anton Springer.

Oft genug wird in unseren Tagen den graphi-
schen Künsten ein Grablied gesungen. Nach einer
weitverbreiteten Meinung sind sie den siegreichen
Angriffen des photomechanischen Druckverfahrens
unterlegen. Es gilt nur noch, den Sieg vollständig
auszubeuten und die Alleinherrschaft sich dauernd
zu sichern. Das ist das gemeinsame Ziel des photo-
mechanischen Druckverfahrens, mag es auch sonst
in noch so viele verschiedene technische Weisen zer-
fallen. Gerade diese Mannigfaltigkeit giebt zu denken:
denn sie weist auf das Streben hin, jeden Zweig der
graphischen Künste durch ein besonderes Verfahren
zu ersetzen. Während der Flachdruck als Photo-
lithographie, Photozinkographie und Lichtdruck die
ohnehin hart bedrängte Lithographie zu verdrängen
sich anschickt, soll durch den Hochdruck: Photo-
typie, Zinkotypie, Autotypie der alte Holzschnitt,
durch die verschiedenen Arten des Tiefdruckes, wie
Helio- oder Photogravüre der Kupferstich besei-
tigt werden. Und alle diese technischen Weisen
stehen noch lange nicht am Ende ihrer Entwicke-
lung. Sind doch erst 50 Jahre seit der Erfindung
der Photographie vergangen. Welcher Fortschritt,
welcher Aufschwung lässt sich da nicht von den
nächsten Menschenaltern erwarten! Begreiflich er-

1) Mit freundlicher Genehmigung des Verfassers abge-
druckt aus der soeben erschienenen Festschrift über die kgL
Kunstakademie und Kunstgewerbeschule in Leipzig, heraus-
gegeben von dem Direktor dieser Anstalten, Hofrat Prof. Dr.
L. Nieper. Leipzig 1890. Fol. Eine Besprechung der
schrift selbst wird sich anschlieBen.

scheint daher der Triumphruf der Vertreter des neuen
Druckverfahrens, begreiflich auch der Kleinmut und
die Verzagtheit, welche sich vieler Vertreter und
Freunde der alten graphischen Künste bemächtigt hat.

Ist es denn aber das erste Mal, dass eine solche
Umwälzung im Kreise der vervielfältigenden Künste
sich vollzieht? Vor vierhundert und fünfzig Jahren
trat ein ähnliches Ereignis ein, wurden ähnliche
Jubelrufe und Befürchtungen laut. „An einem Tage
wird jetzt mehr gedruckt als bisher in einem Jahre
geschrieben werden konnte", so hieß es zum Ruhme
der neuen Erfindung. Dagegen beklagten manche
Schreiber, welche ihre Thätigkeit von nun an ein-
stellen mussten, die Einbuße an künstlerischem Werte
der neuen, mechanisch hergestellten Bücher. In der
That verhielten sich auch viele Bücherfreunde, be-
sonders in Italien, längere Zeit gegen den Buchdruck
spröde und räumten den Schöpfungen der Kalli-
graphie und Miniaturmalerei in ihren Sammlungen
den Vorzug ein.

Und wie ging schließlich der Kampf aus ? Die
Kunst der Kalligraphen und Miniatoren wurde zwar
eingeschränkt, aber nicht vernichtet. Vom Schau-
platz verschwunden sind wesentlich nur die schlech-
ten Schreiber, welche ihr Geschäft gewerbsmäßig
trieben; dagegen haben manche Künstler im Schreib-
fache auch späterhin noch das Feld behauptet. Im
ganzen hat sich bloß die Kunstthätigkeit verschoben.
An die Stelle der Schreibekunst ist die Buchdrucker-
kunst getreten. Allerdings wird häufig genug nur von
einem Druckergewerbe gesprochen; der Name gilt
aber doch nur von der Art und Weise, wie der
Buchdruck betrieben wird. In Wahrheit besitzen
die Buchdrucker das volle Recht*, sich Jünger der
 
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