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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0150

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277

Ausgrabungen— Ausstellungen

AUSGRABUNGEN

Die Expedition der Harvard-Universität nach
den Pyramiden. Wir haben an dieser Stelle (Kunstchronik
1910/11, Spalte 417/18) von der so außerordentlich erfolg-
reichen Expedition der Universität Harvard nach den Pyra-
miden von Qiseh berichtet, welche auf die Geschichte der
Baukunst und der Plastik der 4. Dynastie so reiches Licht
geworfen hat und wobei statuarische Werke zum Vorschein
gekommen sind, welche zu dem schönsten und erhabensten
gehören, was die ägyptische Plastik hervorgebracht hat.
Wenn auch nicht bemerkenswert durch Funde von Plastik,
so sind doch die Ausgrabungen an der Pyramide von
Zawiet-El-Aryan, über welche das eben eingetroffene De-
zember-Bulletin 1911 des Museums of fine arts in Boston
berichtet, von großer Bedeutung für die Baugeschichte der
Pyramiden. — Die großen Pyramiden von Oiseh bilden
bekanntlich nur eine einzelne Gruppe in der Reihe könig-
licher Friedhöfe, die sich von Abu-Rawäsh als nördlichsten
Punkt bis zu dem Fayüm ausdehnen. Jede dieser Begräbnis-
stätten ist durch Ruinen von Pyramiden oder noch stehende
bezeichnet. Zawiet-El-Aryan ist die dritte Stätte, liegt also
zwischen Giseh und Sakkara. Die amerikanische Expedition
begann im Jahre 1910, die Ausgiabungen an dem ungefähr
100 m im Durchmesser messenden Schutthügel, der am
Rande des Felsplateaus sichtbar ist. Dieser Schutthügel
von Zawiet-El-Aryan wurde sofort als ein königliches Grab,
wahrscheinlich eine Pyramide mit Dammweg und Taltempel
erkannt. Ihr Äußeres wurde in der Saison 1910/11 von
Trümmern und Schutt gereinigt, wobei man auf einen
Schacht stieß, der bei einer früheren Ausgrabung das
Mauerwerk bis in den Kern der Pyramide durchschnitten
hat. An diesem Querschnitt konnte man erkennen, daß
ein Zentralkern von ungefähr 11 m im Quadrat in pyrami-
daler Form gebaut war und zwar aus von der Umgebung
genommenen rohen Steinen. Auf diesen Kernbau war
eine 260 cm dicke, zweite Schicht gelegt, der sich weitere
13 aus demselben Mauerwerk und in derselben Dichte
anschlössen; die 14 Schichten über dem Kern bildeten
einen Winkel von ungefähr 68° mit der Horizontale. Durch
Vergleich mit den anderen Pyramiden glaubt man aus der
Größe des Winkels darauf schließen zu können, daß die
Zawiah-Pyramide eine Stufenpyramide gleich denen von
Sakkarah und Medum war. Über die Art der Erbauung der
Pyramiden hat bekanntlich Lepsius die Ansicht ausge-
sprochen, daß jeder Pharao, sobald er den Thron bestiegen
hatte, seine Pyramide im kleinen Maßstab begann, um
jedenfalls eines Grabes sicher zu sein. Mit der Zeit ver-
größerte er seine Pyramide mit Lagen, die über die kleine,
ursprüngliche Pyramide gelegt wurden. Starb er, so voll-
endete sein Sohn die letzte Lage. So hatte jeder König
eine Pyramide gleichsam im Maßstab der Länge seiner
Regierung. Lepsius' Ansicht ist vielfach bekämpft und
nicht durchweg bestätigt; aber es ist sicher, daß der Plan von
jeder der drei Giseh-Pyramiden einmal oder zweimal er-
weitert worden ist. Die Schichten der Pyramide von Zawiah
geben wahrscheinlich nur eine zufällige Illustration der Theo-
rie von Lepsius. — Die Schichten- oder Lagepyramiden wur-
den vielmehr daraus in Lagen gebaut, weil sie in der Frühzeit
des Wachsens ägyptischer Steinarchitektur entstanden sind.
Sie sind die frühesten Versuche der Ägypter, die Frage
nach der Art des Gebrauchs von Stein in der Massen-
konstruktion zu lösen. Bei der Zawiah-Pyramide ist außer-
dem noch die geringe Qualität des Steins und die Nach-
ahmung des den Ägyptern seit Jahrhunderten geläufigen
Schlammziegelmauerwerkes zu bemerken. In dieser frü-
hesten Steinarchitektur muß man einfach die strukturalen
Details der Schlammziegelarchitektur kopiert denken. Das

