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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Seidlitz, W. von: Die Spitznersche Sammlung Altmeißener Porzellane, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0185

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Die Spitznersche Sammlung Altmeißener Porzellane.

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keinem geglückt war. Aber erst nach zwei Jahren
(1709) erreichte er dieses Ziel. Und selbst dann
verging noch ein Jahrzehnt, bis die weiße Ware den
Markt für sich erobern konnte.

Das für die Böttgersche Zeit bezeichnende Er-
zeugnis ist die braune sogenannte Böttgerware, ein
dem chinesischen aufs genaueste nachgeahmtes Stein-
zeug, dessen verschiedene Arten in der Spitznerschen
Sammlung reich vertreten sind. Da sieht man die
Geräte aus roter Masse mit den scharf gepressten
aufgesetzten Verzierungen sowohl streng chinesischen
als auch europäischen Charakters, mit Stempeln,
die die chinesischen nachahmen, aber auch mit sol-
chen, die die später als Fabrikmarke angenommenen
Kurschwerter in einem Quadrat zeigen (die durch-
aus ähnlichen Stücke mit den eingestempelten Namen
eines Ary de Milde, M. de Milde, Lamb. van Een-
hoorn, Jacobus de Caluwe werden wohl als hollän-
dische Erzeugnisse anzusehen sein), anfangs un-
glasirt, teilweise mit Emailfarben bemalt, dann mit
einer braunen oder schwarzen Glasur überzogen und
mit Ölfarben oder Silber und Gold (dann auf roter
Unterlage) bemalt. Als Vorläufer dieser Gattung
haben auch einige der sogenannten Tschirnhausen-
schen Glasflüsse ihren Platz gefunden. — Eine be-
sondere Vervollkommnung erhielt die braune Ware,
die vielfach durch einen besonderen Prozess eine
mattgraue Färbung erhielt (dann Eisenporzellan ge-
nannt) durch teilweises oder vollständiges Schleifen.
Dadurch wurde thatsächlich etwas ganz Eigenartiges
und in seiner Art Vollkommenes geschaffen, das der
glänzenden Hofhaltung Augusts des Starken durch-
aus würdig war, wie dies aus einem mit dem ein-
geschnittenen Namenszug des Königs und der Ser-
vicenummer E. Nr. 24 bezeichneten Teller hervor-
geht. — Wie weit einzelne dieser Stücke etwa der
brandenburgischen Fabrik zu Plaue angehören, lässt
sich zur Zeit noch nicht feststellen; ähnliche Geräte
aus anders gefärbter, gelber oder gesprenkelter
Masse werden aber mit Sicherheit nach anderen Orten
zu verlegen sein. Die Spitznersche Sammlung bietet
reiches Material für dahingehende weitere Unter-
suchungen.

Besonders interessant sind einige der frühesten
plastischen Arbeiten der Manufaktur, vorwiegend
charakteristisch aufgefasste Gestalten von Zwergen
und Hofnarren, schon in weißem Porzellan, einige
davon mit leicht eingebrannten Farben. Zwei Frauen-
gestalten in Weiß und eine Statuette August des
Starken in Braun bringen die Nachricht in Erinnerung,
dass Böttger noch kurz vor seinem Tode ein Schach-

spiel zu modelliren angefangen und davon eine
Königin sowie zwei Könige, den einen in deutscher,
den andern in römischer Kleidung, fertig gebracht
habe. Höchstes Können verrät eine mittelgroße,
braune, viereckige Vase mit mythologischen Reliefs.
Ein paar über der Glasur mit Ölfarben bemalte
Figuren aus brauner Masse dürften nach der Über-
einstimmung mit der ebenso behandelten, aber aus
gewöhnlichem Thon gefertigten Statuette des Hof-
narren Joseph Frölich von 1725, die einem Bildwerk
im Park zu Hohburg bei Würzen nachgebildet zu
sein scheint, erst einer späteren Zeit angehören,
falls sie überhaupt als Meißener Erzeugnisse anzu-
sehen sind.

In der kraftvollen und doch feinen Behandlung
der plastisch aufgesetzten naturalistischen Blumen
beruht auch der Hauptreiz der wenigen weißen
Porzellane, die in der Böttger-Periode gefertigt
wurden. Noch besaß die Masse nicht jene blendende
Weiße, die Glasur nicht jene Flüssigkeit und Durch-
sichtigkeit, die den Erzeugnissen der folgenden Zeit
ihren hohen Wert verleihen. Vor allem war das
Mittel, die Farben durch den Brand zu befestigen,
noch nicht völlig gefunden. In Bezug auf die blaue
Malerei unter der Glasur, also im scharfen Brande,
kann es sich zu Böttgers Lebzeiten überhaupt nur
um ganz vereinzelte Proben gehandelt haben; denn
erst bald nach seinem Tode wurden darin völlig be-
friedigende Ergebnisse erzielt. Versuche, Farben über
der Glasur im leichten Feuer anzubringen, sind schon
früher und vielfach mit Erfolg angestellt worden,
zuerst wohl mit dem schon auf braunen Gefäßen an-
gewandten Gold und Silber, dann mit Schwarz (in
sogenannter Schaper-Art) und ebenso in Eisenrot.
Doch lässt sich zur Zeit noch bei manchen dieser
durch keinerlei Marke ausgezeichneten Erzeugnisse,
namentlich bei den mit Gold verzierten, nicht fest-
stellen, ob sie der Meißener oder einer andern, etwa
der Venezianer Fabrik angehören, die im Jahre 1720
durch einen ehemaligen Angestellten der Meißener
Manufaktur, Namens Hunger, eingerichtet worden
war und die gleiche Schnorrische Erde verwendete
wie Meißen.

Für die Bestimmung der bunten Malereien auf.
weißen Stücken ohne Marke, vorwiegend Tassen,
bleibt auch noch vieles zu thun. Die mit leicht ab-
bröckelnden Farben, wahrscheinlich mit den nach
Inspektor Steinbrücks Zeugnis bis 1717 verwendeten
Mastix-Email-Farben bemalten Stücke sind zum Teil
sicher Erzeugnisse der Manufaktur; bei einem Teil
von ihnen werden aber auch Venedig und Wien als
 
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