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Erst Justus Brinckmann vermochte vor wenigen Jahren eine
bestimmte Porzellanarbeit mit Ottweiler in Verbindung zu
bringen, die er in den »Berichten des Museums für Kunst
und Gewerbe in Hamburg für das Jahr 1908« (Hamburg
igoQ) publizierte, eine prächtige Terrine mit Malereien von
einem gewissen Maler Wolfart, der auch in der Franken-
thaler Fabrik tätig war. K. Lohmeyer ist es jetzt gelungen,
neue Beiträge zu der Geschichte dieser wenig beachteten
Ottweiler Porzellanmanufaktur zu liefern. In einem Auf-
salz, der — an versteckter Stelle — in der »Saarbrücker
Zeitung« 1911 (Nr. 177—183) erschienen ist und deshalb
hier besonders erwähnt zu werden verdient, bringt er
sowohl urkundlich als auch künstlerisch neues Material bei.
Er weist darauf hin, daß die in den keramischen Kunst-
handbüchern als zweifelhaft bezeichnete Marke N. S. in
Nassau-Saarbrücken aufzulösen ist, und macht — außer
dem erwähnten Hamburger — noch einige weitere Stücke
namhaft, die diese Marke tragen: aus Saarbrücker Privat-
besitz, im Bethnal Green Branch Museum zu London und
eine Reihe von Tassen, die besonders charakteristisch lila-
rote Blumen mit hellgrünen Blättern zeigen. Auch von
Steingutfabrikaten bringt er neue Beispiele. Im ganzen
entwirft er ein interessantes Bild dieser kurfürstlichen Manu-
faktur, deren Geschichte nach mancher Seite hin Licht zu
werfen imstande ist. Sie wurde begründet von dem kunst-
fördernden Fürsten Wilhelm Heinrich von Nassau, der
um Kunst und Kultur der Saarbrücker Gegenden so sehr
sich verdient gemacht hat. Ihre ersten Einflüsse empfing
die Manufaktur von Frankreich; 1762 wurde der Franzose
Dominique Pelleve (aus Rouen) für die neubegründete
Fabrik engagiert. Nach ihm wurde der Versuch gemacht,
den nachmals so berühmt gewordenen Modelleur Paul
Louis Cyffle aus Luneville nach Ottweiler hinüberzuziehen.
Dies mißlang jedoch. Auch später bediente man sich noch
französischer Kräfte als Pächter (Jolly und Ledere), als
technische Leiter (Vanuson) und Maler (J. P. Vaquette und
Frangois Gerard). Die Manufaktur hat nur 30 Jahre ge-
arbeitet, in den letzten Jahren nur mehr Steingut. Durch
die französische Revolution gingen beide zugrunde. Der
größte Teil der 1794 noch vorhandenen Arbeiter siedelte
in die Saargemündener Manufaktur über, wo besonders
Bracher, Meyer und J. F. Gerstelmeyer als Künstler hervor-
ragten. Der Historische Verein für die Saargegend kündigt
bereits eine Monographie der Ottweiler Manufaktur (aus
der Feder von K. Lohmeyer) an, die ohne Zweifel wichtige
Beiträge zur Kenntnis der Fayence- und Porzellanmanu-
faktur des 18. Jahrhunderts bringen wird. w. F st.
LITERATUR
Raccolta delle vere da pozzo (Marmi puteoli) in
Venezia. F. Ongania, Venezia 1911. 60 Lire.
Die bekannte Buchhandlung F. Ongania in Venedig
hat zur Feier ihres fünfzigjährigen Bestehens dieses J. Pier-
pont Morgan, »Mecenate dell' arte«, gewidmete Prachtalbum
mit ausgezeichneten Lichtdruckreproduktionen von venezia-
nischen Brunnen (»pozzi«) herausgegeben. Man findet hier
auf 184 Tafeln in Kleinfolio sozusagen alles vereinigt, was
die Lagunenstadt noch an Brunnen aus alter Zeit bewahrt.
Das Werk trägt nicht den Charakter einer kunsthistorischen
Untersuchung, — außer Onganias kurzem Vorwort ist
keinerlei Text beigegeben —, vielmehr will es eine Art
von »Corpus« der vorhandenen Denkmäler darstellen.
