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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Rosenberg, Adolf: Die grosse Berliner Kunstausstellung, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0233

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453

Die Große Berliner Kunstausstellung. — Nekrologe.

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den Sezessionisten und ihren internationalen Gefolgs-
männern nicht möglich sein würde, in diesem Jahre
in München eine eigene Ausstellung zu veranstalten,
und dass sie es sich deshalb angelegen sein lassen
würden, die besten, neuesten und vor allem die rei-
festen ihrer Schöpfungen nach Berlin zu schicken.
Weder das eine noch das andere ist eingetreten.
Die Münchener Sezessionisten veranstalten eine eigene
Ausstellung in München, und was sie nach Berlin
geschickt haben, ist, mit wenigen Ausnahmen, ent-
weder schon längst in München ausgestellt gewesen
und in Berlin bei Schulte und Gurlitt gezeigt wor-
den oder es besteht aus Atelierabhub, aus flüchtigen
Einfallen und Improvisationen, die weder ausstellungs-
würdig noch -fähig und nur zu sehr geeignet sind,
das große Publikum über die wirklich guten und
anerkennungswerten Bestrebungen der „Modernen"
irrezuführen. Die Münchener Sezessionisten haben
sich selbst den größten Schaden gethan, indem sie
unter dem Schutze ihres Privilegs die thörichtsten
und sinnlosesten Lichtvisionen von Julius Exter, die
albernen Atelierwitze von Th. Heine, die für Bild-
nisse ausgegebenen Karikaturen von dem Mailänder
Rietti und die Tierstücke und landschaftlichen Ver-
suche von Hubert von Heyden in Masse in die schönen
Bäume eingeführt haben, die ihnen die Berliner Kom-
mission zur Verfügung gestellt. Das Gute, das sie
mitgebracht haben, wird durch diesen Wust völlig
erdrückt.

Es ist übrigens bezeichnend für das große Pu-
blikum, dass die Tierstücke von H. von Heyden,
namentlich seine große Schweine - Promenade, die
stärkste Entrüstung hervorgerufen haben, bezeichnend
deshalb, weil man daraus erkennt, wie wenig bisher
die Sonderausstellungen der jungen Naturalisten und
Impressionisten bei Schulte und Gurlitt, wo eine
große Zahl der Heyden'schen Bilder wochenlang zu
sehen war, den weiteren Kreisen des kunstfreundlichen
Publikums bekannt geworden sind oder wie gering
das Interesse ist, das diese Ausstellungsexperimente
trotz ihrer häufigen Wiederholungen bis jetzt er-
regt haben.

Zum Schluss noch ein Wort an die Berliner
Ausstellungskommission. Sie hat, wie ich meine
mit vollem Recht, ein paar völlig sinnlose Schmie-
rereien des Norwegers Münch zurückgewiesen, die
jetzt in der „Freien Berliner Kunstausstellung" zu
sehen sind, darunter das Bild eines von den seltsam-
sten Reflexen angestrahlten Herrn, das sein Urheber
dem Berliner Künstlerverein als Aufnahmebild an-
geboten hat. Was wäre nun geschehen, wenn der

Norweger rechtzeitig auf den gescheiten Gedanken
gekommen wäre, sich als „Korrespondirendes Mit-
glied" bei den Münchener Sezessionisten anzumelden?
Dann wären vielleicht seine Bilder, die vorn hinaus-
geworfen worden sind, durch die Hinterthür wieder
gemütlich hineinspaziert. Hoffentlich zieht man aus
so unliebsamen Vorkommnissen und Eventualitäten
die Lehre, dass die in diesem Jahre angewendete
Methode nicht die richtige war.

ADOLF ROSENBERG.

NEKROLOGE.

*%* Der franx ösische Kiinstschriftstellcr Alfred Ikircel, Di-
rektor des Cluny-Museums in Paris, ist daselbst am 24. Mai
im Alter von 75 Jahren gestorben.

*„* Der Bildhauer Otto Bückling, der sich besonders
als Porträtbildner einen Namen gemacht hat, ist am 3. Juni
in Berlin im 66 Lebensjahre gestorben.

In Julius Scholtx, der am 2. Juni plötzlich und uner-
wartet aus dem Leben abgerufen wurde, hat Dresden einen
Künstler verloren, der nicht nur zu den tüchtigsten Vertretern
der Malerei in der sächsischen Hauptstadt gehörte, sondern
sich auch außerhalb seines nächstliegenden Wirkungskreises
großer Beliebtheit und allgemeiner Anerkennung erfreute.
Julius Scholtz war am 12. Februar 1825 in Breslau geboren.
Auf den Rat König's, des damaligen Konservators der Bres-
lauer Gemäldegalerie, widmete er sich der Malerei und bezog
im Jahre 1844 die Dresdener Akademie, wo er Schüler
Julius Hühner's wurde. Unter seiner Leitung malte er zu-
nächst eine Reihe Genrebilder, von denen die Illustration
zu Unland's Lied: „Es zogen drei Bursche wohl über den
Rhein" den größten Beifall bei den Zeitgenossen fand. Im
Jahre 1861 gelang es Scholtz, mit seinem „Gastmahl der
Generale Wallenstein's" den vom Verein für historische Kunst
ausgeschriebenen Preis zu erringen. Das Bild, das von Joh.
Kraler durch den Stich vervielfältigt wurde und heute die
Großherzogliche Kunsthalle in Karlsruhe schmückt, gehört
zu den in technischer Beziehung am meisten befriedigenden
Leistungen der deutschen Historienmalerei. Scholtz ent-
wickelte bei ihm einen hervorragenden Sinn für das spezi-
fisch Malerische und wusste, ohne ins Kleinliche zu verfallen,
die Treue der historischen Kostüme vorzüglich zu bewahren.
Dagegen tritt die Wichtigkeit der Handlung weniger in den
Vordergrund. Dasselbe kann auch von dem zweiten seiner
bekannteren Historienbilder, der Musterung der Freiwilligen
durch Friedrich Wilhelm HL in Breslau, gesagt werden.
Auch hier sind die Hauptpersonen, der König und Blücher,
nicht genügend als solche gekennzeichnet, während die sich
in Massen herandrängenden Freiwilligen in ihrer Begeiste-
rung vortrefflich aufgefasst sind und die koloristische Durch-
führung höchst gelungen erscheint. Das Original des Ge-
mäldes ist Eigentum der Breslauer Galerie, während die
Nationalgalerie in Berlin eine im Jahre 1872 entstandene
freie Wiederholung des Bildes besitzt, die im vorigen Jahre
in wohlgelungener farbiger Nachbildung in den Kunsthandel
gebracht worden ist. Unter den größeren Arbeiten des
Künstlers sind dann vor allem noch seine Wandgemälde
aus dem Leben des Herzogs Albrecht in der Albrechtsburg
in Meißen zu nennen. Sie gehören ohne Zweifel zu den
besten Leistungen der Dresdener Historienmalerei aus unserer
Zeit. Geschickte Benutzung des Raumes, eine eigentümliche
 
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