Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0270

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
517

Nekrologe

518

bedeutende Talent des jungen Künstlers. Das Andenken
des letzteren hat Alma-Tadema nicht nur stets in hohen
Ehren gehalten, sondern auch offen bekannt, daß sein Ein-
fluß entscheidend für ihn blieb. Er half Leys bei Her-
stellung der Fresken im Antwerpener Stadthause, er nahm
die Methode und Farben, sowie endlich auch die antiki-
sierende Richtung des Meisters an, und behielt letztere
getreulich bis zu seinem Tode bei. Leys war ein belgischer
Patriot und bezeugte das regste Interesse für die Geschichte
seines Landes, namentlich aber für die des Mittelalters
und der Renaissance. — Die frühesten von Tadema ge-
schaffenen Werke von Belang stützen sich inhaltlich auf
die Schriften des alten Historikers Oregorius von Tours
und wurzeln in der Geschichte der Merowinger und der
fränkischen Königszeit. Mehr oder minder lehnen sich die
betreffenden Arbeiten dieser Epoche noch an Leys an und
behalten einen Zug des Genres bei, so unter anderen in
»Clotilde am Grabe ihrer Enkel* (1858) und »Die Erziehung
der Kinder Chlodwigs« (1861), zuerst in Antwerpen aus-
gestellt. Aber schon in diesen Gemälden übertrifft Tadema
seinen Lehrer in der schärferen Individualisierung des
Charakters der dargestellten Personen. Als eins der
besten Werke dieser Periode kann »Fredegunde am
Totenbett von Praetextatus« gelten. Die Details der deko-
rativen Elemente zeigen hier die frühesten Beispiele kost-
barer Ausstattung und einen prachtvollen römischen Mosaik-
fußboden. — Bis zum Jahre 1863 verblieb er bei der Dar-
stellung der merowingischen Epoche, um sich dann mit
seinem Gemälde »Ägypten vor 3000 Jahren« dem antiken
Zeitalter zuzuwenden. So ist es dann namentlich das
griechische und römische Altertum, dem Tadema den inhalt-
lichen Stoff seiner Gemälde entnimmt. Schärfe der Zeich-
nung, ein kühler, vornehmer Ton ohne besondere Licht-
reflexe, bilden eine Eigentümlichkeit aller dieser Werke,
zu denen sich aber eine bis zur Virtuosität gehandhabte
Kunst in der Nachahmung des Marmors, der Stoffe, der
Kleidung, Waffen, Gerätschaften, Kunstgegenstände und
besonders der Bronzen hinzugesellt. Wenn es auch fraglich
erscheint, ob das antike Leben sich so zugetragen hat, wie der
verstorbene Meister es darstellte, so macht er es uns doch
sehr annehmbar und wahrscheinlich in seinem malerischen
Vortrag. Ägypten hielt den Künstler etwa drei Jahre fest,
eine Periode, in der ein Dutzend Werke entstanden. Danach
war es bis zu seinem Lebensende Rom und Griechenland, das
ihn fesselte. Im Jahre 1869 erregte namentlich Tademas »Der
Pyrrhische Tanz« berechtigtes Aufsehen in England, woselbst
das Bild in der Königlichen Akademie ausgestellt worden
war. Die Annahme besitzt viel Wahrscheinlichkeit für sich,
daß der Künstler seinen 1870 begonnenen Aufenthalt in
Brüssel schon 1871 abbrach, um nach London überzusiedeln,
weil der Erfolg der Ausstellung dus soeben genannten
Gemäldes hier zu glänzenden Aussichten berechtigte. Diese
realisierten sich auch tatsächlich sehr bald. Gerade die
kühle, leidenschaftslose, aber zarte und äußerst geschmack-
volle Behandlung seines historischen Stoffes und dessen
gesamte technische Ausführung sagten dem englischen
kunstliebenden Publikum, für das er geschaffen zu sein
schien, ungemein zu. Den Post - Impressionisten war
Tadema sehr abgeneigt. »Wenn ich ein Bild aus
dieser Schule sehe«, sagte er gelegentlich zu mir, »fühle
ich so ungefähr, was man als einen Schlag ins Ge-
sicht bezeichnen könnte.« Gegen junge Künstler war er im
übrigen ebenso generös wie ermutigend. 1899 wurde der
Künstler als Baronet in den Adelsstand erhoben. Seine
erste Gattin war eine geborene Mme. de Gressin de Bois-
Girard, von der sich zwei Töchter am Leben befinden.
Die ältere zeichnet sich als Schriftstellerin aus, während
die jüngere in die Fußtapfen ihres Vaters getreten und

