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Vorträge — Zur Auktion Weber
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jetzt als glückliche Ergänzung in der Münchener Alten
Pinakothek hängen. Etwa in dieser Zeit dürfte auch der
Merkur des Meisters im Nationalmuseum in Stockholm
entstanden sein. Er nähert sich in den Maßen den ge-
nannten drei Bildern in Budapest. a. v. jerey.
Karlsruhe. Auf der Schönleber-Ausstellung des Badi-
schen Kunstvereins wurden für die »Großh. Kunsthalle«
Gemälde von Hermann Dischler-Fxtiburg, Hermann Petzet-
München, G. /Ca«/0/raan«-Grötzingen-Karlsruhe, Karl Biese-
Freudenstadt und Sophie /.^-Karlsruhe erworben.
VORTRÄGE
Unter dem Titel »Die Ergebnisse der Städtebau-
Ausstellungen im Jahre 1910 für die öffentliche Ge-
sundheitspflege« ist das Referat, das Landesbaurat a. D.
C. Rehorst, Beigeordneter der Stadt Köln, auf der 36. Ver-
sammlung des deutschen Vereins für öffentliche Gesund-
heitspflege im September vergangenen Jahres zu Dresden
gehalten hatte, jetzt als Sonderdruck erschienen (Braun-
schweig, Friedrich Vieweg & Sohn). Das Problem des
modernen Städtebaues war das Thema eines Vortrags,
den Rehorst am 18. Januar in Wien gehalten hat. Nach
einer kurzen historischen Einleitung, in der der Vortra-
gende darauf hinwies, daß man sich früher beim Städtebau
ausschließlich von den Bedürfnissen des Verkehrs leiten
ließ, wobei die Hygiene viel zu kurz kam, zählte Rehorst
die Verbesserungen auf, die seither Platz gegriffen
haben. Weitblickende Städteverwaltungen nehmen dar-
auf Rücksicht, daß jetzt niedrigere Häuser mit weiten
Höfen und Gartenanlagen errichtet werden, so daß minde-
stens 4O°/0 des Grundes unverbaut bleiben (in den neuen
Stadtteilen Kölns schreibt Rehorst 50 bis 6o°/0 unverbauter
Fläche vor). Der Ertrag der Häuser leidet darunter nicht,
da die nach den Gärten zu gelegenen Wohnungen die
gleichen Mieten erzielen, wie die nach vorn hinaus ge-
legenen. Hand in Hand damit muß auch die Anlage der
Straßenzüge gehen. Eine größere Breite brauchten nur
die Hauptverkehrsarterien aufzuweisen (der Automobilver-
kehr würde ohnehin in absehbarer Zeit eigene Fahrbahnen
nötig machen); reine Wohnstraßen könnten aber schmaler
und mit wenigen Kosten hergestellt werden. Viel mehr
Gewicht müßte auf große Gartenanlagen und Spielplätze
für die Jugend gelegt werden, die bequem zu erreichen
und miteinander durch Alleen zu verbinden seien. In
Amerika sei dieses Prinzip schon längst in den meisten
Städten durchgeführt worden, zum Beispiel hat Boston in
den letzten 17 Jahren zu diesem Zwecke nicht weniger als
135 Millionen Mark aufgewendet. Zur Frage der Kunst
im Städtebau meinte der Vortragende, man solle hier nicht
sich in Extremen bewegen, nicht lauter krumme, aber auch
nicht lauter rechtwinklige Straßenzüge anlegen, die Grup-
pierung der Häuserviertel müsse sich vielmehr dem Terrain
anpassen, das Stadtgebilde müsse als ein einheitliches
Kunstwerk aufgefaßt werden.
ZUR AUKTION WEBER
Es wird eine gefährliche, neue Methode in den jüng-
sten Auktionskatalogen, und bei den betreffenden Bil-
dern Notizen zu machen in etwa folgender Art: »Im
Jahre 18.. hat der bekannte Kunstgelehrte A. dieses
Bild für einen echten Rembrandt erklärt; 18 . . dagegen
hat Dr. B. es für einen Fabritius gehalten, während Dr.
