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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0027

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31

Vermischtes

32

Schreiber noch nicht geläufig sein konnte1). Solche Irrtümer
bei Namen wären tausendfach in Bürgerbüchern und an-
dern Dokumenten nachzuweisen. Mit ihnen darf jedoch
nicht gearbeitet werden, wenn bereits durch Signaturen die
Lesung völlig gesichert erscheint.

Es ist nicht das erstemal, daß »Muntscheller, Mut-
scheller« und dergl. mit »Multscher« gleichgesetzt wurde.
Es wird auch nicht das letztemal sein. Denn leider sind
solche Dinge an der Tagesordnung. Konnten doch bereits
»Wietzinger=Witz«, »Konrad Laib = Meister Pfenning« all-
gemein in die Literatur übergehen!

Sehen wir von diesem »Beweisgliede« Habichts ab,
so können seine Ausführungen über die Beziehungen Mult-
schers zu Hartmann wohl gehört werden. Man wird sich
jedoch hüten müssen, dieselben zu bedeutend zu veran-
schlagen, denn Multscher hat seine wesentlichen Anregungen
nicht durch Hartmann und so auf Umwegen von Köln,
wie Habicht meint, sondern eben von Burgund, der Sluter-
Schule, erhalten. Heimath Th. Bossert.

Niederländische Künstler und Kunstwerke in
Italien. Der kürzlich erschienene Jahresbericht des Nieder-
ländischen Historischen Instituts zu Rom über das Jahr
1910 enthält in seinem zweiten von O. J. Hoogewerff be-
arbeiteten Teil interessante Mitteilungen über niederländische
Künstler und Kunstwerke in Italien; Hoogewerff hat ver-
schiedene italienische Archive nach Urkunden über nieder-
ländische Künstler, die sich in Italien aufgehalten haben,
durchforscht. Wichtige Papiere förderte er -im Archiv der
Akademie von San Luca zutage; hierdurch fällt auf die
Beziehungen zwischen der Akademie und der in Rom an-
sässigen nordischen »schildersbent« ein ganz neues Licht.
Wie aus ihren Rechnungsbüchern und Mitgliederverzeich-
nissen hervorgeht, zählte die Akademie in der ersten Zeit
auch viele niederländische Künstler zu ihren Mitgliedern
oder Gönnern, die sie durch Geldbeiträge (»Almosen«)
unterstützten; so findet man in der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts ungefähr dreißig niederländische Namen,
und in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts beträgt die
Zahl der Niederländer, die zugleich Mitglied der Akademie
sind, mehr als ein Dutzend. Einer von ihnen, Paulus Bril,
bekleidete sogar das Amt eines Schatzmeisters und wurde
später zum »principe« erhoben. Um 1620 vollzieht sich
dann in der Stellung der niederländischen Künstler zur
Akademie offenbar ein Umschwung; die »Fiamminghi«
hören nämlich auf, Beiträge zu zahlen und ihre Namen
kommen in den Akten und Präsenzlisten der Akademie
nur ganz vereinzelt vor, was um so auffallender ist, als
gerade in diesen Jahren das niederländische Element in
Rom ganz besonders zunahm. Ja, der Gegensatz zwischen
der Akademie und der niederländischen Künstlerkolonie
führte schließlich zu einer offenen Fehde. Den äußeren
Anlaß hierzu lieferte ein Breve des Papstes Urban VIII.
vom 11. Juni 1633, das der Akademie das Recht verlieh,
von allen in Rom lebenden Künstlern einen bestimmten
Jahresbeitrag »zu Gunsten ihres Patrons« zu erheben. Aber
dieses Dekret hatte nicht den gewünschten Erfolg; denn
die niederländischen Künstler weigerten sich zu zahlen.
Auch strengere Maßregeln fruchteten nichts. Deshalb
wurden in der Cancelleria verschiedene Versammlungen

1) Carl Jäger, Schwäbisches Städtewesen des Mittel-
alters 1831 S. 578 kennt noch die Variation »Mutscheb«;
dies wohl ein Lesefehler Jägers selbst nach einer bis jetzt
verschollenen Majuskelsignatur Multschers, bei der »R« als
»B« leicht zu verlesen war.

