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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0276

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539

Vermischtes.

540

Bildhauer Hartmann Mackau, Maler Paul Baum u. a. ge-
hören ihr an. An der Spitze steht als erster Vorsitzender
Karl Bant>.er, der für sein Hessisches Ahendmahl im vorigen
Jahre in München eine goldene Medaille, in diesem Jahre in
Berlin eine ehrenvolle Erwähnung erhielt, und Architekt
Hauschild als zweiter Vorsitzender. Im Herbst wird die Freie
Vereinigung in Dresden eine Sonderausstellung veranstalten.
Vor der Hand bestehen noch lebhafte Hoffnungen, es werde
ein Ausgleich und eine Einigung mit der alten Kunst-
genossenschaft erzielt werden, da Dresden sich auf die Dauer
durchaus nicht den Luxus derartiger Spaltungen gestatten
könnte.

* Dcmolirung des lAnxerthors in Salzburg. Trotz der
Einsprache, welche von Seiten der Salzburger Architekten
und Altertumsfreunde gegen die Zerstörung des Linzerthors
erhoben wurde, beschloss der Gemeinderat der Stadt prin-
zipiell die Hinrichtung des Denkmals. Wenn man dasselbe
vorläufig noch bestehen lässt, so erkennt die Bevölkerung
darin nur die Gewährung einer Galgenfrist. Ein Salzburger
Kunstfreund schreibt uns: „Bei der in unseren Provinzial-
städten immer mehr zunehmenden und zur Schau getragenen
Gleichgültigkeit gegen historische Baudenkmale müssen wir
uns fragen, welche Mittel wir haben, um dieser Kalamität
abzuhelfen? Träten alle Vereine für Landeskunde, sowie
die historischen und Kunstvereine zusammen, und würden,
vielleicht unterstützt von der Centraikommission, ein billiges
Blatt mit Zinkotypieen herausgeben und den Lokalblättern
gratis beilegen, so würde man bald darauf kommen, dass
die kunstfeindlichen Elemente in den Gemeinden bisher nur
keine Gelegenheit hatten, sich im Kunstverständnis und in
der Kunsifrcudc zu bilden. Mit Befriedigung hören oft Bür-
germeister und Vertreter kleinerer Orte zu, wenn man den
historischen Wert ihrer Bauten oder Denkmäler hervorhebt.
Sie wollen oft Belehrung. Das praktische Leben drängt aber
das ideale immer mehr zurück. Nur allgemein zugängliche
Volksschriften, auch populäre Vorlesungen, können den Ver-
fall des Kunstsinnes und der Kunstpflege hemmen; der Kon-
takt der Fachvereine mit dem Publikum müsste viel inten-
siver werden; sonst könnten vielleicht auch einmal unsere
städtischen Museen in Gefahr kommen, in ihrem Werte als
Bildungsmittel unterschätzt" und durch Veräußerungen ge-
schädigt zu werden. Es ist stets zu bedenken, dass Un-
kenntnis mit Starrsinn sich zu verbinden pflegt. Also: För-
derung der kunsthistorischen Ausbildung in den breitesten
Schichten brauchen wir! Der Unterricht in der Schule hat
dem Schwinden des allgemeinen Kunstsinnes bisher nicht
Einhalt geboten." D—f.

*** Ausschmückung des Baihauses in Wiesbaden. Wie
der „Frankf. Ztg." geschrieben wird, hatte sich die städtische
Vertretung in einer ihrer letzten Sitzungen mit der maleri-
schen Ausschmückung des Rathauses zu beschäftigen. Dieses
prächtige, von Professor von Hauberisser in München im
Renaissancestil erbaute Haus ist in seiner ganzen inneren
Einrichtung auf reiche Ausstattung in Holzgetäfel und ma-
lerische Ausschmückung berechnet. Bekanntlich wird in den
Staatshaushaltsetat alljährlich die Summe von 300000 M.
aufgenommen, aus welcher für die Ausschmückung monu-
mentaler Gebäude und zugleich zur Unterstützung der Kunst
Beiträge geleistet werden. Auf Bewilligung eines solchen
Beitrags für die Ausschmückung des Bürgersaales wird in
Wiesbaden gehofft. Zu diesem Ende sollen nach einem von
der städtischen Vertretung gefassten Beschlüsse dem Mini-
sterium zwei historische Wandgemälde in Vorschlag gebracht
werden: das eine einen Vorgang aus der Gegenwart, das '■
andere einen solchen aus der nachweislich frühesten Ver- I

