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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Zur Neuaufstellung der Kölner Malerschulen im Museum Wallraf-Richartz zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0281

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Zur Neuaufstellung der Kölner Malerschulen irn Museum Wallraf-Richartz zu Köln.

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tive erscheint und um so mehr die Blicke auf sich
lenkt, da er sich hier von einem absichtlich bedeutend
lichter gehaltenen Blau der Tapete abhebt. In
diesem hinteren Baum sind dann ausschließlich die
Werke dieses Meisters und Stephan Lochner's sowie
ihrer Schule aufgestellt, vor allem, zur Beeilten des
Hauptbildes des Meisters, Wilhelm Lochner's reizende
Madonna im Bosenhag, ebenfalls in einem reich ge-
schnitzten Bahmen aus Eichenholz. Man befindet
sich hier noch ganz im Mittelalter. Wahre Fröm-
migkeit und reiner Idealismus sprechen aus allen
diesen stillen einfachen Werken, die so anspruchs-
los und doch so fesselnd wirken.

Im folgenden Saale, dem großen Hauptsaale,
treten einem dann die eigentlichen Bealisten der
Kölner Schule entgegen, jene Meister, welche unter
dem Einflüsse der benachbarten Niederländer oder
durch den gemeinsamen Zug der Zeit sich entschie-
dener der Natur zuwandten, um an Naturwahrheit
zu ersetzen, was ihnen etwa an Innerlichkeit abging.
Zur Linken, wenn man vom Saale des Meisters Wil-
helm zurückkommt, die Meister von St. Severin
und des Thomasaltares, beide im höchsten Grade
originelle Koloristen, jener durch harmonisches Zu-
sammenstimmen und sanftes Brechen der Farben
wirkend, dieser durch pikante, vor allem einer hellen
Farbenskala sich zuneigende Töne, beide dagegen
in gleicher Weise bei ihrer koloristischen Tendenz
den Beiz der Formen, der Linien bis zur ärgsten
Unschönheit, selbst Verschrobenheit außer acht
lassend; zwischen beiden der Meister des Münchener
Marienlebens mit seiner großen Kreuzabnahme, wäh-
rend das vierte Hauptbild des Saales, das große
Flügelbild des Meisters der heiligen Sippe, eben die
heilige Sippe in einer stark an sein Vorbild Quen-
tin Massys erinnernden Weise darstellend, den Mittel-
punkt der gegenüberliegenden Wand bildet. Andere
Werke dieser Meister sowie die Serie der Lyvers-
berger Passion, Bilder des Meisters der Verherr-
lichung Mariae u. a. füllen im übrigen die Wände.
Auch hier sind die Hauptwerke dieser Zeit durch
mehr oder weniger reich geschnitzte Altaraufsätze
als solche kenntlich gemacht. Die Kölner haben es
hierbei wahrlich nicht an Geld fehlen lassen.

Im dritten Baume, der vor allem dem 16. Jahr-
hundert geweiht ist, merkt man, dass es mit der
Kölnischen Schule und ihrer Selbständigkeit gerade
in dem Augenblicke zu Ende geht, da andere
Schulen Deutschlands sich zur ungeahnten Größe er-
heben. Die Kölnische Schule hat daher keinen
eigentlichen Abschluss gefunden, da sie keinen

Meister hervorgebracht, der, wie es vielfach in Italien
und in Deutschland geschah, noch einmal alle Be-
strebungen der vorangegangenen Zeit in sich zu-
sammenfasste und daraus die Summe zog. Die
niederländische Kunstweise mit ihrem scheinbaren
Siechtum unter dem entnervenden Einfluss der ita-
lienischen Kunst — scheinbar, weil doch ohnedies
vielleicht nie ein Bubens gekommen wäre — griff
so stark nach Köln hinüber, dass man kaum noch
zu sagen vermag, ob man in dem hier tonangeben-
den Künstler dieser Zeit, dem Meister des Todes der
Maria, noch einen Kölner oder einen Niederländer
vor sich hat. Um daher die Aufstellung seines
Hauptwerkes in diesem Baume auch vor jenen For-
schern zu rechtfertigen, welche seinen niederländischen
Ursprung bereits als ein historisches Faktum be-
trachten, wurden mit ihm hier, was das Museum
an niederländischen Bildern besitzt, vereint, wodurch
zugleich diese weniger hervorragenden Werke an
eine sekundäre, ihrer wirklichen Bedeutung entspre-
chende Stelle gerückt wurden. Im übrigen vertreten
vor allem die Werke Bart. Bruyn's, bekanntlich
des dritten zugleich seinem Namen und seinen Lei-
stungen nach bekannten Künstlers unter der gesam-
ten Schar der Kölnischen Meister, die Kölnische
Schule dieser Zeit. Er erscheint hier als ein Nach-
ahmer des Meisters vom Tode der Maria, der sich
dann immer energischer der niederländischen Kunst
in die Arme wirft, es aber doch zuweilen, wie hier
in seinem vornehmen Porträt des Bürgermeisters
Arnold von Brauweiler, zu recht bedeutenden Leistun-
gen bringt.

Verwandte Bilder geringerer Art bedecken die
Wände des anstoßenden Korridors. Hier haben auch
die Fragmente gotischer Fresken, die einst die Thron-
wand des Hansasaales im Kathaus zierten, Auf-
stellung gefunden. Es war indessen unmöglich, alle
Kölner Bilder, die das Museum besitzt, in diesen
Bäumen unterzubringen, wollte man nicht durch allzu
große Gedrängtheit die Wirkung der wirklich guten
Werke, die in abgemessenen Abständen voneinander
aufgehängt wurden, beeinträchtigen. So musste eine
Auslese stattfinden Die Ausgeschiedenen sollen aber
später in den Korridoren eine mehr dekorative Ver-
wendung finden.

So ist denn dank der systematischen Aufstellung
hier ein klares Bild der Entwickelung der kölnischen
Malerei gegeben, klarer als irgend ein Handbuch
der Kunstgeschichte es darzustellen vermag, da jeder
der drei Bäume einer ihrer Hauptphasen entspricht
und gleichzeitig die verdienstvollen führenden Meister
 
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