Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

DOI Artikel:
Die Stuttgarter internationale Kunstausstellung, [4]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0231

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
449

' Die Stuttgarter internationale Kunstausstellung.

450

voll zusammengehend behandelt. Er war längst in
Holland und England ein hochangesehener Meister,
als man in Deutschland kaum seinen Namen kannte.
Israels steigert seinen Stil vielfach in Manier,
deren Outrirtheit in der Ausnutzung seiner Vorzüge
wir nicht preisen, aber er ist genial und alles ist sein
Eigen; er ist der Vorangeher; ihn ahmt man nach,
und das jetzt überall. — Schade, dass er sich nicht
auch noch anders versucht hat. Früher meinte man,
ein großer Meister dürfe nicht einseitig sein. Wäre

denschaften und Bewegungen, die sich nicht abkon-
terfeien lassen, vermieden.

Auf dem hiesigen Bilde von Israels: „Frauen
von Zandvoort" schreiten übrigens die Weiber auf
Riesen-Beinknochen und -Füßen, was zu den mageren
Gesichtern und Hälsen seltsamen, nicht gewöhnlich
menschlichen Eindruck macht. „In Düsternis be-
wohnen sie windige Klippen, das fahrvolle Fenn-
moor," möchte man aus dem alten Beowulf citiren.

Begnügen wir uns zu sagen, dass alle Meister

Aus dem Katalog der Sammlung Buchner in Bamberg. (Vergl. den Artikel in Nr. 26 der Kunstchronik.)

er nicht der Meister, uns auch einmal den hollän-
dischen und friesischen Jan Cordaat in voller, herz-
hafter Thafc zu zeigen? 0 verehrter dahingeschie-
dener Freund Everhard Potgieter, wie oft haben wir
mit dir betrauert, dass die holländische Kunst so
sehr das Thatenlose und Spießbürgerliche begünstigt!
Wenn die französischen Maler der Welt ein noch
schlimmeres Bild von den Sitten Frankreichs zu
geben pflegen, als diese wirklich sind, weil jeder
Rapin mit den nackten Weibsbildmodellen seines
Handwerks zu renommiren liebt, so haben die hol-
ländischen Maler die Kraft in der Kunst geopfert,
um ja recht wahr zu bleiben, und haben die Lei-

trefflich vertreten sind. Jüngere Meister erregen
durch die Breite und Freiheit ihrer Darstellung
Aufsehen. Dass auch Frl. Therese Schwartxc mit den
,Waisenkindern von der Insel Marken" das Porträt
zum großen, breitgemalten Lebensbilde steigert, hat
uns bezüglich der begabten, männlich malenden
Künstlerin sehr interessirt.

Auch in unserer deutschen Malerei wiegt jetzt
die Darstellung des Ruhigen, oder doch weniger leiden-
schaftlich Bewegten vor. Der Realismus verlangt
Wahrheit; dies führt zum Abmalen von Kostüm und
Modell und der beharrenden Natur und zur Virtuosität
nach dieser Richtung, womöglich mit Hilfe des Licht-
 
Annotationen