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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Wiener Brief, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0204

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29APRT912

KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Hospitalstraße 11 a
Neue Folge. XXIII. Jahrgang 1911/1912 Nr. 25. 26. April 1912.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschritt für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
Leipzig, Hospitalstraße IIa. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

WIENER BRIEF
Am 2. April fand in Wien ein Ereignis statt, das
alle, denen eine Hebung des versumpften Wiener
Kunstlebens am Herzen liegt, mit Freude begrüßt
haben und mit herzlichen Wünschen für ein glück-
liches Gelingen begleiten: es trat die Gründerver-
sammlung einer neuen Künstlervereinigung, des »Bun-
des österreichischer Künstler«, zusammen, der es sich
vor allem zur Aufgabe gestellt hat, die reichen, aber
zersplitterten künstlerischen Kräfte Österreichs, die in
Österreich selbst und im Auslande wirken, zu ge-
meinsamer Arbeit zu vereinigen. Es ist ein ähnlicher
Gedanke, wie er seinerzeit durch die Gründung der
»Kunstschau«, jener Sezession aus der Sezession, in
viel loserer Form ins Leben gerufen wurde, diesmal
aber auf viel reicherer und breiterer, dafür um so
straffer organisierter Grundlage. Damals mußte das
Unternehmen wegen der Interesselosigkeit des Publi-
kums und aus finanziellen Schwierigkeiten sich bald
wieder auflösen. Hoffentlich wird es diesmal dem
neuen Bunde gelingen, zunächst eine sichere finanzielle
Basis zu schaffen, die ein ersprießliches Arbeiten er-
möglichen soll. Bisher sind, wie gesagt, nur die
Gründer der neuen Vereinigung, die weiterhin den
Vorstand bilden werden, eine Auslese von etwa 30
der besten österreichischen Künstler zusammengetreten
und haben die Statuten beraten und angenommen.
Man wird fast durchgehend Namen darunter finden,
die heute weit über lokale Grenzen hinaus Achtung
genießen (nur in ihrer Heimat nicht), oder die Be-
deutendes für die Zukunft versprechen. Beachtens-
wert ist, daß die Mitgliedschaft bei diesem Bunde
die Mitgliedschaft bei andern Vereinigungen nicht
ausschließt; tatsächlich gehören auch eine Reihe von
Mitgliedern bereits bestehender Künstlervereinigungen
dem Vorstande des neuen Bundes an. Es soll eben
nicht eine bestimmte »Richtung«, nicht eine Clique
etabliert werden, sondern alle, auch die entgegen-
gesetzten künstlerischen Bestrebungen, falls sie nur
echt, lebendig und entwicklungfördernd sind, sollen
hier zu gemeinsamer Arbeit zusammengefaßt werden.
Und nicht bloß künstlerische Veranstaltungen, wie
Bundesaustellungen und ähnliches stehen auf dem Pro-
gramme, sondern ebenso wichtig, wenn nicht noch
wichtiger ist das Eingreifen in alle Fragen des öffent-
lichen Kunstlebens, das gerade durch die Zersplitterung
der lebenskräftigen Künstlerschaft bisher völlig dem

Gutdünken reaktionärer und stagnierender Kunst- und
Künstlerkreise ausgeliefert war. Gelingt es dem Bunde,
festen Fuß zu fassen, dann wird auch die Öffentlich-
keit, Stadt, Land, Staat und endlich auch das brave
Publikum, dem heute das Schaffen und die Ansichten
der geistig verkalktesten »Künstler« Ideal und Richt-
schnur sind, die Stimme des jungen Lebens nicht
länger überhören können.

Neuartig sind übrigens die Statuten des Bundes,
die selbst bei einem starken Anwachsen der Mit-
gliederzahl eine Majorisierung durch minderwertige
Elemente ausschließt, indem die Vertretung nach
außen, die Ernennung der Mitglieder, die Kooptie-
rung von Vorstandsmitgliedern und die Wahl des
Präsidenten dem Gründer-Vorstande vorbehalten bleibt,
während die Arbeiten von einem vom Präsidenten
zu wählenden Arbeitsausschusse, dessen Mitglieder
nicht dem Vorstande entnommen sein müssen, zu-
fallen. Durch diese Scheidung zwischen Vorstand
und Arbeitsausschuß, sowie durch die Rechtlosigkeit
der Mitglieder soll eine Reihe von Mißständen, die
sich bei Künstlervereinigungen gezeigt haben, von
vornherein vermieden werden. Zum Schlüsse möchte
ich noch einige von den Gründern nennen, deren
Name ja selbst schon ein Programm ist. Von Künst-
lern, die entweder gar keiner Vereinigung angehörten
oder zur ehemaligen »Kunstschau«-Gruppe gehört
hatten, traten bei: die Architekten Oberbaurat Otto
Wagner, Prof. Josef Hoff mann, Prof. Alfred Roller,
Dr. O. Strnad, E. Wimmer; von Malern Gustav Klimt,
Karl Moll, Prof. Kolo Moser, Ferd. Andri, Prof.
G O. Czeschka, Prof. Berth. Löffler, Prof. E. Orlik,
Oskar Kokoschka, Faistauer, G. Merkel; von Bildhauern:
Franz Metzner, Hugo Lederer, Anton Hanak. Von der
Wiener »Sezession« beteiligen sich der derzeitige Präsi-
dent Arch. Rob. Oerley, der Bildhauer Ivan Mestrovie,
die Maler Grom-Rottmayer und Harlfinger; vom »Hagen-
bund« der Präsident Maler Dr. Rud. Junk, Arch. und
Maler O. Laske, Arch. Keller, Maler Graf; von der
tschechischen Sezession, dem »Manes«, der Präsident
Bildhauer Jan stursa, Arch. Oberbaurat Jan Kotera und
die Maler svabinsky, Prof. J. Preisler und Fr. Simon;
von der »Skupina«, der Sezession aus dem »Manes«,
der Präsident Maler Gocar; von der polnischen »Sztuka«
der Präsident Bildhauer X. Dunikowski, die Maler Jos.
v. Mehoffer, Vlast. Hoffmann und V. Weiß. Man sieht,
daß alle Schattierungen der modernen Richtungen von
 
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