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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Berliner Ausstellungen: Sezession und Akademie
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Koetschau, Karl: Noch einmal die Sammeltätigkeit des Kaiser-Friedrich-Museums
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0064

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Noch einmal die Sammeltätigkeit des Kaiser-Friedrich-Museums

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hatte eine köstliche Weichheit und Wärme des Tons
und einen Sinn für die farbige Stofflichkeit der Dinge,
der zu höchster Bewunderung stimmt. Aber als er
von Paris heimkehrte, fehlten ihm Anregung und
Echo, um auf den festgefügten Fundamenten seiner
Kunst weiterzubauen. Die Kunstvereinsepoche drängte
ihn ins Genrehafte, wozu ihn natürlich auch eine
innere Neigung trieb, die er aber unter anderen Ver-
hältnissen — das fühlt man deutlich — überwunden
hätte. Und die Genremalerei wieder lockte ihn ganz
folgerecht in eine immer gefährlichere Vernachlässigung
der Farbe. Natürlich vernimmt man gelegentlich noch
Nachklänge der früheren Blütezeit, aber sie werden
seltener und seltener, bis der Alternde in einer uner-
träglichen porzellanenen Buntheit, Glätte und Süßlich-
keit endete. Ein Genie, das durch äußere Um-
stände systematisch verdorben wurde, freilich auch
nicht Kraft und Selbstzucht genug besaß, um ihnen
energischen Widerstand zu leisten. Wir ziehen daraus
die Konsequenzen und halten uns an das Genie der
Frühzeit, das genug zu Freude und Genuß zu bieten
hat, und gehen über die spätere Periode zur Tages-
ordnung über.

Die Nachlaßausstellung von Woldemar Friedrichs
Illustrationen und dekorativen Entwürfen, von Emil
Hundriesers Skulpturen, von Gustav Eilers' Stichen
und Radierungen bringt nichts, was das Bild dieser
Künstler veränderte. Aber eine Überraschung ist der
Saal mit Werken von Paul Viktor Mohn. Dieser
bescheidene und liebenswürdige Künstler, der vorm
Jahre als Direktor der Berliner Kunstschule starb, war
mit einer Enkelin von Ludwig Richter verheiratet,
dem er auch persönlich lange Zeit nahegestanden
hatte. Ja, er wurde der letzte Erbe Richterscher Un-
schuld und Innigkeit und zeichnete viele Blätter, die
ganz im Geiste des Dresdner Meisters gehalten sind.
Daneben aber ward Mohn in Italien zu einem feinen
Landschaftsaquarellisten, der die Campagna in kleinen
Bildchen von einer ungemein sympathischen, zarten
Schönheit schilderte. Es sind Zeugnisse einer ehr-
lichen und reinlichen Kunst, die man lieben kann.
Der reizende »Spaziergang« aus der Nationalgalerie,
den wir seit langem schätzen, war ein Anlauf zu
einer hellen und heiteren Ölmalerei, der leider wie-
derum keine Fortsetzung fand. M. O.

NOCH EINMAL DIE SAMMELTÄTIGKEIT
DES KAISER-FRIEDRICH-MUSEUMS

Auf Professor Dehios Entgegnung in der letzten
Nummer der »Kunstchronik« würde der General-
direktor der Kgl. Museen in Berlin, auch wenn er
zurzeit nicht in Amerika, sondern in Deutschland
weilte, wohl kaum noch einmal geantwortet haben.
Denn was er zum Schutze der ihm unterstellten Samm-
lungen hatte sagen müssen, war so deutlich, daß es
keiner Wiederholung bedarf. Aber ein Wort zu den
in der vorigen Nummer der »Kunstchronik« ange-
führten , die Sammeltätigkeit des Kaiser-Friedrich-
Museums kritisierenden Fällen muß noch gesagt werden.

