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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Seidlitz, W. von: Die Spitznersche Sammlung Altmeißener Porzellane, [3]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0210

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409

Todesfälle. — Personalnachrichten. — Sammlungen und Ausstellungen.

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mit der Ansicht des Prinz-Max-Palais vorkommt:
das tiefe prächtige Königsblau, besonders gern auf
Tassen verwendet, die mit den Bildnissen berühmter
Liebespaare, wie Abälard und Heloise, Wertber und
Lotte, geschmückt sind; weiterhin die (unglasirten)
Biskuitreliefs auf blau violettem Grunde nach dem
Vorbild des Engländers Wedgwood, hier z. B. Tassen
mit den Bildnissen Marcolinis und seiner Gemahlin.
Der Richtung der Zeit entsprechend werden auch
die Gebrauchsgegenstände immer mehr in den Dienst
persönlicher Empfindungen gestellt: die Schönheit
allein genügt nicht mehr, man lässt sein Bild auf
die Tasse malen und stiftet sie als „Souvenir";
gegen den Anfang unseres Jahrhunderts kommen
auch die schwarzen Schattenrisse auf, die in solcher
Verwendung von einer völligen Erstarrung des
künstlerischen Empfindens zeugen. Von solchen
Geschmacksverirrungen, denen sich weiter die feinste
Nachahmung edler Steinarten, wie Amethyst und
Marmor, ferner die Verwendung silberner Zieraten
auf weißem Grunde anreihen, ist dann nur noch
ein Schritt bis zu jener Tasse, die eine vollständige
Karte Sachsens und den Plan der Schlacht von Leip-
zig zeigt. Die Tassen der nachfolgenden Periode
mit den Bildnissen Luthers (von 1817), Beethovens,
Goethes gehören in dieses selbe Gebiet.

Es ging seit dem Anfang dieses Jahrhunderts
gewaltig bergab mit der Manufaktur; in den Jahren
1807 bis 1813 mussten allein 405000 Thaler zuge-
schossen werden; eine schwere und entsagungsvolle
Arbeit hatte in der Folgezeit der redliche Oppel zu
verrichten, der nicht müde wurde, wohlthätige Re-
formen einzuführen. Dann trat von 1834 an wieder
die Besserung ein. Hier schließt die Spitznersche
Sammlung ab. Mit Böhmert, dem Verfasser der
vorzüglichen Arbeit über die Verwaltung der Ma-
nufaktur, ist es mit Dankbarkeit zu begrüßen, dass
„der Hof und die Regierung und später die Stände
trotz aller in den ersten 120 Betriebsjahren erfor-
derlichen Zuschüsse doch mit großer Zähigkeit die
Meißner Porzellanmanufaktur zu erhalten und zu
fördern gesucht haben, weil sie von jeher als ein
Schoßkind kunstsinniger Fürsten und als ein Kleinod
in dem reichen Kranze der industriellen Unter-
nehmungen des betriebsamen Landes betrachtet wurde."

TODESFÄLLE.

0 Der franxäsiscJie Bildhauer Henri Chapu ist am
20. April zu Pariß im 58. Lebensjahre gestorben. Er war
eb Schüler von Pradier und Duret und hat vornehm-
lich mythologische und allegorische Figuren geschaffen, in
denen er bisweilen abstrakte Begriffe sehr glücklich ver-

sinnlicht hat. Seine Hauptwerke sind die Verwandlung
Klytia's in eine Sonnenblume, eine Statue der Cantate an
der Fassade der Neuen Oper, ein Merkur, der den Flügel-
stab erfindet, und eine knieende Figur der Jungfrau von
Orleans (beide im Luxembourgmuseum), die Personifikation
der Jugend für das Denkmal des Malers Henri Regnault
in der Ecole des Beaux-Arts, die Allegorie des Gedankens
für das Grabmal der Schrifsstellerin Gräfin d'Agoult (Daniel
Stern) auf dem Pere Lachaise und die Statue des Advokaten
Berryer im Pariser Justizpalast.

0 Der englische Genremaler Keeley Halswelle ist am
11. April zu Paris im 59. Lebensjahre gestorben. Anfangs
malte er Genrebilder aus dem Leben der englischen Fischer.
Seit 1868, wo er nach Italien ging, wandte er sich aber der
Darstellung des römischen Volkslebens zu, aus dem er die
Motive zu der Mehrzahl seiner Bilder geschöpft hat.

PERSONALNACHRICHTEN.

**„ Der Architekt Wilhelm Rettig, der in weiteren
Kreisen durch seinen im Verein mit Pfann ausgeführten und
mit dem ersten Preise gekrönten Entwürfe für das Kaiser
Wilhelm-Denkmal in Berlin bekannt geworden ist, wird,
wie die „Vossische Zeitung" hört, infolge des in voriger
Nummer der Kunstchronik dargestellten Konflikts mit den
städischen Behörden in Dresden, jetzt wieder nach Berlin
übersiedeln.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

**„ Für die internationale Kunstausstellung in Berlin,
deren Eröffnung auf den 1. Mai angesetzt ist, haben die
Räume des Ausstellungsgebäudes am Lehrter Bahnhof eine
neue künstlerische Ausstattung erhalten. An den von
"• Friedrich neu gemalten Kuppelraum schließen sich links
und rechts weite, langgestreckte Säle für die Plastik an.
Am Ende der Ausstellungsräume ist eine von Nicolaus
Geiger geschaffene Gruppe: „Die Kunst im Schutze des
Friedens", aufgestellt worden. Die frühere nackte Eisenkon-
struktion ist hinter fein abgetönten Wänden verschwunden.
Wohlthuend abgedämpftes Licht verbreitet sich überall.
Fast überreich ist die Ausstellung von allen Staaten und
Landein bedacht worden. Die Delegirten und die Hänge-
kommission haben schweren Stand, all die eingegangenen
Schätze entsprechend zu verteilen. Das von früheren Aus-
stellungen als Maschinenhalle bekannte Gebäude auf der
anderen Seite der Stadtbahn wird durch einen Gang mit
dem Hauptgebäude verbunden: es werden Bilder und pla-
stische Werke sämtlicher ausstellenden Nationen dort unter-
gebracht werden. Durch Scheerwände ist ein großer Raum
geschaffen. Ungefähr ein Drittel der Maschinenhalle wird
von der Architektur eingenommen. Diese Abteilung wird
dem Beschauer nicht in übergroßer Anzahl Grundrisse vor-
führen. Es wurde vielmehr Gewicht darauf gelegt, die
Aussteller zu veranlassen, Perspektiven und Entwürfe zu
Innendekorationen, Skizzen zu Fassaden etc. einzuliefern,
und diesem Wunsche ist auch entsprochen worden. Von
Friedrich von Schmidt in Wien wird eine reiche Sammlung
seiner Arbeiten, im ganzen ca. 16 Nummern, besonders
ausgestellt werden. Sein Entwurf zur Herz-Jesu-Kirche in
Köln a. Rh. wird diese interessanten Arbeiten vervoll-
ständigen. Die Abteilung für Prachtwerke des Buchhandels
verspricht sehr reichhaltig zu werden, ebenso die für Di-
plome und Fächer. Russland und Österreich werden jnicht
an der Eröffnung teilnehmen, da sie durch ihre eigenen
Landesausstellungen festgehalten sind, und können daher
 
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