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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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581

Kunstlitteratur.

582

reinigende und befruchtende Strom, der sich aus den
mit Unrecht so verschrieenen Archiven über das Ge-
biet der kunstgeschichtlichen Forschung ergoss,
gründlichen Wandel geschaffen und den Boden für
eine ersprießliche Forschung und erquickliche Schil-
derung vorbereitet. Und eine solche Hegt im wahr-
sten Sinne in Frizzoni's Arbeit vor. Einer späteren
Zeit wird es vorbehalten bleiben, wenn einmal die
vom Fürsten Gaetano Filangieri so erfolgreich be-
gonnene Publikation der Dokumente zum Abschluss
gekommen sein wird, die gesamte Kulturentwicke-
lung Neapels im Zusammenhange zu schildern;
Frizzoni hat sich mit Recht darauf beschränkt, zu-
nächst die noch vorhandenen Kunstdenkmäler in
ihre richtige Stellung innerhalb der Kunstgeschichte
zu rücken.

Aus dem reichen Inhalt dieser Studie seien hier
nur ein paar von den Punkten herausgehoben, an
denen der Verfasser neue oder doch noch nicht all-
gemein geteilte Ansichten begründet. So ist er u. a.
nicht abgeneigt, in der alten Tradition über Antonio
Solario (lo Zingaro) als den Schöpfer der Fresken
in S. Severino wenigstens das eine Körnlein Wahr-
heit zu suchen, dass die Bilder einem Meister dieses
Namens angehören. Haben doch schon lange bevor
Dominici seine mythische Kunstgeschichte Neapels
schrieb, d'Engenio (1623), Celano und Sarnelli er-
zählt, dass Solari's Blütezeit um 1495 falle und dass
er ein venezianischer Maler sei. Darauf ward auch
Frizzoni durch die kritische Analyse der Bilder ge-
führt, sowohl ihres figürlichen Teiles als der land-
schaftlichen und architektonischen Hintergründe.
Nebenbei sei hier bemerkt, dass auf dem bei Friz-
zoni reproduzirten Beispiel (freilich nach einem Stich
von 1844) neben venezianischen Rerniniscenzen (Cam-
panile etc.) auGh eine Abbreviatur des Triumph-
bogens im Castel nuovo zu Neapel, sowie eine idea-
lisirte Ansicht Roms sich findet, in welcher die
Engelsburg mit ihrem mittelalterlichen abgestuften
Aufbau, die ehemalige Pyramide in der Via
Alessandrina, der Obelisk bei St. Peter, die Trajans-
säule, Tempelreste und andere Trümmer der Antike
deutlich erkennbar sind. — Übrigens sind, wie die
neuere Urkundenforschung erwiesen, venezianische
Meister in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
mehrfach in Neapel thätig gewesen. — Von be-
sonderem Interesse ist weiterhin Frizzoni's Erörterung
der Werke des Andrea Sabatini, der ihm nicht als
Schüler RaffaeLs, wofür alle Beweise fehlen, sondern
des Lombarden Cesare da Sesto gilt, in welch letz-
terem sich Einflüsse Lionardo's und Raffaels mischen.

Eine gleiche Ansicht sprach neuerdings auch Morelli
aus (Die Galerien Borghese und Doria-Pamfili in
Rom, S. 214, Anm. 1.).

Wir können im Rahmen dieser kurzen Anzeige
auf die übrigen inhaltreichen Aufsätze des Buches
nur noch andeutend hinweisen. Die zweite Abhand-
lug giebt eine eingehende Biographie des Sodoma,
die folgende behandelt Peruzzi in seiner Thätigkeit
als Maler. Dann folgt eine kritische Besprechung
der italienischen Bilder der Londoner Nationalgalerie
und den Beschluss macht eine Abhandlung über
Francesco Francia's Fresken in S. Cecilia zu Bologna.

H. IL

KUNSTLITTERATUR.

-u- Zu den Gemälden im HMigungsximmer des Rat-
hauses xu Goslar. Schon in Nr. 16 der Kunstchronik brach-
ten wir eine Mitteilung aus dem „Hannoverschen Courier"
in der Dr. M. Hölscher, gestützt auf Dr. Bertrams For-
schungen die Kratzsche Hypothese, als ob Michael Wolgemuth
der Meister jener Gemälde sei, vollständig vernichtete. In-
zwischen hat Gustav Müller-Grote (Die Malereien des Hul-
digungssaales im Rathause zu Goslar) die Untersuchung
wieder aufgenommen und ist geneigt, die Malereien dem
Johann Raphon zuzuschreiben. Die Schrift behandelt nach
einer Einleitung über deutsche und besonders niedersäch-
sische Rathäuser im 14. und 15. Jahrhundert unter fleißig-
ster Benutzung des gesamten kunstgeschichtlichen Materials
den Gegenstand von topographischen und stilkritischen Ge-
sichtspunkten aus, berichtigt die Angaben in Thodes „Maler-
schule von Nürnberg" in wesentlichen Stücken und fügt eine
dankenswerte Arbeit ein über Sibyllendarstellungen und das
Verhältnis der Darstellungen in dem Volksbuche von der Si-
byllenweissagung in Schedels Weltchronik und im Goslarer
Rathause zu einander. Gleichzeitig mit dieser Arbeit erschien
eine Schrift von Dr. R. Engehard, Beiträge zur Kunstge-
schichte Niedersachsens, die zu demselben Resultate führt.

R. G. Handbücher der königlichen Museen xu Berlin.
— Seit langem hegte die Generalverwaltung der königl.
Museen zu Berlin die Absicht, durch die Herausgabe von
kurzgefassten Handbüchern über die wichtigsten Teile der
königl. Sammlungen im Zusammenhange der historischen
Entwickelung, welcher die einzelnen Denkmäler angehören,
beizutragen zur Verbreitung kunstgeschichtlicher Bildung.
Das erste Handbuch dieser Art ist jetzt erschienen, und kein
geringerer als Direktor Bode hat es unternommen, an der
Hand der im Original oder in Nachbildungen in Berlin be-
wahrten Werke italienischer Skulptur in knappen Zügen
und allgemein interessirender Form die Entwickelung der
Plastik in Italien von der altchristlichen Zeit an (um 300
n. Chr.) bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts darzulegen.
Bekannt ist, dass gerade diese Abteilung für italienische
Plastik, dank dem unermüdlichen Forscher- und Spürsinn
ihres jetzigen Direktors, die hervorragende Stellung erlangt
hat, welche ihr weder die schöne Sammlung des South Ken-
sington Museums, noch die von Courajod vortrefflich ver-
waltete Sammlung des Louvre oder andere Sammlungen
außerhalb Italiens derzeit streitig machen. Die Berliner ita-
lienische Skulpturabteilung ist aber nicht nur die kunstge-
schichtlich belangreichste, sie birgt auch Werke von hohem
künstlerischen Werte, bietet Genuss und Belehrung in gleicher
 
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