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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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447

Sammlungen — Vereine

448

Märchenreich. Besnard hat während und nach seiner Reise
im »Figaro« einzelne Reisebriefe veröffentlicht und dabei
gezeigt, daß er mit der Feder kaum weniger gut als mit
dem Pinsel umzugehen weiß. Wenn er uns nun seine ganze
Reise in einem Buche bescheren wollte, das zugleich seine
Briefe und alle die hier ausgestellten Malereien und Zeich-
nungen enthielte, so könnte ihm das Publikum kaum ge-
nug Dank wissen. Denn diese überaus schöne und inter-
essante Ausstellung ist ja doch nur eine vorübergehende
Erscheinung, die nie wieder zusammenkommen wird. Dem
hohen Schönheitswerte der ausgestellten Sachen ent-
sprechend haben sich vom ersten Tage der Ausstellung an
die Liebhaber auf diese Schätze geworfen, und nur sehr
wenig davon wird in das Atelier des Malers zurückkehren.
Hoffentlich also bleibt uns als Buch oder Album dieser
indische Abschnitt des Lebenswerkes Besnards als zu-
sammengehöriges Ganzes erhalten. In der Geschichte der
modernen Ausstellungen der letzten zwanzig Jahre steht
diese indische Ernte Besnards an einer der ersten Stellen,
und auf jeden Fall zeigt sie wieder einmal, daß nur in
solchen Sonderausstellungen der wirklich bedeutende Meister
ganz zur Geltung kommen kann. In den gewaltigen Bilder-
märkten der Salons verschwinden diese Meister in dem
großen Ozean der ausgestellten Ölfarbe. Nur wenn sie
für sich allein ausstellen und uns so Gelegenheit geben,
ihre Eigenart ruhig und ungestört zu genießen, erreichen
sie ihre wahre Wirkung. Das haben wir in den nämlichen
Räumen bei Georges Petit seiner Zeit für den Spanier
Sorolla y Bastida, dann für Gaston La Touche und andere
erfahren, das lehrt uns jetzt wieder Albert Besnard.

K.E.Sch.

SAMMLUNGEN
Lissabon. Es wird die Kunstforscher interessieren
zu hören, daß Holbeins »Brunnen des Lebens« dem-
nächst aus dem Königl. Palaste, wo das Bild bisher nur
schwer zugänglich war, in das Museum übergeführt werden
wird. Das Lissaboner Museum ist überhaupt in der letzten
Zeit unter Leitung seines Direktors Figueiredo einer voll-
ständigen Reinigung und Neuordnung unterzogen worden.
Durch die Reinigung haben viele Bilder, auch Dürers
»Heiliger Hieronymus*, gewonnen. Bei dieser Gelegenheit
sei gleich den durch die Presse gegangenen Notizen von
angeblichen Tizianfunden auf dem Boden des Schlosses
usw. widersprochen. Es sind keine Bilder von Wert auf-
gefunden worden.

Dresden. Eine im Juli 1911 begonnene genaue Zählung
der ganzen Sammlung des Kgl. Kupferstichkabinetts er-
gab einen Bestand von 155784 Einzelblättern.

Die Glasscheiben im Louvre. Gelobt sei Herr
Pujalet, der durch die Freundschaft des damaligen Premier-
ministers Caillaux über Nacht zum Leiter des Louvre ge-
wordene ehemalige Polizeikommissar. Vielleicht freilich
gebührt nicht ihm unser Lob, sondern vielmehr dem Kunst-
staatssekretair Berard, der den ehemaligen Soldatenmaler
Dujardin-Beaumetz in dieser hohen Stellung abgelöst hat.
Einer von beiden hat endlich veranlaßt, daß die Glas-
scheiben, welche die Bilder des Louvre bedeckten, wieder
abgenommen werden sollen. Diese Glasscheiben wurden
vor einigen Jahren den Bildern vorgefügt, weil damals ein
Verrückter ein Bild zerkratzt hatte. Daß eine solche Glas-
scheibe kein wirksamer Schutz ist, liegt auf der Hand, und
wenn ein Mensch verrückt genug ist, um mit seinem
Taschenmesser eine bemalte Leinwand zu zerschneiden,
so wird sein Wahnsinn wohl auch zum Zerschlagen einer