C. in der .....Zeitung vom Jahre 18 . . es für einen
Maes hält.« Der Sammler, der ein solches Bild kauft, weiß
nun nicht, woran sich zu halten, und das Publikum ruft aus: da
sieht man wieder, wie wenig sicher diese Kunstgelehrten
über Bilder urteilen können! Ein anderes Mal heißt es:
»Dr. X hält dieses Werke für unzweifelhaft echt«. Was
nun aber, wenn Dr. X sich einmal in solchem Falle geirrt
hat? Man lese z. B., was der Webersche Katalog alles
sagt über das große Bild: »Christus mit der Ehebrecherin«
das dem Rembrandt zugeschrieben ist. Ich möchte hier aus-
drücklich betonen, daß ich kein Wort zurücknehme von
meinen Darlegungen über dieses Bild in der Zeitschrift für
bildende Kunst 1898, in meinen »Kritischen Bemerkungen
zur Rembrandt-Ausstellung.« Dr. Hofstede de Groot, der
in einem Aufsatz im Repertorium für die Echtheit des Bildes
eintrat, ist seitdem auch zu anderer Ansicht gekommen, und
wollte, wie ich höre, vor der Auktion dieses irgendwo mit-
teilen. So fühle ich auch das Bedürfnis, mich hier zu äußern
über eine Notiz, die bei der Hobbema-Landschaft Nr. 321
des Weberschen Katalogs abgedruckt steht. Ich habe in
einem schwachen Augenblick das Bild einmal für einen
wirklichen Hobbema gehalten. Aber später habe ich ein-
gesehen, daß Bild und Signatur aus späterer Zeit sind.
Ich möchte nicht, daß jemand, durch diesen Irrtum irre
geführt, das Bild kaufte, um später zu hören, daß ich an-
derer Ansicht geworden bin. Ich schäme mich nicht, offen
zu bekennen, daß ich mich vor einigen zwanzig Jahren
einmal geirrt habe. Auch nachher habe ich mich noch
wohl einmal geirrt. Aber ich glaube, daß wir uns alle
trösten mögen mit dem großen, wahren Wort: Es irrt
der Mensch, so lang er strebt. Der größte Fehler ist, wenn
wir unsere Fehler nicht eingestehen wollen. Und wo ich
die Beruhigung habe, in meinem Leben, tausenden von
Bildern den richtigen Namen gegeben zu haben, will ich
gerne bekennen, daß ich hie und da einmal einen Fehler
machte. Ich glaube auch ohne Selbstüberhebung sagen
zu können, daß ich noch etwas schärfer sehe, und noch
etwas vorsichtiger geworden bin als vor 20 Jahren. —
Ich bin leider auf der Reise und ohne jegliche Hilfe von
Büchern usw.; weiß daher nicht auswendig, ob ich in
meinem obengenannten Artikel über die Amsterdamer Rem-
brandt-Ausstellung den Knabenkopf der Weberschen Samm-
lung, mit Rembrandts großem frühen Monogramm bezeichnet,
erwähnt habe. Sollte ich damals schon gesagt haben, daß
ich die Echtheit dieses Bildes, trotz des Monogramms sehr
bezweifle, dann habe ich nur ausgesprochen, was ich auch
jetzt noch denke. A. Bredius.
Die Redaktion fühlt die Pflicht, zu dieser sehr inter-
essanten Mitteilung des Herrn Dr. A. Bredius noch eine
Bemerkung zu machen: Wenn Herr Dr. Bredius gewisse
Methoden, Auktionskataloge zu verfertigen, tadelt, so kann
dieser Tadel keinesfalls den Weberschen Katalog treffen;
denn er ist kein für den Zweck gemachter Auktionskatalog,
sondern der wörtliche Abdruck des Woermannschen Galerie-
kataloges. Gegenüber dem Freimut des Herrn Dr. Bredius
sei also auch gestattet, darauf hinzuweisen, daß das Auktions-
haus Lepke sich bei der Herausgabe des Kataloges gerade
einer besonders schätzenswerten Objektivität befleißigt hat.
Andererseits sind die Zitate aus der Literatur, welche
Woermanns Katalog begleiten, von diesem Gelehrten mit
reiner, dokumentarischer Sachlichkeit zusammengestellt; wie
nützlich im Interesse der Wissenschaft solche Zusammen-
stellungen sind, zeigt ja gerade der vorliegende Fall: Erst
durch das Zitat der Meinung des Herrn Dr. Bredius, die
er einst hat drucken lassen, bekommen wir nun die neue,
verbesserte Ansicht des holländischen Forschers zu hören.
Inhalt: Münchener Brief. - H. Ronart f. — Personalien. — Perlach-Turm in Augsburg. — Wettbewerb: Warenhaus Wertheim in Berlin. —Wand-
gemälde in der Kirche zu Lippoltshausen. — Ausstellungen in Leipzig, München, Wien, Rom. — Aus dem Haarlemer Stadtrat; Ravene-
Oalerie in Berlin; Erwerbungen durch O. H. Claaß; Österr. Staatsgalerie in Wien; Ein Bild von Hans Baidung in der Sammlung Nemes;
Kunsthalle in Karlsruhe. — Das Problem des modernen Städtebaues. — Zur Auktion Weber.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
Vorträge — Zur Auktion Weber
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jetzt als glückliche Ergänzung in der Münchener Alten
Pinakothek hängen. Etwa in dieser Zeit dürfte auch der
Merkur des Meisters im Nationalmuseum in Stockholm
entstanden sein. Er nähert sich in den Maßen den ge-
nannten drei Bildern in Budapest. a. v. jerey.
