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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0051

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Vermischtes — Forschungen

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über >Künstlerische Erziehung«. Sein Vortrag wird gleich
den übrigen Darbietungen des Kongresses in dem Organe
der Oesellschaft, in der »Zeitschrift für Hochschulpädagogik«
(Leipzig bei E. Wiegandt) erscheinen. Hier nur so viel:
Der Vortragende sondierte vor allem die Psyche des an-
gehenden Künstlers, die schwierige Erkenntnis seiner Be-
gabung, seine Illusionen usw. Sodann ging er auf die
Frage ein, welche Elementar- und Hilfsbildung dem Künstler
zu geben sei: Vorkurs an der Akademie, oder aber Vor-
schule vor dieser? Auf Orund einer Kritik des eigentlichen
akademischen Bildungsganges und der verschiedenen
Möglichkeiten seiner Fundierung gelangte der Vortragende
zu der Forderung, gewerbliche Schulen und insbesondere
eine Oewerbekunstschule als Vorschule des eigentlichen
akademischen Studiums einzurichten, den Künstler überhaupt
mehr auf die handwerkliche Basis der Kunst zu lenken
und das ganze Problem als einen Teil der sozialen Frage
zu behandeln.

Professor v. Thiersch demonstrierte den Hörern auch
seinen Neubau der dortigen Hochschule, durch Vorführung
der Pläne sowie durch eine Führung im unfertigen Bau
selbst, der allerdings mehr technisch als künstlerisch be-
trachtet sein will. — Andere Führungen desselben Tages
erschlossen den Kongreßteilnehmern die neuen Institute
der Anatomie und der Augenklinik. Es war eine Freude,
zu sehen, wie der Neubau der letzteren (in der Mathilden-
straße neben dem Reisingerianum) gerade aus den Be-
dürfnissender Augenkrankenpflege heraus zu Zweckmäßigkeit
und Schönheit auch im Sinne der Städtebaukunst geführt
hat; ein Blick auf die Fassade des Gebäudes und ein
anderer vom Inneren auf die reichlichen Grün-Anlagen des
Hauses zeigen es.

Dem Thierschschen Vortrage waren zwei andere aus
der Pädagogik der Kunstwissenschaft vorangegangen. Prof.
Bruno Meyer (Berlin) sprach über den »Unterricht in Kunst-
wissenschaft«, Prof. Karl Voll (München) über »Kunstge-
schichtliche Pädagogik an unseren Hochschulen«. Es gab
nicht bald zwei aufeinander folgende Darbietungen, die
so sehr einander entgegengesetzt schienen und im Grunde
doch so harmonierten, wie diese beiden. Irn ersten das
Aufgebot aller bisherigen Ergebnisse der Kunstwissenschaft
als Grundlage ihres Unterrichtes (mit Voranstellung der
Kunstgeschichte als Stilgeschichte). Im zweiten die Ironie
einer Vorführung dessen, was es eigentlich noch gar nicht
gebe, nämlich einer wirklichen Kunstwissenschaft, mit
verblüffenden Belegen über das, was hier oft geleistet
wird, aber auch mit Hinweisen auf das Bessere, wie es
sich ja bereits in derGenerationenfolge der kunsthistorischen
Fachleute zeige.

Auch die allen drei Vorträgen gewidmete Diskussion
würde noch ein Verweilen lohnen. Besonders belebt wurde
sie durch einen Hinweis auf die Bemühungen und Erfolge
der dortigen »Vereinigung zur Pflege künstlerischer Er-
ziehung«, der auch an dieser Stelle prinzipiell eine allseitige
Förderung gewünscht werden darf.

Die drille hochschulpädagogische Tagung soll im
Oktober 1912 zu Leipzig stattfinden und wird voraussichtlich
in analoger Weise auch an die dortigen Kunstinteressen
pädagogisch anknüpfen. Die »Gesellschaft für Hochschul-
pädagogik« ladet schon jetzt zum Besuch dieses Kongresses
und zugleich — für eine möglichst weitgreifende Verbreitung
desselben — zur Mitgliedschaft ein (mit Meldung beim
Verlage der »Zeitschrift«).

