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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Vereine und Gesellschaften. — Vermischte Nachrichten.

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zu dem Schönsten, was der große Antwerpener uns über-
liefert. Das Bild der Klara Fourment, der schönen Schwä-
gerin, ist hingegen eine gar ansehnliche Arbeit. Von Rem-
brandt giebt es ein Selbstporträt. Es ist der junge Rem-
brandt, dessen Stumpfnase recht keck in die Welt ragt.
Unter den alten Franzosen interessirt am meisten ein Por-
trät des jungen Ludwig XV. von Boucher. Der königliche
Knabe ist in ein zierliches Hirtengewand gekleidet und schaut
froh über den Mummenschanz mit schwarzen Augen aus
dem Bilde heraus; aber man sieht diesem Hirten in jedem
Zuge der Haltung an, dass die Schlosswachen vor ihm prä-
sentiren müssen. Nicht weniger als 18 Corot zählt die Samm-
lung, darunter einige von ganz außergewöhnlichem Umfange;
aber in einem einzigen Winkel des „Morgens" im Louvre
steckt mehr Genialität, als in diesen 18 zusammen. Zehn
Daubigny sind vorhanden, zumeist Landschaften mit Wasser,
einige darunter von edelster Schönheit und tiefster Empfin-
dung, namentlich das Herbstbild mit spiegelndem See und,
man möchte sagen, zitternden Bäumen. Vor den Delacroix
und Diaz wird man nur durch den Klang des Namens auf-
gehalten. Unter den sechs Gemälden von Fromentin hin-
gegen giebt es einige, welche, in Farbenglut und Schwung
der Ausführung mit dem Besten rivalisiren können, was man
von diesem großen Schilderer orientalischen Lebens kennt.
Nicht minder schön sind die drei Isabey, besonders der
„Aufbruch zur Jagd" und der „Königliche Besuch" mit
ihrem bunten Treiben von Edelherren und Edeldamen, das
gar meisterlich erfasst ist. Die sechs Meissonierschen Mini-
aturbilder, von denen eines feiner und liebreizender ist als
das andere, kommen gerade zur rechten Zeit, um sich einer
Strömung entgegenzustellen, welche den Ruhm des Meisters
der Mode zuschreiben will. Fünf Millet hängen an den
Wänden, von ungleichem Werte; die „Erwartung" ist wohl
das hervorragendste. Die Landschaften von Rousseau, die
Tierstücke von Troyon und eine venezianische Ansicht von
Ziem sind einwandslos das, was man nach dem Titel der
Ausstellung erwartet: Meisterwerke.

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

%* Die Spaltung der Münchetier Künstlerscliaft. Die
Münchener „Neuesten Nachrichten" veröffentlichen ein
..Memorandum des Vereins bildender Künstler Münchens",
worin dessen Mitglieder ihren Austritt aus der Künstlerge-
nossenschaft ausführlich begründen und den Zweck ihrer
neuen Vereinigung darlegen. In der Denkschrift wird im
Gegensatz zu der Ansicht der Majorität, die in der Künstler-
genossenschaft herrscht, behauptet, dass der internationale
Charakter der Ausstellungen die Münchener Künstlerschaft
nicht schädige; die technischen Fortschritte gehörten der
ganzen Welt an und das Isolirungssystem sei für die Kunst
nur verhängnisvoll. Das Memorandum sieht den größten
Missstand der Münchener Jahresausstellungen in deren allzu-
großer Ausdehnung durch die Aufnahme zu vieler Mittel-
mäßigkeiten, wünscht die Anwendung der größten Vorsicht
bei der lokalen Auswahl, verurteilt die Parole der Majorität,
unter Zulassung Fremder hier die Münchener Kunst sehen
zu lassen, als eine Selbstüberschätzung und erklärt die rege
Beteiligung der Fremden aus materiellen und idealen Grün-
den und eine andere Gestaltung der Ausstellungen bei alleiniger
Berücksichtigung des absolut künstlerischen für dringend
nötig. Deshalb seien die Sezessionisten behufs Bildung einer
Vereinigung zur Abhaltung jährlicher internationaler Elite-