Karlsruhe. Auf der Schönleber-Ausstellung des Badi-
schen Kunstvereins wurden für die »Großh. Kunsthalle«
Gemälde von Hermann Dischler-Fxtiburg, Hermann Petzet-
München, G. /Ca«/0/raan«-Grötzingen-Karlsruhe, Karl Biese-
Freudenstadt und Sophie /.^-Karlsruhe erworben.
VORTRÄGE
Unter dem Titel »Die Ergebnisse der Städtebau-
Ausstellungen im Jahre 1910 für die öffentliche Ge-
sundheitspflege« ist das Referat, das Landesbaurat a. D.
C. Rehorst, Beigeordneter der Stadt Köln, auf der 36. Ver-
sammlung des deutschen Vereins für öffentliche Gesund-
heitspflege im September vergangenen Jahres zu Dresden
gehalten hatte, jetzt als Sonderdruck erschienen (Braun-
schweig, Friedrich Vieweg & Sohn). Das Problem des
modernen Städtebaues war das Thema eines Vortrags,
den Rehorst am 18. Januar in Wien gehalten hat. Nach
einer kurzen historischen Einleitung, in der der Vortra-
gende darauf hinwies, daß man sich früher beim Städtebau
ausschließlich von den Bedürfnissen des Verkehrs leiten
ließ, wobei die Hygiene viel zu kurz kam, zählte Rehorst
die Verbesserungen auf, die seither Platz gegriffen
haben. Weitblickende Städteverwaltungen nehmen dar-
auf Rücksicht, daß jetzt niedrigere Häuser mit weiten
Höfen und Gartenanlagen errichtet werden, so daß minde-
stens 4O°/0 des Grundes unverbaut bleiben (in den neuen
Stadtteilen Kölns schreibt Rehorst 50 bis 6o°/0 unverbauter
Fläche vor). Der Ertrag der Häuser leidet darunter nicht,
da die nach den Gärten zu gelegenen Wohnungen die
gleichen Mieten erzielen, wie die nach vorn hinaus ge-
legenen. Hand in Hand damit muß auch die Anlage der
Straßenzüge gehen. Eine größere Breite brauchten nur
die Hauptverkehrsarterien aufzuweisen (der Automobilver-
kehr würde ohnehin in absehbarer Zeit eigene Fahrbahnen
nötig machen); reine Wohnstraßen könnten aber schmaler
und mit wenigen Kosten hergestellt werden. Viel mehr
Gewicht müßte auf große Gartenanlagen und Spielplätze
für die Jugend gelegt werden, die bequem zu erreichen
und miteinander durch Alleen zu verbinden seien. In
Amerika sei dieses Prinzip schon längst in den meisten
Städten durchgeführt worden, zum Beispiel hat Boston in
den letzten 17 Jahren zu diesem Zwecke nicht weniger als
135 Millionen Mark aufgewendet. Zur Frage der Kunst
im Städtebau meinte der Vortragende, man solle hier nicht
sich in Extremen bewegen, nicht lauter krumme, aber auch
nicht lauter rechtwinklige Straßenzüge anlegen, die Grup-
pierung der Häuserviertel müsse sich vielmehr dem Terrain
anpassen, das Stadtgebilde müsse als ein einheitliches
Kunstwerk aufgefaßt werden.
ZUR AUKTION WEBER
Es wird eine gefährliche, neue Methode in den jüng-
sten Auktionskatalogen, und bei den betreffenden Bil-
dern Notizen zu machen in etwa folgender Art: »Im
Jahre 18.. hat der bekannte Kunstgelehrte A. dieses
Bild für einen echten Rembrandt erklärt; 18 . . dagegen
hat Dr. B. es für einen Fabritius gehalten, während Dr.