Architekten wie Kunstgewerbler werden daraus mancher-
lei Anregung schöpfen können, den Kunsthistoriker wird
vor allem die tadellose Wiedergabe der zahlreichen, mit
italo-byzantinischen, longobardischen und zum Teil auch
orientalischen Ornamenten geschmückten Brunnensteine
interessieren, die man hier zum erstenmal an einer Stelle
vereinigt findet. Angaben über die Standorte fehlen.
ZUM STREIT ÜBER DEN NEUWEILER GRABSTEIN
Bezugnehmend auf die Erörterungen zwischen General-
direktor Bode, Professor Dehio und Direktor Koetschau
in Kunstchronik Nr. 5, 6 und 7 erkläre ich, daß die von
Professor Dehio gegebene Darstellung des Falles Neuweiler
im wesentlichen den aus den diesseitigen Akten ersichtlichen
und mir durch meine amtliche Beteiligung an der Sache
bekannten Tatsachen vollständig entspricht.
Ich finde zwischen den von Professor Dehio und
Direktor Koetschau gegebenen Darstellungen überhaupt
keinen nennenswerten Unterschied. Nur fügt Direktor
Koetschau noch die Tatsache hinzu, daß unabhängig von Jost
auch der Händler Weigt, also zwei Straßburger Händler
gleichzeitig den Stein in Berlin angeboten haben und macht
sodann die mit den hiesigen Akten übereinstimmende
Mitteilung des zwischen mir und dem Berliner Museum
stattgehabten Briefwechsels. Tatsächlich befand sich der
Stein zu der Zeit, als er dem Berliner Museum angeboten
wurde, also am 3. März 1910, noch an Ort und Stelle ein-
gemauert in dem Hof, in den er während des Anbaues
der St. Adelphi-Kirche verbracht worden war. Erst in der
Nacht vom 10. zum n-, März ist derselbe nach Mitteilung
des Bürgermeisters von Neuweiler entfernt worden. Le-
diglich die verspätete Bestellung eines Berliner Telegramms
an den Althändler Jost hat mir noch die Möglichkeit ge-
geben, das Denkmal für das Elsaß zu retten.
Knauth,
Konservator der geschichtlichen Denkmäler im Elsaß.
Herr Konservator Knauth findet zwischen meiner Dar-
stellung und der des Herrn Professors Dehio keinen nennens-
werten Unterschied. Ich empfinde ihn heute noch so stark
wie damals, als ich der Dehioschen Darstellung entgegen-
treten mußte, und einer Reihe von Fachgenossen, die mit
mir über die Angelegenheit sprachen, ist es nicht anders <
ergangen.
Wenn nun in der vorstehenden Erklärung betont wird,
daß der Stein zur Zeit, als er dem Berliner Museum an-
geboten wurde, sich noch an Ort und Stelle befand, so
dürfte wohl schon aus meiner früheren Darlegung ersichtlich
gewesen sein, daß wir von diesem Umstand keine Kenntnis
hatten. Es mag dies aber hier noch einmal ausdrücklich
versichert und auf unsere Akten verwiesen werden.
Und noch eins: Herr Konservator Knauth verdankt es
nicht nur der verspäteten Bestellung eines Berliner Tele-
gramms an den Althändler Jost, daß er das Denkmal für
das Elsaß retten konnte. Der Ton unseres Briefes an ihn-
kann ihn auch nicht einen Augenblick in Zweifel darüber
gelassen haben, daß ihm diese Rettung auch dann noch
möglich gewesen wäre, wenn wir es bereits gekauft gehabt
hätten.
Ich werde mich zu dieser Sache nicht mehr äußern.
Sie ist so klar, daß denen, die noch zweifeln, nur noch die
Einsichtnahme der Akten angeboten werden kann. Diese
stehen jeden Augenblick im Kaiser-Friedrich-Museum zur
Verfügung. Karl Koetschau.
Inhalt: Ein Stück Straßburger Kunstgeschichte. Von Th. Knorr. — Henry Hymans f. — Personalien. — Wettbewerb: Sfruwelpeter-Hoffmann-
Brunnen in Frankfurt a. M. — Lincoln-Denkmal in Washington. — Ausstellungen in Berlin, Leipzig, Magdeburg. — Kunstgewerbemuseums-
Neubau in Leipzig. — Kunsthistor. Institut in Florenz. — Leipziger Exlibris-Gesellschaft. — Porzellan- und Fayence-Manufaktur in Ottweiler.