Scheibe hinreichen. Wenn also die Scheibe das Bild nicht
vor Narren schützt, so entzieht sie es dagegen den Augen
der Freunde und Bewunderer. Seit der Louvre so ver-
glast ist, geht man da in einer Spiegelgalerie spazieren,
und aus jedem Rahmen schaut unser eigenes Gesicht her-
aus. Bei den Italienern geht das noch einigermaßen an,
abgesehen von den schwarzen Bolognesern und Neapo-
litanern, denn je heller das Bild, desto weniger wirkt es
als Spiegel. Von allen Meisterwerken Rembrandts aber,
welche den Louvre zieren, hat kein sterbliches Auge etwas
gesehen, seit sie von Glas bedeckt wurden. Es ist also
nicht viel weniger als eine Auferstehung, welche der Louvre
durch Zurückziehung der Gläser feiern kann. K. E. Sek.

VEREINE

Deutsch-mährischer Kunstgewerbebund. In sehr
erfreulicher Weise mehren sich die Erfolge der Mitglieder
des Deutsch-mährischen Kunstgewerbebundes, der seinen
Sitz in Brünn hat. Architekt Gottfried Czermak (Brünn)
hat bei dem kürzlich ausgeschriebenen Wettbewerbe für
den großen Neubau der Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt
den 1. Preis gewonnen und die Ausführung übertragen
erhalten. Professor Viktor Schufinsky (Znaim) hat in dem
vom Erzherzog Rainer-Museum ausgeschriebenen Wett-
bewerbe zu künstlerischen Wandbildern für seinen Entwurf
»Znaim von der Eisenbahnbrücke« den Preis empfangen. Die
in Wien lebende Bildhauerin Fräulein Ida Lehmann, ebenfalls
Mitglied des Deutsch-mährischen Kunstgewerbebundes, hat
mit zwei anderen Bildhauerinnen eine bedeutende Sub-
vention des Ministeriums für öffentliche Arbeiten erhalten,
um sich eine eigene Werkstätte in Wien einzurichten.

Der Deutsche Werkbund wird seine fünfte Jahres-
versammlung vom 6.-9. Juni in Wien abhalten.

An der Kgl. Preuß. Handwerker- und Kunstgewerbe-
schule zu Bromberg ist

die Stelle eines Fachlehrers
für dekorative Malerei

zum 1. Oktober d. J. zu besetzen. Der Lehrer soll künst-
lerisch gebildet und in der Ausführung der praktischen
Arbeit erfahren sein, so daß er die Schüler in der
Malerei an Wand, Decke usw. wie im Entwerfen fach-
gemäß unterrichten kann. Hauptwert wird auf Ornament
gelegt, jedoch wird ein Herr, der das Figürliche be-
herrscht und imstande ist, eine Akt- oder Anatomie-
klasse zu leiten, bevorzugt.

Die Anstellung mit Pensionsberechtigung erfolgt nach
zweijähriger Probezeit. Die Remuneration während
dieser Probezeit beträgt 3200 bis 3600 Mk. Unter Um-
ständen wird ein eigenes Atelier zur Verfügung gestellt.
Nach Anstellung wird der Umzug vergütet und beträgt
das Anfangsgehalt 3000 Mk. und 800 Mk. Wohnungs-
geldzuschuß, also zusammen 3800 Mk. und steigt bis
6000 Mk. und 800 Mk. Wohnungsgeldzuschuß, also
zusammen 6800 Mk.

Bewerbungen mit Lebenslauf, Zeugnisabschriften,
Arbeiten und Abbildungen solcher müssen möglichst
umgehend, spätestens bis zum 15. Juli 1912, beim Direktor
der Anstalt eingereicht werden.

Bromberg, im April 1912

Der Direktor

Arno Koernig

Inhalt: Der heutige Stand der Poliphilus-Frage. Von O. Pollak. — O. Schachinger t; R. E. F. Mohn f; S. Jacobsen f. — Personalien. — Wettbewerb
für Innenplakate. — Ausstellungen in Berlin, Dresden, Halle a. S„ München, Saarbrücken, Darmstadt, Wien, Buenos Aires, Amerika, Paris. —
Holbeins »Brunnen des Lebens in Lissabon; Kgl. Kupferstichkabinett in Dresden; Glasscheiben im Louvre. — Deutsch-mährischer Kunst-
gewerbebund; Deutscher Werkbund. _

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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