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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

DOI Artikel:
Die Stuttgarter internationale Kunstausstellung, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0230

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HEKAUSGEBEK:
UND

CARL VON LUTZOW

WIEN
Heugasse 58.

ARTHUR PABST

KÖLN
Kaiser-Wilhelmsring 24.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. IL Jahrgang.

1890/91.

Nr. 27. 28. Mai.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatfc" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit- ■
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Ver-
lagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Togler, Rufl. Mosse u. s. w. an.

DIE STUTTGARTER INTERNATIONALE
KUNSTAUSSTELLUNG.

(Soliluss.)

Die französischen Bilder haben großen Teils hier
nur Station gemacht, um schon zu Anfang April nach
Moskau zu gehen.

Van Aken, Baertsoen, Bource, Clays, Courtens, van
Ilove, Joors, van Leemputten, Le Maycur, Nys, Seham-
pheleer, Verlias und Jul. de Vriendt vertreten Belgien.
Courtens',, Goldner Regen", der Herbstblätterfall in der
langen Allee, ist eins der bewundertsten Bilder der Aus-
stellung; ausgezeichnet sind seine „Barken bei Ebbe".
Van Hove's schon bekanntes Triptychon „Schwarz-
kunst, Zauberei und Scholastik" lässt uns über die
trefflichen, herben, mittelalterlichen Männergestalten
ganz vergessen, wie raffinirt der junge leuchtende
Leib der auf Zaubermale Untersuchten hingebreitet
und der Effekt durch die Gegensätze von Kälte und
Abgestorbenheit und Glut und Qual und Leben ge-
steigert ist. Carl Nys bringt es „im Atelier" fertig,
dass wir Rot und Rot darin vergessen, um die
Lebenswahrheit der drei Gestalten zu bewundern.
Clays folgt in seinen schönen Marinen noch dem
älteren bunteren Stile. Auch Jul, de Vriendi gehört
noch der älteren Schule an, mit seinen Vorwürfen
„Die heil. Cäcilie" und „Die letzten Tage der heil.
Jungfrau in Jerusalem". Dort singen und harfen
Engel zu der Totenwache der enthaupteten Heiligen.
Hier sitzt Maria auf dem Dache eines Hauses, von
dem man auf die Dächer Jerusalems blickt, und lässt
sicli vorlesen. Dies Bild gemahnt etwa an neuere,
jene Zeiten behandelnde gute Romane; die Lokal-
stimmung soll mit der Seelenstimmung uns wie in

das wirkliche Leben, das hier geschildert wird, ver-
setzen. Maria erscheint übrigens wie vereinsamt
mit dem Jünger in dem großen Bilde mit den vielen
Dächern; schön im Schmerz, aber in der Mutter des
Heilands möchten wir den Schmerz noch mehr durch-
leuchtet sehen durch freudige Zuversicht: nicht ewig
verloren, bald auf ewig gewonnen.

Die Holländer sind auch hier Lieblinge des
Publikums, wie auf allen Ausstellungen der letzten
Jahre. Großes und kleines Lebensbild, Porträt, Tier-
hild, Stadtbild, Landschaft, Marine, Blumenstück sind
trefflich vertreten durch L. Apol, Bisshop, de Bock,
Blommers, du Chattet, Gabriel, de Haas, Israels, Klin-
Icenberg, J. und W. Maris, Mesdag, ATa<huys, Frl.
Roosenboom, Boelofs, v. d. Sande-Backhuyzen, Sadee,
Frl. Schwartxe, Stroebel und Weissenbruch.

Bisshop mahnt uns daran, dass in seiner Jugend-
zeit der alte Kampf zwischen den Farbenfrohen und
den Farblosen wieder aufzulodern schien. Stroebels
»Singstunde in einem Waisenhause" zeigt uns älteren
Stil. Josef Israels ist der alte geblieben, aber mehr
als je ist er der Vorgänger der Neuen und Neuesten
der Malerei. Israels suchte einst als Historienmaler
seinen Weg. Da traf ihn auch seine Art Erleuch-
tung. Ihn fasste Goethes Gedicht: »Wer nie sein
Brot mit Thränen aß, wer nie die kummervollen
Nächte auf seinem Bette weinend saß, der kennt
euch nicht, ihr himmlischen Mächte". Seitdem malte
er die, welche ihr Brot mit Thränen essen, die
Kummervollen und die Armen, und schuf sich dafür
auch sein eigenes Kolorit, als ob er mit Kreide im
Ol nacharbeite, buntlich und je nachdem auch
schmutzig, verdämmernd, düster, gern in Lebensgröße,
alles meisterlich breit, hingestrichen und doch so effekt-
 
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