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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0035

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Ja in dem Verständnis gewisser künstlerischer Persönlich-
keiten, die sich ihre Bedeutung dem Strom entgegen er-
ringen mußten, war Speidel, der »Primarius der öffentlichen
Meinung«, oft seinerzeit voraus. Deshalb, weil er für echte
künstlerische Selbstständigkeit eine natürliche Witterung
hatte, haben die Aufsätze, über Wilhelm Kaulbach, An-
selm Feuerbach, Wilhelm Leibi, Böcklin, Fritz von Uhde,
Natter, Meunier verdient der Vergänglichkeit des Feuilletons
entrissen zu werden. Sie sind in dem 1. Bande von Speidels
Schriften erschienen. Hoffentlich werden die späteren Bände
noch mehr ähnliche Arbeiten Speidels bringen, in ihrer
schönen und geistreichen Sprache sind sie Muster psycho-
logischer Kunstkritik. r. q,

Thomas Garner und Arthur Stratton, The Domestic
Architecturc of England during the Tudor Period. 2 vols.
B. T. Batsford.
Diese bedeutende Veröffentlichung zur Geschichte der
englischen Architektur zur Zeit des Tudors wurde von
Thomas Garner begonnen und nach dessen Tod (1906) von
Arthur Stratton im Geiste des Beginners glücklich zu Ende
geführt. Zum ersten Male wird hier von Sachkundigen ein
Überblick über das gegeben, was die englische Architektur
im Zeitalter des Tudors von Heinrich VIII. bis zum Tode
der Königin Elisabeth, an bürgerlichen Bauten, besonders an
Landhäusern hervorgebracht hat. Man hat diese Stilperiode,
in der die heimische gotische Überlieferung sich der fremden
Einflüsse italienischer, niederländischer und deutscher Kunst
mehr zu erwehren sucht als daß sie nach einer Vermischung
mit der fremden Kunstweise strebt, »chaotisch« genannt
und sie lange Zeit über die »reinere« Renaissance Eng-
lands wie sie Inigo Jones verstand, vernachlässigt. Schon ist
viel zerstört worden und noch mehr unverständiger Restau-
ration anheim gefallen. Aber es ist allgemach erkannt wor-
den, daß gerade in den Landhausbauten der Tudorzeit so-
wohl in der Anlage wie in der komfortablen und dekorativen
Durchführung die bodenständige Wohnkultur Englands
Formen entwickelt hat, an der auch die moderne Archi-

tektur vorteilhaft anknüpfen kann. Thomas Garner erblickte
in dem Studium dieser malerisch so reizvollen und archi-
tektonisch so entwicklungsfähigen englischen Bauweise seine
Lebensaufgabe. Er hat das Land nach allen Richtungen
durchforscht und Aufnahmen aller stilgeschichtlich be-
merkenswerten Bauten unternommen. Der Fortsetzer und
Beendiger seines Werkes ist seinen Spuren gefolgt. Auf
192 großen Tafeln sind die Landsitze in Außen- und Innen-
ansichten, meist in vortrefflichen Lichtdrucken, reproduziert
worden. Eine Menge Detailaufnahmen, Grund- und Aufrisse,
architektonische und dekorative Details erhöhen noch den
Wert dieser wohlüberlegten Publikation. Die einzelnen Bau-
ten werden im Text einläßlich besprochen und die wich-
tigen historischen Nachrichten sorgsam beigebracht. Fast
alle englischen Landschaften wurden berücksichtigt und nur
wenige wichtige Bauten fehlen. Eine ganze Anzahl hervor-
ragender Bauten werden hier überhaupt zum ersten Male
gründlich untersucht. So ist ein wissenschaftlich belang-
reiches und künstlerisch überaus anregendes Werk zustande
gekommen, das niemand ohne Nutzen in die Hand nehmen
wird. Auch die stilgeschichtliche Einleitung ist ganz da-
nach angetan, mit manchen Vorurteiten aufzuräumen, sie
gibt in geschickter Darstellung einen Überblick über
eine Kunstbewegung, deren Bedeutung für die Erkenntnis
des originalen englischen Kunsttriebs oft unterschätzt
worden ist. Ebenso dankenswert sind die vielen Erörte-
rungen konstruktiver und materialtechnischer Fragen und
die häufigen Hinweise auf bemerkenswerte architek-
tonische Lösungen und dekorative Einflüsse, Bemerkungen,
deren Wert durch gute Detailzeichnungen vermehrt wird.
Die Herausgeber geben mit ihrem Werke eine Anregung
zu einer ähnlichen Behandlung der deutschen ent-
sprechenden Renaissancekunst. Seit dem im flüchtigen
Stil eines Architekturstudenten auf Reisen dargebotenen
Werke von Orthwein hat die deutsche Renaissance noch
keinen Bearbeiter gefunden, der dem Gegenstand die gleiche
Liebe und gleiche Energie in der zusammenfassenden Vor-
führung des Stoffes zugewandt hätte. r. q.

Der Fünfte Band
von Thieme-Beckers Künftlerlexikon ift erfchienen

Der Sechfte Band
ift im Druck und erfcheint in einigen Monaten

IIIOIIOIIOIIOIIOIIOIIOIIOIII

VERLAG VON E. A. SEEMANN IN LEIPZIG

Inhalt: Kunst unserer Zeit in Kölner Privatbesitz. — J. Chr. Kröner t- — Personalien. — Fritz Reuter-Monument in Rixdorf. — Ausstellungen in
Weimar und Amsterdam. — Berliner Kaiser-Friedrich-Museum ; Dresdener Kgl. Sammlungen; Berliner Kunstgewerbemuseum; Leipziger
Museum der bild. Künste; Histor. Museum in Frankfurt a. M.; Landesgalerie in Salzburg. — Reisinger-Stipendium. — Münchener Bund.—
Vermischtes. — Literatur. — Anzeige.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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