Mauerwerk an der Zawiah-Pyramide, daß aus kleinen, in
ihrem Maßstab nicht viel variierenden Steinen besteht,
ist gerade das, was man von au Schlammziegelwerk
erzogenen Arbeitern erwarten konnte, die hier nur einen
armseligen leicht bröckelnden Stein zur Verfügung hatten.
— Direkte Anhaltspunkte zur Datierung der Pyramide von
Zawiet-El-Aryan wurden nicht gefunden. Da aber Pyramiden
meist von Gräbern anderer Mitglieder der königlichen Fa-
milie und solchen hoher Würdenträger umgeben sind, und
da man einen Friedhof mit Mastabas der 3. Dynastie, welche
Marmorschalen mit dem Namen des Horus Kha-ba bargen,
bei der Pyramide gefunden hat, so läßt sich die Stufen-
pyramide von Zawiet-El-Aryan wohl in das Ende der
3. Dynastie, zu welcher der Pharao Kha-ba gehörte, da-
tieren. — m.

AUSSTELLUNGEN
Das Direktorium der Internationalen Baufach-Aus-
stellung Leipzig 1913 legt in einer Denkschrift den Zweck
und die Ziele dieser ersten Weltausstellung für Bau- und
Wohnwesen dar. Der Herausgeber, Heinrich Pfeiffer,
befürwortet als neuen Typ des Ausstellungswesens die
Welt-Spezialausstellungen. Eine solche wird die Leipziger
Ausstellung von 1913 sein, die das gesamte Gebiet des
Bau- und Wohnwesens umfaßt. Zahlreich sind die Ge-
biete, die von dem Rahmen dieser Ausstellung umschlossen
werden, größere Abschnitte der Denkschrift beschäftigen
sich mit: Städtebau und Siedelungswesen, Architektur,
Wohnwesen, Gartenvorstadt Leipzig-Marienbrunn, Raum-
kunst, Ingenieur-Baukunst, Industrie, Bauhygiene. Diesen
gewaltigen Stoff soll die Veranstaltung wohlgeordnet und
übersichtlich vorführen. Das Verhältnis zwischen baulicher
Entwicklung und Gesamtkultur tritt heute noch deutlicher
in Erscheinung als in früheren Kulturperioden, unsere
soziale Entwicklung wäre nach mancherlei Richtung nicht
möglich gewesen ohne den technischen Fortschritt auf dem
Gebiet des Bauwesens. Der Denkschrift sind Grundrisse,
Lagepläne und eine Vogelperspektive des Ausstellungs-
geländes beigelegt. Dieses Blatt läßt die Größe der
Anlage, die schöne Aufteilung des Geländes, die klare
Gruppierung der Gebäude deutlich erkennen und gibt eine
gute Vorstellung davon, wie imposant der Blick von dem
Haupteingang durch die breite Hauptstraße der Ausstellung
auf das in ihrer Achse liegende und den malerischen Abschluß
bildende gewaltige Völkerschlachtdenkmal wirken muß.

Wien, Ausstellungen. Der Januar brachte uns eine
Reihe sehr interessanter Ausstellungen. In erster Linie ist
die schöne Ausstellung französischer Impressionisten zu
nennen, die die Galerie Miethke veranstaltet hat und die Bilder
von Manet bis Cezanne vereinigt. Das Hauptgewicht ist
auf Werke aus den siebziger und achtziger Jahren gelegt.
Das älteste Bild ist aus der vorimpressionistischen Zeit,
die großen »Ringer« von Courbet vom Jahre 1853. Ein
riesiges Bild mit zwei gewaltigen nackten Ringkämpfern
auf einer von Tribünen umgebenen großen Wiese,
wohl noch ohne Luft, aber ungemein interessant in
der leidenschaftlichen Durchmodellierung der Körper. Von
Manet ist der «Sänger Faure als Hamlet« von 1877 aus-
gestellt, mit starken spanischen Einflüssen, nicht eines seiner
bedeutendsten Porträts; wundervoll dagegen ein spätes Por-
trät von Manets Frau auf einer Bank vor einem dichten
Gartenhintergrund mit tief aufleuchtenden Blumen, das
Ganze in einer meisterhaft breiten und saftigen Behand-
lung; die wenn auch nicht gerade sehr anmutige Person
unübertrefflich bis ins Letzte erfaßt. Daran schließen sich
einige interessante Bilder von Pissarro, besonders die frühen
der siebziger Jahre (»Das Wehr«, »Die Ernte«), ungemein
fein in der Luftstimmung, mehrere Sisleys, eine Reihe von
 
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