ausstellungen aus der Genossenschaft ausgetreten. Sie werfen
dabei die Frage auf, ob sie sich wohl „mit der erdrücken-
den Majorität jemals auch nur annähernd über die Frage
verständigen können, was künstlerisch sei?" Sie fügen hin-
zu , dass nicht die geringste Aussicht vorhanden sei, diese
Frage „in absehbarer Zeit bejahen zu können" (d. h. mit
anderen Worten die L^nterjochung jeder Kunstbethätigung.
die sich nicht im Geleise des modernen Münchener Natura-
lismus bewegt. Die Redaktion). Jedes innerhalb dreier
Jahre nicht ausstellende Mitglied verliert das Stimmrecht für
Wahlen und Abstimmungen und erlangt es erst durch die
Beteiligung an der Ausstellung wieder. Die Leitung in künst-
lerischer, juridischer und kaufmännischer Beziehung ist fach-
männisch getrennt. Die Sezessionisten rechnen auf die Unter-
stützung aller wahren, die Münchener Kunst fördernden
Künstler. Dem Verein gehören 104 ordentliche Mitglieder
und wohl ebenso viel korrespondirende an; weitere Beitritts-
erklärungen stehen in Aussicht. Die Statuten umfassen 27
Paragraphen. Die Mitglieder zerfallen in ordentliche und
korrespondirende. Weiter behandeln die Statuten den Jah-
resbeitrag, den freiwilligen Austritt, die Zusammensetzung,
Obliegenheiten, Wahl und Beschlussfähigkeit des Ausschusses
und der Generalversammlung. Der erste Ausschuss besteht
aus Professor Piglhein, Vorsitzender, von Habermann, Stell-
vertreter, Professor Höcker, Schriftführer, Pötzelberger, Stell-
vertreter, Dill, Albert Keller, Kühl, Langhammer, Stuck,
Uhde, Zügel, als Ersatz Buttersack, L. Herterich, Keller-
Reutlingen. Auf Grund dieser Denkschrift hatte der neue
Verein eine Petition an den Kultusminister gerichtet, in der
er um Überweisung des ganzen oder halben Glaspalastes oder
eines anderen Lokales oder geeigneten Platzes zur Abhal-
tung von Jahresausstellungen bat. Der Kultusminister hat
darauf eine ablehnende Antwort gegeben, da er die erfolgte
Trennung nicht für unumgänglich nötig erachten könne, auf
ein unzertrennliches Verbundensein der hier lebenden Meister
und ihrer Werke mit dem Namen der Stadt, als dem ein-
heitlichen Vororte der deutschen Kunst, das größte Gewicht
lege und durch gegenseitiges Entgegenkommen ein baldiges
Verschwinden der entstandenen Spaltung erhoffe.

%* In der Düsseldorfer Künstlerschnft scheint auch
eine Spaltung eingetreten zu sein. In der am 20. Juni dort
abgehaltenen Hauptversammlung der Deutschen Kunstgenos-
senschaft haben 46 Künstler dem Vorstand ihren Austritt
aus der Genossenschaft schriftlich mitgeteilt.

VERMISCHTE NACHRICHTEN.

M.B. Vom Ulmer Münster. Seit dem Feste zur Vollendung
des Hauptturmes (28. Juni bis 1. Juli 1890) hat die Re-
stauration des Ulmer Münsters steten Fortgang genommen.
Die obere Kranzgalerie ist vollendet, das dazu nötige Ge-
rüste abgetragen und gegenwärtig ist man damit beschäftigt,
das obere Gewölbe, welches den Abschluss des Oktogons
bildet, zu vollenden. Für das untere Gewölbe, welches
die Turmwächterswohnuug in sich schließt, sind die Werk-
stücke für die Gewölberippen nahezu fertig und können ver-
setzt werden, sobald die Arbeiten am oberen Gewölbe voll-
endet sind. Der neue eiserne Dachstuhl des Chors ist gleich-
falls fertig und schon größtenteils mit .farbigen Ziegeln ein-
gedeckt. Was die Arbeiten im Innern betrifft, so fallen zunächst
die neuen Gewölbemalereien auf, welche jetzt zur Hälfte
im nördlichen und zu J/j im südlichen Seitenschiff fertig
sind. An der Wand gegen die Neydhardsche Kapelle, welche
 
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