gangenheit der Stadt darstellend. Das erste Bild soll den
Einzug Kaiser Wilhelm's I. in die Stadt nach der Einweihung
des Niederwald-Denkmals mit der Gefolgschaft der Bundes-
fürsten verewigen, das zweite die Erstürmung der von den
Römern zum Schutze ihrer hiesigen Niederlassung errichteten,
jetzt noch teilweise vorhandenen Heidenmauer durch Ger-
manen im III. Jahrhundert und die Befreiung der Stadt
vom römischen Joch. Für den großen Festsaal, dessen
malerische Ausschmückung die Stadt auf ihre Kosten zu
besorgen hat, sind die Bildnisse des Kaisers und der
Kaiserin, des Kaisers Wilhelm I., des Kaisers Friedrich III.,
des Kaisers Adolf von Nassau und des Herzogs Adolf von
Nassau, jetzigen Grossherzogs von Luxemburg, in Aussicht
genommen." Die übrigen Wandflächen des Festsaales sollen
allegorische Ausschmückung entsprechend den daselbst an-
gebrachten Eigenschaftswörtern: „mässig, tapfer, weise, ge-
recht" erhalten.

Antiquitäten in Apulien. Selbst bei ihren gerade nicht
vorzüglichen Finanzverhältnissen hat dennoch die italienische
Regierung Mittel gefunden, künstlerischen und nament-
lich archäologischen Interessen gerecht zu werden. So sind
einige bisher ganz unbeachtet gebliebene Quellen für die
Schüler des Kunststudiums und für Altertumsforscher er-
öffnet worden. Signor Boni, der Konservator für Antiqui-
täten in Apulien, ist während des ganzen Jahres 1S02 thätig
gewesen, um die in gedachtem Landstriche vorgefundenen
Monumente katalogisiren und photographiren zu lassen. Die
Resultate sind besonders wichtig für den Architekten und
den mittelalterlichen Archäologen hinsichtlich von Basiliken
und Kirchen des 11. bis 13. Jahrhunderts, und in dieser Be-
ziehung hat sich das betreffende Material als ein über-
raschend reichhaltiges herausgestellt. Besonders interessant
ist die normannische Kathedrale in Nardo, welche vollständig
in barocker Manier durch einen neapolitanischen Bischof des
vorigen Jahrhunderts restaurirt wurde, wobei die Originalsäulen
entfernt worden waren. Letztere wurden jetzt wieder auf-
gefunden und es ergab sich, dass die Säulen mit Bildern
von vorzüglicher Technik bemalt sind. Eines dieser Gemälde
trägt das Datum 1249 mit einer Inschrift, welche besagt,
dass der Benediktiner Abt Goffredo diese geistliche Scenen
darstellenden Bilder anfertigen ließ, „tempore Divi Friderici"
(des Hohenstaufenkaisers Friedrich IL), und zwar durch den
Maler Bailardo. Andere künstlerische Darstellungen geben
uns mit großer Genauigkeit Aufschluss über die Trachten
des 13. Jahrhunderts. Die Kathedrale hat drei Schiffe mit
einer kreisförmigen Apsis und scheint das Werk der nor-
mannischen Grafen des 11. Jahrhunderts gewesen zu sein.
Das Gebäude weist eine merkwürdige Ungleichheit der Bogen-
wölbungen auf, da jede Seite einen besonderen Stil hat.
Auf der rechten Hälfte zeigen sie einen kräftigen und ur-
sprünglichen Typus, welchen die meisten normännischen
Konstruktionen besitzen, während dagegen die linke Seite
sehr elegant und unter sarazenischem Einfluss hergestellt
zu sein scheint. Der Gesamtbau erinnert an die Kirche von
St. Paolo in Pisa, besonders an die Fassade, während der
Portikus der Kathedrale große Ähnlichkeit hat mit dem von
der Abtei St. Clemens in Casauria und S. Ambrogio in Mai-
land. Die Ergebnisse der Forschungen in Apulien sind Lieb-
habern bildlich zugänglich durch 235 Photographieen, die
unter Signor Boni's spezieller Aufsicht angefertigt wurden,
Romualdo Mossione in Rom ist der Verleger der Serie,
welche im ganzen 200 Frank kostet, aber auch in einzelnen
Teilen zu haben ist. Viele der Monumente dürften den
Altertumsforschern und Architekten bis jetzt unbekannt ge-
blieben sein. J
 
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