eine sehr gute Malerin geworden ist. Die Gesichtszüge
seiner zweiten Gemahlin, der schönen Miss Laura Epps,
die bereits vor drei Jahren verstarb, wurden von dem
Meister in vielen seiner Werke wiedergegeben. Sie selbst
war gleichfalls eine bedeutende Malerin. — Zuerst nach
seiner Übersiedelung nach London hatte Tadema seine
Wohnung und Atelier in Townshead House, im Norden
von Regent Park, aber ein Kahn mit einer Pulverladung
explodierte in der Nähe des Hauses und verwandelte es
in eine Ruine. Er bezog nun ein Haus in Grove End-Road
in St. Johns Wood, das bisher der französische Künstler
Tissot innegehabt hatte. Seit dem Jahre 1897 war Tadema
Mitglied der Königlichen Akademie und 1905 erhielt er den
englischen Orden »Pour le merite« für Kunst und Wissen-
schaft. Er war persönlich ein liebenswürdiger Mensch,
dem ich manche angenehme Stunde in London zu ver-
danken habe. — Des Meisters Gemälde »Dedikation an
Bacchus« wurde vor einigen Jahren für 5600 Guineas,
»Homer« gleichfalls für denselben Preis und »Frühling«
für 4500 £ verkauft. Unter allen Umständen hat sich Sir
Lawrence Alma-Tadema einen bleibenden Platz in der
Kunstgeschichte unserer Epoche gesichert. Seine Beisetzung
fand am 5. Juli in der St. Pauls Kathedrale statt, und er
ruht daselbst in der Nähe von Reynolds, Turner, Holman
Hunt und Landseer. — o. v. Schleinitz.

In Leipzig ist Oskar Bluhm, der mit seinem Freunde
Oskar Zwintscher einer der ältesten Zeichner für die
»Meggendorfer Blätter« war, gestorben, einer der ersten,
die in der Art Reczniceks und Heilemanns Bilder aus der
eleganten Welt für periodisch erscheinende Blätter schufen.

In Hamburg starb im Alter von 78 Jahren der bekannte
Kölner Kunstsammler Freiherr Albert von Oppenheim.
Vor einigen Jahren wurde das Gerücht laut, daß er seine
Sammlung verkauft habe; es handelte sich jedoch nur um
die mittelalterlichen Elfenbeine. Von den rheinischen Ge
mäldesammlungen war die Oppenheimsche die bei weitem
bedeutendste, beinahe die einzige auf Qualität gestellte
Besonders die alten Niederländer, vertreten durch P. Cristus
Bouts und Memling, neben ihnen Originale von Rubens
Rembrandt, Frans Hals und P. de Hooch und vielen an-
deren, auch italienischen und spanischen Meistern, stellten
einen fast einzigartigen Besitz dar. Wohl kein Kunstfreund
versäumte es, in Köln dem weiträumigen Patrizierhause
in der Glockengasse einen Besuch zu machen und durfte
bei dem selten liebenswürdigen alten Herrn immer einer
freundlichen Aufnahme gewiß sein. Er zeigte seine Schätze
gern und hat auch immer freigebig dazu beigetragen, große
Leihausstellungen, besonders die belgischen, zu bereichern.
Nicht so allgemein bekannt waren die plastischen und kunst-
gewerblichen Schätze des Freiherrn Albert. In den letzten
Jahren hat er vornehmlich, aber nicht mit demselben Glück,
Holzplastik erworben; einige dieser Objekte waren eben auf
der »Exposition des miniatures« in Brüssel erstmalig öffent-
lich zurSchau gestellt. Die Sammlungrheinischen Steinzeuges
ist, nicht der Zahl, wohl aber der Qualität nach, zweifellos die
erste in deutschem Privatbesitz. Auch sächsisches Steinzeug
und ein wundervoller Hirsvogel-Krug, ferner italienische
Majoliken und Metallarbeiten verschiedenster Gattung ge-
hören mit erlesenen alten Möbeln zum Kunstbesitz des
Hauses. Der alte, auch bereits verstorbene Kunsthändler
Nicolaus Steinmeyer hat früher den Freiherrn bei seinen
stets wählerischen Ankäufen unterstützt. Zum engeren
Freundeskreise gehörte besonders Domkapitular Schnütgen,
dessen Vorliebe für die kirchliche Kunst des Mittelalters
vom Freiherrn Albert geteilt wurde. Ob die wertvollen
Kunstsammlungen der Stadt Köln erhalten bleiben, muß
fraglich erscheinen. — Erst jetzt wird bekannt, daß die drei
 
Annotationen