Während meiner Amtstätigkeit in Berlin (seit
1. April 1909) hat eine Kaufverhandlung über Teppiche

in Villingen überhaupt nicht stattgefunden. Auch hat
das Nachsuchen in den früheren Jahrgängen unserer
Akten nichts derart ergeben. Wohl aber habe ich
mit dem Straßburger wie mit dem Rottweiler Fall zu
tun gehabt.

Am 3. März 1910 schrieb uns ein Antiquitäten-
händler E. Jost in Straßburg, der bisher niemals mit
uns Geschäfte gemacht hatte und zu seiner Einführung
bemerkte, daß er der ursprüngliche Lieferant von
elsässischen Kunstwerken gewesen sei, die wir später
von zwei Privatsammlern gekauft hätten, er biete uns
das Grabmal des letzten Grafen von Lichtenberg für
6000 M. an. Eine Photographie und ein Stich lagen
bei. Zunächst verlangten wir brieflich eine Preis-
ermäßigung. Daraufhin bekamen wir von Jost aus
Paris, wo er gerade war, den Bescheid, wir möchten
uns telegraphisch entscheiden, ob wir den Stein für
den ursprünglich geforderten Preis übernehmen wollten
oder nicht; er habe auch einen Reflektanten in Paris.
Nun erst telegraphierten wir, daß wir das Kunstwerk,
wie angeboten, kaufen wollten. Von einem anderen
damals in Straßburg wohnhaften Händler Paul Weigt
war uns inzwischen der Stein gleichfalls, nur billiger,
in Aussicht gestellt worden. Da aber der Konser-
vator der elsässischen Kunstdenkmäler uns am 14. März
gefragt hatte, ob uns der Grabstein angeboten worden
sei, so erklärten wir ihm, daß dies zwar von zwei
Seiten geschehen wäre, wir nunmehr aber ablehnen
würden, jedoch auch darum ersuchten, falls eine Straß-
burger Sammlung den Stein nicht kaufe, uns das
Vorkaufsrecht zu lassen. Jost wie Weigt wurden ent-
sprechend von uns beschieden. Jost antwortete, er
habe den Stein rechtmäßig von einem Gutsbesitzer
erworben; der Bürgermeister von Neuweiler habe
sich aber, da der Stein vor 70 Jahren noch in einer
dortigen Kirche gewesen sei, an den Konservator ge-
wandt, und dieser habe dann für eine Straßburger Samm-
lung den Stein um den Preis von 6000 M. abgekauft.
Man vergleiche mit dieser aktenmäßigen Darstellung
nun einmal Professor Dehios Räubergeschichte Punkt
für Punkt. Jede weitere Erläuterung dazu kann die
Wirkung nur abschwächen.

Und ganz ebenso steht es mit dem Rottweiler Fall.
Im Frühjahr 1910 sagte uns der Londoner, mit der-
artigen Ermittelungen nicht etwa von uns beauftragte
Kunsthändler Friedrich Lippmann, daß die Stadt Rott-
weil die Neigung habe, ihre Sammlung von Skulp-
turen zu verkaufen. Ihm als Händler würde man sie
allerdings nicht geben, wohl aber einem Museum.
Ich fuhr sofort, um in der Sache klar zu sehen, selbst
nach Rottweil und ging zuerst, ehe ich noch die
Sammlung besichtigt hatte, zum Bürgermeister. Dieser
war in der Tat, da die Stadt gerade vor große Aus-
gaben gestellt war, dem Verkaufe nicht abgeneigt.
Nach der Besichtigung der Sammlung reiste ich nach
Stuttgart, um dem Landeskonservator die Sache mit-
zuteilen. Er erklärte mir, daß der Verkauf aus be-
stimmten Gründen unzulässig sei, und dankte mir
dafür, daß ich mich in loyaler Weise mit ihm in
Verbindung gesetzt hätte. Auch dazu vergleiche man
Professor Dehios Bericht, und wer dann ein wenig
 
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