einberufen, in denen sich die fremden Künstler zu dieser
Frage äußern sollten; sie erschienen auch, zu der zweiten
Versammlung, die 1636 stattfand, sogar in großer Menge,
wie aus der noch erhaltenen Präsenzliste hervorgeht; wir
finden hier die Namen Herman van Swanevelt, Jan Both
und Pieter van Laer. Über den Verlauf der Versammlung
ist jedoch nichts bekannt; jedenfalls blieb aber alles beim
Alten; denn wir ersehen aus den Einnahmebüchern, daß
die Niederländer keine Beiträge mehr bezahlten, mit Aus-
nahme des soliden und orthodoxen Frans Duquesnoy.
Hoogewerff stellt über die »schildersbent« in Rom eine
ausführliche Studie in Aussicht, in der er unter anderen
nachweisen wird, daß der Gegensatz zwischen der Akademie
und der niederländischen Künstlerkolonie auf gegensätz-
liche Kunstauffassungen zurückging, und daß die Nieder-
länder eine Art Sezession bildeten gegen die päpstliche und
später auch die französische Akademie, die mit der päpst-
lichen sehr eng liiert war.

Auch Nachforschungen in dem Archiv von S. Giuliano
dei Fiamminghi in Rom lieferten wichtige Resultate; ver-
schiedene der in Rom ansässigen vlämischen Künstler haben
dieser Bruderschaft nicht nur als Mitglieder angehört,
sondern hatten sogar im Vorstand Sitzung; unter anderen
treffen wir hier Luigi Gentile und Jan Miel an.

Reiche Ausbeute verspricht ferner das Archiv von
Campo Santo, mit dem Verfasser erst begonnen hat; die
Berichte über die Versammlungen der Bruderschaft sind
von 1500 an fast vollständig erhalten; die Daten betreffen
hauptsächlich Künstler aus den südlichen Niederlanden.
Diese archivalischen Untersuchungen werden in kurzem in
den »Rijksgeschiedkundige Publicaties« veröffentlicht werden.

Außerdem enthält der Jahresbericht bemerkenswerte
Notizen über holländische Kunst in weniger bekannten
italienischen Sammlungen, so über die Privatgalerie Mansi
in Lucca, wo Hoogewerff 67 niederländische Gemälde
zählte, das Städtische Museum in Venedig, sowie das
Museum Filangieri in Neapel. m. d. Henkel.

VERMISCHTES

X Gegen den verwunderlichen, schädlichen und nicht
länger zu ertragenden Zustand, daß in Berlin selbst wie
in den weiteren Gemeinden des Berliner Komplexes überall
städtebauliche Fragen allein den Tief bauämtern unter-
stehen, so daß neben den Ingenieuren die Architekten in
den wichtigsten Angelegenheiten der Stadtentwicklung voll-
ständig ausgeschaltet sind, richtet sich eine Eingabe, welche
die sogenannte »March-Gruppe«, d. h. die von Otto March
geführten Mitglieder eines freien Städtebau-Ausschusses,
an die Magistrate und Gemeindevorstände Großberlins ge-
richtet haben. Zugleich hat sich der Ausschuß an die Re-
gierung mit der Bitte gewandt, dem Zweckverbande Groß-
berlin die Einsetzung eines fachmännischen Beirats zu
empfehlen. Dieser Beirät war bekanntlich seinerzeit vom
preußischen Abgeordnetenhause ins Gesetz aufgenommen
worden, wenn auch nicht in der Form, daß er eingesetzt
werden müßte, sondern in der, daß er herangezogen werden
könnte. Das Herrenhaus strich dann den Paragraphen
auch in dieser unverbindlichen Fassung, und das Abge-
ordnetenhaus gab sich damit zufrieden. Die Vertreter einer
gesunden städtebaulichen Fortarbeit in Berlin sind jedoch
der Uberzeugung, daß dennoch die Einsetzungeines solchen
Beirats möglich sei, wenn auch nicht mehr auf gesetzlichem
Wege, und haben eine Eingabe verfaßt, die dies Ziel ver-
folgt. Es wäre dringend zu wünschen, daß die beiden
verständigen Forderungen der March-Gruppe erfüllt würden.

Inhalt: Denkmalpflege und Museen. Von O. Dehio. — August Holmbergf; A. Wielemanns f. — Personalien. — Ausstellungen in Magdeburg,
Berlin, Frankfurt a. M., Leipzig. — Wallraf-Richartz-Museum; Aus amerikanischen Museen. — Zur Multscherfrage; Niederländische Künstler
und Kunstwerke in Italien. — Vermischtes.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A.Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf., q. m. b. h., Leipzig
 
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