Dr. Hans Schmidkunz

VERMISCHTES
X Der Verein der Künstlerinnen und Kunstfreun-
dinnen zu Berlin hat kürzlich sein neues eigenes Heim
bezogen, das Baumeister Schweitzer, ein Schüler Messels,
errichtet hat (am Schöneberger Ufer). Der Verein, die
älteste Verbindung deutscher Künstlerinnen, hat nun hier,
durch vier Stockwerke hinaufreichend, eine große Anzahl
ungemein praktisch eingerichteter Räume für seine Mal-
und Zeichenschule zur Verfügung, der die Regierung schon
vor längerer Zeit das staatliche Seminar für Zeichenlehre-
rinnen-Prüfungen angegliedert hat. Außerdem befinden
sich in dem Hause Räume für gesellschaftliche Zwecke
und für Ausstellungen. Eine Eröffnungs-Ausstellung ver-
einigt eine Reihe der besten Arbeiten aus dem Kreise der
Mitglieder, die abermals beweisen, wie bedeutend sich das
Niveau der Frauenkunst in Berlin gehoben hat und wie
sehr die Klagen der Damen über unfreundliche Behandlung
bei den »männlichen« Ausstellungen begründet sein müssen.

Der Berliner Maler Ernst Pfannschmidt hat den Auf-
trag erhalten, für die Michaeliskirche zu Hamburg,
die jetzt wieder aufgebaut wird, das neue Altarbild zu
schaffen. Als Gegenstand ist die Auferstehung gewählt,
die auch in dem früheren Altarbilde der Kirche, einer Ar-
beitTischbeins, dargestellt war. Pfannschmidt hat in diesem
Jahre den Preis der Stadt Berlin auf der Großen Berliner
Kunstausstellung erhalten, er ist ein Schüler Eduard von
Gebhardts.

FORSCHUNGEN

Ein »Konzert« von Lodovico Lana publiziert im
Cicerone (Heft 19) Hermann Voß. Das Bild, das auf der
diesjährigen Porträtausstellung in Florenz als Caravaggio
figurierte, und im Besitz des Professors Mariani Rocchi in
Rom ist, stellt, wie ein Notenblatt auf demselben beweist,
den Lautenisten des Herzogs von Modena, Geronimo Va-
leriano, mit zwei Genossen dar Ein Monogramm am
oberen Ende der Laute enthält den Namen Lodovico Lanas,
eines heute wenig bekannten Malers und Radierers der
ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Neben seinem großen
Pestbilde in der Chiesa del Voto zu Modena dürfte dieses
Musikerporträt das interessanteste Bild des Künstlers sein,
der in der modenesischen Kunst des 17. Jahrhunderts eine
führende Rolle spielte.

Ein Werk Berninis glaubt Marcel Reymond in der
schönen Madonna erkennen zu können, die heute in der
sechsten Kapelle des Südschiffs von Notre-Dame zu Paris
bewahrt wird und ursprünglich in der Karmeliterkirche von
Paris stand, wo sie durch eine Kopie ersetzt ist. Für
die Karmeliterkirche kaufte sie der Kardinal Antonio Bar-
berini bei Bernini für 10000 Livres. Die Ausführung lag
in den Händen eines Gehilfen Berninis, Antonio Raggi.
Nun glaubt Reymond annehmen zu können, daß Raggi
nur als ausführender Bildhauer tätig war und auf die Ge-
staltung des Werkes, das nach einem durchgeführten Modell
Berninis gemeißelt worden wäre, keinen Einfluß hatte.
Raggi hat auch das »Noli me tangere« in SS. Domenico
und Sisto zu Rom gemeißelt, das Reymond schon früher
für eine Schöpfung Berninis erklärt hat. Zu einiger Vorsicht
zwingt nun aber doch der Umstand, daß gerade diese
beiden Werke einige gemeinsame Züge aufweisen, die
sonst bei Bernini nicht zu bemerken sind (Oaz. des Beaux-
Arts Oktober 1911). _/.

Inhalt: Denkmalpflege und Museen. Von Wilhelm Bode. — Personalien. — Wettbewerbe: Bismarck-Nationaldenkmal, Villa-Romana-Preise Real-
gymnasium in Grimberg. — Klosterruine Chorin; Auerbachs Hof in Leipzig. — Landesausstellungsgebäude in Berlin; Wanderausstellungen
auf dem Gebiete der Kunst; Ausstellungen in Karlsruhe, im Auslande, in Paris. — Berliner Kunstgewerbemuseum: Berliner Nationalgalerie;
Markisches Museum in Berlin; Leipziger Kunstverein j Metropolitan-Museum und Museum der Hispanic Society of America in New York;
Auslandische Kunstwerke in deutschen Museen. — Zweite hochschulpädagogische Tagung. — Vermischtes. — Forschungen

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf., q. m. b. h., Leipzig
 
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