— Raccolta delle vere da pozzo (Marmi puteoli) in Venezia. — Zum Streit über den Neuweiler Grabstein.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o.m.b.H., Leipzig *
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Erst Justus Brinckmann vermochte vor wenigen Jahren eine
bestimmte Porzellanarbeit mit Ottweiler in Verbindung zu
bringen, die er in den »Berichten des Museums für Kunst
und Gewerbe in Hamburg für das Jahr 1908« (Hamburg
igoQ) publizierte, eine prächtige Terrine mit Malereien von
einem gewissen Maler Wolfart, der auch in der Franken-
thaler Fabrik tätig war. K. Lohmeyer ist es jetzt gelungen,
neue Beiträge zu der Geschichte dieser wenig beachteten
Ottweiler Porzellanmanufaktur zu liefern. In einem Auf-
salz, der — an versteckter Stelle — in der »Saarbrücker
Zeitung« 1911 (Nr. 177—183) erschienen ist und deshalb
hier besonders erwähnt zu werden verdient, bringt er
sowohl urkundlich als auch künstlerisch neues Material bei.
Er weist darauf hin, daß die in den keramischen Kunst-
handbüchern als zweifelhaft bezeichnete Marke N. S. in
Nassau-Saarbrücken aufzulösen ist, und macht — außer
dem erwähnten Hamburger — noch einige weitere Stücke
namhaft, die diese Marke tragen: aus Saarbrücker Privat-
besitz, im Bethnal Green Branch Museum zu London und
eine Reihe von Tassen, die besonders charakteristisch lila-
rote Blumen mit hellgrünen Blättern zeigen. Auch von
Steingutfabrikaten bringt er neue Beispiele. Im ganzen
entwirft er ein interessantes Bild dieser kurfürstlichen Manu-
faktur, deren Geschichte nach mancher Seite hin Licht zu
werfen imstande ist. Sie wurde begründet von dem kunst-
fördernden Fürsten Wilhelm Heinrich von Nassau, der
um Kunst und Kultur der Saarbrücker Gegenden so sehr
sich verdient gemacht hat. Ihre ersten Einflüsse empfing
die Manufaktur von Frankreich; 1762 wurde der Franzose
Dominique Pelleve (aus Rouen) für die neubegründete
Fabrik engagiert. Nach ihm wurde der Versuch gemacht,
den nachmals so berühmt gewordenen Modelleur Paul
Louis Cyffle aus Luneville nach Ottweiler hinüberzuziehen.
Dies mißlang jedoch. Auch später bediente man sich noch
französischer Kräfte als Pächter (Jolly und Ledere), als
technische Leiter (Vanuson) und Maler (J. P. Vaquette und
Frangois Gerard). Die Manufaktur hat nur 30 Jahre ge-
arbeitet, in den letzten Jahren nur mehr Steingut. Durch
die französische Revolution gingen beide zugrunde. Der
größte Teil der 1794 noch vorhandenen Arbeiter siedelte
in die Saargemündener Manufaktur über, wo besonders
Bracher, Meyer und J. F. Gerstelmeyer als Künstler hervor-
ragten. Der Historische Verein für die Saargegend kündigt
bereits eine Monographie der Ottweiler Manufaktur (aus
der Feder von K. Lohmeyer) an, die ohne Zweifel wichtige
Beiträge zur Kenntnis der Fayence- und Porzellanmanu-
faktur des 18. Jahrhunderts bringen wird. w. F st.
LITERATUR
Raccolta delle vere da pozzo (Marmi puteoli) in
Venezia. F. Ongania, Venezia 1911. 60 Lire.
Die bekannte Buchhandlung F. Ongania in Venedig
hat zur Feier ihres fünfzigjährigen Bestehens dieses J. Pier-
pont Morgan, »Mecenate dell' arte«, gewidmete Prachtalbum
mit ausgezeichneten Lichtdruckreproduktionen von venezia-
nischen Brunnen (»pozzi«) herausgegeben. Man findet hier
auf 184 Tafeln in Kleinfolio sozusagen alles vereinigt, was
die Lagunenstadt noch an Brunnen aus alter Zeit bewahrt.
Das Werk trägt nicht den Charakter einer kunsthistorischen
Untersuchung, — außer Onganias kurzem Vorwort ist
keinerlei Text beigegeben —, vielmehr will es eine Art
von »Corpus« der vorhandenen Denkmäler darstellen.