C. in der .....Zeitung vom Jahre 18 . . es für einen
Maes hält.« Der Sammler, der ein solches Bild kauft, weiß
nun nicht, woran sich zu halten, und das Publikum ruft aus: da
sieht man wieder, wie wenig sicher diese Kunstgelehrten
über Bilder urteilen können! Ein anderes Mal heißt es:
»Dr. X hält dieses Werke für unzweifelhaft echt«. Was
nun aber, wenn Dr. X sich einmal in solchem Falle geirrt
hat? Man lese z. B., was der Webersche Katalog alles
sagt über das große Bild: »Christus mit der Ehebrecherin«
das dem Rembrandt zugeschrieben ist. Ich möchte hier aus-
drücklich betonen, daß ich kein Wort zurücknehme von
meinen Darlegungen über dieses Bild in der Zeitschrift für
bildende Kunst 1898, in meinen »Kritischen Bemerkungen
zur Rembrandt-Ausstellung.« Dr. Hofstede de Groot, der
in einem Aufsatz im Repertorium für die Echtheit des Bildes
eintrat, ist seitdem auch zu anderer Ansicht gekommen, und
wollte, wie ich höre, vor der Auktion dieses irgendwo mit-
teilen. So fühle ich auch das Bedürfnis, mich hier zu äußern
über eine Notiz, die bei der Hobbema-Landschaft Nr. 321
des Weberschen Katalogs abgedruckt steht. Ich habe in
einem schwachen Augenblick das Bild einmal für einen
wirklichen Hobbema gehalten. Aber später habe ich ein-
gesehen, daß Bild und Signatur aus späterer Zeit sind.
Ich möchte nicht, daß jemand, durch diesen Irrtum irre
geführt, das Bild kaufte, um später zu hören, daß ich an-
derer Ansicht geworden bin. Ich schäme mich nicht, offen
zu bekennen, daß ich mich vor einigen zwanzig Jahren
einmal geirrt habe. Auch nachher habe ich mich noch
wohl einmal geirrt. Aber ich glaube, daß wir uns alle
trösten mögen mit dem großen, wahren Wort: Es irrt
der Mensch, so lang er strebt. Der größte Fehler ist, wenn
wir unsere Fehler nicht eingestehen wollen. Und wo ich
die Beruhigung habe, in meinem Leben, tausenden von
Bildern den richtigen Namen gegeben zu haben, will ich
gerne bekennen, daß ich hie und da einmal einen Fehler
machte. Ich glaube auch ohne Selbstüberhebung sagen
zu können, daß ich noch etwas schärfer sehe, und noch
etwas vorsichtiger geworden bin als vor 20 Jahren. —
Ich bin leider auf der Reise und ohne jegliche Hilfe von
Büchern usw.; weiß daher nicht auswendig, ob ich in
meinem obengenannten Artikel über die Amsterdamer Rem-
brandt-Ausstellung den Knabenkopf der Weberschen Samm-
lung, mit Rembrandts großem frühen Monogramm bezeichnet,
erwähnt habe. Sollte ich damals schon gesagt haben, daß
ich die Echtheit dieses Bildes, trotz des Monogramms sehr
bezweifle, dann habe ich nur ausgesprochen, was ich auch
jetzt noch denke. A. Bredius.
Die Redaktion fühlt die Pflicht, zu dieser sehr inter-
essanten Mitteilung des Herrn Dr. A. Bredius noch eine
Bemerkung zu machen: Wenn Herr Dr. Bredius gewisse
Methoden, Auktionskataloge zu verfertigen, tadelt, so kann
dieser Tadel keinesfalls den Weberschen Katalog treffen;
denn er ist kein für den Zweck gemachter Auktionskatalog,
sondern der wörtliche Abdruck des Woermannschen Galerie-
kataloges. Gegenüber dem Freimut des Herrn Dr. Bredius
sei also auch gestattet, darauf hinzuweisen, daß das Auktions-
haus Lepke sich bei der Herausgabe des Kataloges gerade
einer besonders schätzenswerten Objektivität befleißigt hat.
Andererseits sind die Zitate aus der Literatur, welche
Woermanns Katalog begleiten, von diesem Gelehrten mit
reiner, dokumentarischer Sachlichkeit zusammengestellt; wie
nützlich im Interesse der Wissenschaft solche Zusammen-
stellungen sind, zeigt ja gerade der vorliegende Fall: Erst
durch das Zitat der Meinung des Herrn Dr. Bredius, die
er einst hat drucken lassen, bekommen wir nun die neue,
verbesserte Ansicht des holländischen Forschers zu hören.
Inhalt: Münchener Brief. - H. Ronart f. — Personalien. — Perlach-Turm in Augsburg. — Wettbewerb: Warenhaus Wertheim in Berlin. —Wand-
gemälde in der Kirche zu Lippoltshausen. — Ausstellungen in Leipzig, München, Wien, Rom. — Aus dem Haarlemer Stadtrat; Ravene-
Oalerie in Berlin; Erwerbungen durch O. H. Claaß; Österr. Staatsgalerie in Wien; Ein Bild von Hans Baidung in der Sammlung Nemes;
Kunsthalle in Karlsruhe. — Das Problem des modernen Städtebaues. — Zur Auktion Weber.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig