Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

DOI Artikel:
Wolf, August: Neues aus Venedig, [1]
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0038

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
53

Nekrologe — Personalien — Wettbewerbe — Ausgrabungen

54

der besten Arbeiten Tizians, war es bestimmt, die zerstörte
Altartafel des Giov. Bellini zu ersetzen, die denselben
Gegenstand zum Vorwurf hatte. Ein Fragment von Bellinis
Tafel befindet sich in der Galerie der Akademie. Es bleibt
jedenfalls bedauerlich, daß nun das Tizianische Gemälde
so gut wie verschwunden ist. Die Sakristei der Kirche
liegt sehr versteckt, ist klein und hat schlechtestes Licht.

A. Wolf.

NEKROLOGE

Müller-Breslau f. In Schmiedeberg in Schlesien ist
der Dresdner Maler Georg Müller-Breslau am 20. Oktober
gestorben. Er war am 5. September 1856 zu Breslau ge-
boren, erlernte zuerst die Lithographie handwerksmäßig,
wurde dann Schüler des Riesengebirgsmalers Adolf Dreßler,
weiterhin Gussows in Berlin, besuchte Italien und ließ sich
nach kürzerem Aufenthalt in München und Berlin dauernd
in Dresden nieder. Hier gehörte er von 1892 dem Verein
bildender Künstler Dresdens (Sezession), später der Künstler-
vereinigung Elbier an. Georg Müller-Breslau besaß ein
feines Empfinden für die farbigen Reize der Natur, dabei
aber auch ein durchgebildetes Formen- und Stilgefühl und
eine reiche Phantasie. Er malte mit Vorliebe Landschaften
aus dem Riesengebirge, auch nach romantischen Motiven
aus Italien und aus Dresdens Umgebung (Goppeln). Unter
seinen figürlichen Gemälden ragt sein Christus in der Ein-
samkeit hervor: Der Heiland mit ausgebreiteten Armen
am See stehend blickt zum Himmel empor. Es gehört
jetzt dem schlesischen Museum der bildenden Künste in
Breslau; als es 1886 in der Berliner Jubiläums-Ausstellung
zu sehen war, erklärte Arnold Böcklin, es sei das einzige
Werk, das ihn interessiert habe. Von seinen Landschaften
finden sich Beispiele in der Dresdner Galerie, in der Na-
tionalgalerie (Sammlung König) und in dem genannten
Museum zu Breslau. Das straffe Stilgefühl, das der Künstler
besaß, kam namentlich in einer Reihe von vorzüglichen
Glasbildern zutage, die er in den letzten Jahren ge-
schaffen hat. Auch in der dekorativen Wandmalerei hat
er sich erfolgreich versucht, und nicht zu unterschätzen sind
die trefflichen Steindrucke, die er seiner Zeit für die Hefte der
Dresdner Sezession schuf. Eine eigenartige künstlerische
Persönlichkeit ist in Georg Müller-Breslau zu früh dahin-
gegangen.

Der Maler Ernst Anders, ein langjähriges Mitglied
des Düsseldorfer Malkastens und eine der bekanntesten
Künstlererscheinungen aus Düsseldorfs alter Zeit, ist im
Alter von 66 Jahren in Mölln in Lauenburg gestorben.
Anders stammte aus Magdeburg, wo er 1845 geboren war,
wurde Schüler von Wilhelm Sohn; er war als Bildnismaler
bis in die letzte Zeit hinein in Düsseldorf tätig.

PERSONALIEN

Wien. Der Leiter des Kupferstichkabinettes der K. K Hof-
bibliothek, Dr. F. M. Haberditzl, bisher Assistent an
diesem Institute, wurde zum Kustosadjunkten ernannt.

An Stelle des verstorbenen Professors Woldemar
Friedrich übernimmt Professor Raffael Schuster-Woldan
d'e Leitung einer Kompositionsklasse an der Berliner Hoch-
schule für bildende Künste.

, Innsbruck. Heinrich Sitte, bisher Sekretär am öster-
re>chischen archäologischen Institute in Wien, ist zum außer-
entlichen Professor der Archäologie in Innsbruck ernannt
derR*1 '->am't 's' die Innsbrucker Lehrkanzel, die seit
be jruiUng Heberdeys nach Graz unbesetzt war, wieder

WETTBEWERBE

Menzelpreis-Ausschreiben. In dem von der»Berliner
Illustrierten Zeitung« für deutsche Illustratoren ausgeschrie-
benen Menzelpreis für das Jahr Juli igio bis Juli ign ist
nach dem Urteil der Jury, die aus Prof. Max Liebermann,
Prof. Arthur Kampf, Prof. Franz Kruse, dem Maler Carl
Schnebel und dem Kunstschriftsteller Georg Hermann be-
stand, die Entscheidung gefallen. Der Maler Max Liebert-
Berlin erhielt den Preis von 3000 Mark für seine Zeich-
nung: Weihnachtsabend.

Gleichzeitig ist der Menzelpreis von 3000 Mark von
neuem für die Zeit vom Juli 1911 bis Juli 1912 ausge-
schrieben worden.

AUSGRABUNGEN
In Herrenbreitungen an der Werra hat Professor
Dr. Paul Weber (Jena) anläßlich der Arbeiten für die staat-
liche Kunstdenkmäler-Inventarisation der Provinz Hessen-
Nassau Ausgrabungen in dem ehemaligen Benediktiner-
kloster vorgenommen und dabei den Chor und das Quer-
haus der Klosterkirche aus der Zeit um tioo freigelegt..
Zahlreiche Einzelfunde geben über den ehemaligen Aufbau
klaren Aufschluß. Außerdem wurden Reste einer noch
älteren Anlage, die vielleicht noch in spätkarolingische Zeit
zurückreicht, aufgedeckt. Die Ausgrabungen werden voraus-
sichtlich im nächsten Jahre fortgesetzt.

Die amerikanischen Ausgrabungen in Cyrene
(Tripolis). Das soeben herübergekommene »Bulletin of the
archaelogical Institute of America« bringt einiges über die
Erfolge der Amerikaner bei ihren Untersuchungen und Aus-
grabungen in Cyrene. Über die Erfolge in Cyrene selbst
wird nur kurz ausgesagt, daß sie erfolgreich waren; dagegen
bringt die amerikanische Wochenschrift »The Nation« vom
28. September darüber näheres, auf das wir unten zurück-
kommen werden.

Das Bulletin beginnt mit einem kurzen Aufsatz »The
tragedy of Cyrene« in dem die Ermordung des am 11. März
1911 von Eingeborenen erschossenen amerikanischen Ar-
chäologen Herbert Fletscher De Cou geschildert wird.
Es ist kein Zweifel, daß die Eingeborenen den Assistentea
töteten, während sie den Leiter der Expedition Richard
Norton treffen wollten. Norton ist eben jener Amerikaner,
der jüngst in den »Times« die Begründung, die Italien für
seinen Angriff auf Tripolis gegeben hat, gründlich abgelehnt
hat. Die eingeborenen Mörder hatten Angst um ihre Weide-
rechte an der Ausgrabungsstätte und wollten sich diese
dadurch sichern, daß sie durch die Schreckenstat die Ameri-
kaner aus dem Lande zu vertreiben gedachten. Die tür-
kische Regierung tat alles Mögliche, um ihrer habhaft zu
werden, aber sie gehörten einem entfernten Stamm an.
Norton schreibt in diesem Bericht über die Tragödie von
Cyrene, daß die türkische Regierung auch fernerhin alles
tat, um die Gefahr für die Amerikaner zu verringern, die
nunmehr auf ein Minimum reduziert sei.

Während über die Ausgrabungen von Cyrene hier nur
mitgeteilt ist, daß sie vom archäologischen Gesichtspunkte
aus die Ausgrabung durch und durch rechtfertigen, be-
richtet nunmehr »The Nation«, wie sie vom Oktober 1910
bis Mai 1911, abgesehen von einigen Tagen, in denen
schlechtes Wetter die Tätigkeit unterbrach, dauerten. Zu
Zeiten waren etwa hundert Araber als Arbeiter beschäftigt.
Große Fortschritte wurden gemacht bei der Aufdeckung
einer Gruppe von öffentlichen Gebäuden, die man auf der
Akropolis von Cyrene fand. Am nordwestlichen Abbang
der Akropolis fand sich ein großes Depot von Votivtafeln,
meist aus Terrakotta, und viele Gräber in der ausgedehnten
Metropole wurden untersucht. Die Einzelfunde der Aus-
 
Annotationen