Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

DOI Artikel:
Römischer Brief, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0012

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
14.0KH911

KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13
Neue Folge. XXIII. Jahrgang 1911/1912 Nr. 1. 13. Oktober 1911.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

RÖMISCHER BRIEF
II

Die archäologische Ausstellung, welche man jetzt
in den Thermen eingerichtet hat, ist nicht die erste
Veranstaltung, die dieses Lokal zu solchem Zwecke
benutzt, denn in den letzten Jahren der päpstlichen
weltlichen Herrschaft, im Jahre 1867, wurde eine
Ausstellung kirchlicher Kunst im großen Klosterhof
abgehalten, während man in der Kirche von Santa
Maria degli Angeli Kirchenkonzerte gab.

Was die jetzige Ausstellung betrifft, so war der
Grundgedanke der, ein möglichst vollständiges Bild
von dem zu entwerfen, was die römische Kultur
während des Kaisertums in den außeritalienischen
Ländern bedeutete. Man hat also aus den sechsund-
dreißig alten Provinzen in Abgüssen und sonstigen
Reproduktionen alles das gesammelt, was sich auf die
Monumente bezieht, mit denen Rom die unter-
jochten Länder beschenkt hatte.

Aus Deutschland, Frankreich, England, Ungarn,
Rumänien, Spanien, aus Afrika und Asien sind Mo-
delle von Palästen, Theatern, Thermen, Aquädukten,
militärischen Lagern, Abgüsse von Statuen, Grab-
monumenten und Inschriften gekommen. Eine ganze
Abteilung enthält die Metallreproduktionen der großen
Gold- und Silberschätze, die aus Rom und aus
Pompeji in verschiedene Museen ausgewandert sind.

Da fast alle Länder die Abgüsse, Modelle und
Reproduktionen Rom geschenkt haben, so wird aus
der diesjährigen Ausstellung das Museum des römi-
schen Kaiserreichs, das »Museum Imperii« hervor-
gehen, eine für das römische antiquarische Studium
kostbare Sammlung, die manchem Archäologen gute
Dienste leisten wird. Nicht minder wertvoll ist die
fast vollkommene Serie von Abgüssen nach Werken
altgriechischer Kunst, die die griechische Nation
Italien als Jubiläumsgeschenk gesandt hat.

Von höchstem Interesse sind die Sonderausstellung
der griechisch-ägyptisch-römischen Porträts und die
der großen Rekonstruktion Roms im 4. Jahrhundert
nach Christus; ein herrliches plastisches Werk des
französischen Architekten Bigot.

In dem kleinen Garten, welcher jetzt neben dem
neuen Eingang des Museo delle Terme eingerichtet
worden ist, hat die Kommission in natürlicher Größe
den Tempel von Ankyra aus Kleinasien in Zement
nach genauen Abgüssen wieder aufgebaut. Der Grund

dieser Rekonstruktion liegt auf der Hand, weil auf
den Wänden des Tempels die Kopie der res gestae
divi Augusti, also das Testament des Gründers des
Imperium eingehauen war. Neben den Sammlungen,
die sozusagen in engen Grenzen das Bild der römi-
schen Weltherrschaft geben, konnte das Testament
des Mannes nicht fehlen, welcher dem gigantischen
Werk die Krone aufgesetzt hat und zum erstenmal
den Staatsfrieden der Welt hatte proklamieren können.
Hoffentlich wird man bald sein schönstes Monument,
die Ära Paris Augastae, ganz aus der Erde und dem
Wasser heben können und in den Diokletiansthermen
als schönstes Werk römischer Kunst aufstellen.

Im gleichen Schritt mit der Umgestaltung der
Diokletiansthermen und der Anordnung der archäo-
logischen Ausstellung schreiten auch die Arbeiten im
Nationalmuseum, das in den Thermen selbst be-
herbergt ist, weiter fort und es ist dem Direktor
Dr. R. Paribeni gelungen, in kurzer Zeit verschiedene
der Fragen, deren Lösung man seit Jahren wünschte,
zur allgemeinen Befriedigung zu erledigen, so die
Erweiterung der Ausstellungsräume und die neue
Aufstellung einiger Sammlungen.

Der kleine Klosterhof, wo einst die Blindenanstalt
war, ist jetzt mit den Gipsabgüssen der griechischen
Skulpturen angefüllt, wird aber nach Schluß der Aus-
stellung zur Aufbewahrung der Ludovisischen Skul-
pturensammlung bestimmt werden. Eine ganz neue
Aufstellung haben jetzt die alten römischen Porträt-
büsten, worunter ein ganz besonderes Interesse die
späten aus dem 4., 5. und 6. Jahrhundert haben, die
Dr. Paribeni kürzlich erworben hat. Zwischen diesen
ist eine ganz merkwürdige Charakterbüste, die
wahrscheinlich die eigentümlichen Züge von Kaiser
Constans wiedergibt. Von höchstem Interesse ist die
neue Aufstellung der Bronzen. Durch genaue Prü-
fung der verschiedenen Stücke und durch Erwerbung
einiger neuer Stücke wird es dem Direktor gelingen,
uns in nächster Zeit eine fast vollständige Reihe
von höchstem historischen Interesse zu zeigen. Bei
den Ausgrabungen, welche im Tiberbett, nahe bei
Ponte Sant' Angelo, gemacht worden sind, um
die Fundamente des neuen Ponte Vittorio Emanuele
zu bauen, sind köstliche Überreste einer römischen
bronzenen Gewandfigur, wohl aus dem 1. Jahrhundert
n. Chr., zum Vorschein gekommen, und auch diese
sind den Sammlungen des Museo Nazionale romano
 
Annotationen