Architekten wie Kunstgewerbler werden daraus mancher-
lei Anregung schöpfen können, den Kunsthistoriker wird
vor allem die tadellose Wiedergabe der zahlreichen, mit
italo-byzantinischen, longobardischen und zum Teil auch
orientalischen Ornamenten geschmückten Brunnensteine
interessieren, die man hier zum erstenmal an einer Stelle
vereinigt findet. Angaben über die Standorte fehlen.
ZUM STREIT ÜBER DEN NEUWEILER GRABSTEIN
Bezugnehmend auf die Erörterungen zwischen General-
direktor Bode, Professor Dehio und Direktor Koetschau
in Kunstchronik Nr. 5, 6 und 7 erkläre ich, daß die von
Professor Dehio gegebene Darstellung des Falles Neuweiler
im wesentlichen den aus den diesseitigen Akten ersichtlichen
und mir durch meine amtliche Beteiligung an der Sache
bekannten Tatsachen vollständig entspricht.
Ich finde zwischen den von Professor Dehio und
Direktor Koetschau gegebenen Darstellungen überhaupt
keinen nennenswerten Unterschied. Nur fügt Direktor
Koetschau noch die Tatsache hinzu, daß unabhängig von Jost
auch der Händler Weigt, also zwei Straßburger Händler
gleichzeitig den Stein in Berlin angeboten haben und macht
sodann die mit den hiesigen Akten übereinstimmende
Mitteilung des zwischen mir und dem Berliner Museum
stattgehabten Briefwechsels. Tatsächlich befand sich der
Stein zu der Zeit, als er dem Berliner Museum angeboten
wurde, also am 3. März 1910, noch an Ort und Stelle ein-
gemauert in dem Hof, in den er während des Anbaues
der St. Adelphi-Kirche verbracht worden war. Erst in der
Nacht vom 10. zum n-, März ist derselbe nach Mitteilung
des Bürgermeisters von Neuweiler entfernt worden. Le-
diglich die verspätete Bestellung eines Berliner Telegramms
an den Althändler Jost hat mir noch die Möglichkeit ge-
geben, das Denkmal für das Elsaß zu retten.
Knauth,
Konservator der geschichtlichen Denkmäler im Elsaß.
Herr Konservator Knauth findet zwischen meiner Dar-
stellung und der des Herrn Professors Dehio keinen nennens-
werten Unterschied. Ich empfinde ihn heute noch so stark
wie damals, als ich der Dehioschen Darstellung entgegen-
treten mußte, und einer Reihe von Fachgenossen, die mit
mir über die Angelegenheit sprachen, ist es nicht anders <
ergangen.
Wenn nun in der vorstehenden Erklärung betont wird,
daß der Stein zur Zeit, als er dem Berliner Museum an-
geboten wurde, sich noch an Ort und Stelle befand, so
dürfte wohl schon aus meiner früheren Darlegung ersichtlich
gewesen sein, daß wir von diesem Umstand keine Kenntnis
hatten. Es mag dies aber hier noch einmal ausdrücklich
versichert und auf unsere Akten verwiesen werden.
Und noch eins: Herr Konservator Knauth verdankt es
nicht nur der verspäteten Bestellung eines Berliner Tele-
gramms an den Althändler Jost, daß er das Denkmal für
das Elsaß retten konnte. Der Ton unseres Briefes an ihn-
kann ihn auch nicht einen Augenblick in Zweifel darüber
gelassen haben, daß ihm diese Rettung auch dann noch
möglich gewesen wäre, wenn wir es bereits gekauft gehabt
hätten.
Ich werde mich zu dieser Sache nicht mehr äußern.
Sie ist so klar, daß denen, die noch zweifeln, nur noch die
Einsichtnahme der Akten angeboten werden kann. Diese
stehen jeden Augenblick im Kaiser-Friedrich-Museum zur
Verfügung. Karl Koetschau.
Inhalt: Ein Stück Straßburger Kunstgeschichte. Von Th. Knorr. — Henry Hymans f. — Personalien. — Wettbewerb: Sfruwelpeter-Hoffmann-
Brunnen in Frankfurt a. M. — Lincoln-Denkmal in Washington. — Ausstellungen in Berlin, Leipzig, Magdeburg. — Kunstgewerbemuseums-
Neubau in Leipzig. — Kunsthistor. Institut in Florenz. — Leipziger Exlibris-Gesellschaft. — Porzellan- und Fayence-Manufaktur in Ottweiler.
— Raccolta delle vere da pozzo (Marmi puteoli) in Venezia. — Zum Streit über den Neuweiler Grabstein.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o.m.b.H., Leipzig *