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Die Stellung der deutschen Maler vom Beginn des 16. Jahrhunderts
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kopierte, und der in seiner Holzschnittmanier über-
haupt die Augsburger Schulrichtung nicht vergaß.
Aus Tobias Stimmers jüngeren Jahren stammen Hand-
zeichnungen nach Dürers Schnitten und auch sonst
hat er mancherlei Einwirkung der alten Künstler
unterlegen.
A. Stolberg schreibt in seiner Monographie (1901):
»Hat der Schaffhauser Maler in seiner Art zu zeichnen
und zu schattieren manches mit Holbein gemeinsam
---so ist er stellenweise sogar noch dürerisch.
Hier ist ein besonders interessanter Wendepunkt: An-
fang und Ende des Jahrhunderts berühren sich auch
in der Art Tob. Stimmers wieder«.
Ein Nachfolger T. Stimmers war Daniel Lindtmayr,
der 1576 das »Abendmahl« aus Dürers großer Passion
nachzeichnete; Martin Martini, ca. 1562 geb., kopierte
Dürer 1591 und war in seiner Technik stark von ihm
beeinflußt. G. Dietz berichtet in seiner Monographie
des Bartholomäus Spranger (Jahrbuch des Allerhöchsten
Kaiserhauses, Wien Band 28), daß der Meister für
M. Peterle aus Annaberg (nach van Mander) in der
Sankt Aegidius-Kirche in der Prager Neustadt ge-
arbeitet habe. Diez bemerkt hierzu: »Die Schar der
Jünglingsengel mit den Marterwerkzeugen weisen auf
ein älteres Vorbild hin, auf den Dreifaltigkeitsholz-
schnitt Dürers vom Jahre 1511. Auch die Gesichts-
typen sind dürerisch. Dieser leicht erkennbare Ein-
fluß Dürerscher Kunst ist auf Spranger nur ein vor-
übergehender.« In diesem Zusammenhang sei auch
der Federzeichnungen, die Anton Möller aus Danzig
ca. 1579—1582 nach der Passion Dürers, bei Nagler
erwähnt, jetzt unbekannten Aufenthaltortes, in Schnitt-
manier herstellte, gedacht.
Als ein seinerzeit geradezu berühmter Kopist
Dürers galt Hans Hoffmann (seit 1585—1592) in den
Diensten Rudolfs II., der insbesondere, wie bekannt,
die Feinmalereien des Nürnbergers in ausgezeichneter
Weise kopierte. In eben demselben Grade berühmt
als Feinmaler von Tieren und Blumen in Nachahmung
Dürers war Daniel Fröschel (geboren zu Augsburg
1563, Hofmaler Rudolfs II., gestorben 1613), von
dem unter anderem ein Madonnenbild nach Dürers
großer Kohlezeichnung von 1512 existiert. Auch das
berühmte Selbstbildnis Dürers von 1484 hat er kopiert
(London) »anno 1576 am 4. Februar machte ich dies
Konterfeit von dem ab, welches der weitberühmte
A. Dürer mit aigener Hand gemacht« usw. Der Maler
J. G. Fischer stellte sogar im Auftrage Max' I. verschie-
dene Kombinationen aus Dürerschen Arbeiten her.
Die Übermalung des Paumgärtner Altares stammt
aber nach Voll (Führer durch die Pinakothek) nicht
von Fischer, sondern von Hans Brüderl (vergl. zu
diesen Angaben G. Glück, Fälschungen auf Dürers
Namen aus der Sammlung des Erzherzogs Leopold.
Jahrhuch des Allerhöchsten Kaiserhauses, Band 28),
Der interessanteste Kopist älterer Meister ist aber
wohl Philipp Uffenbach in Frankfurt a. M. gewesen.
In seiner Klage Mariae von 1588 verrät er Kenntnis
des Meisters vom Tode der Mariae. In seiner Himmel-
fahrt des Heilandes und im Jüngsten Gericht zu
Frankfurt a. M. übernahm er nicht nur, was in dieser
Stadt bei der soeben gekennzeichneten künstlerischen
Zeitströmung doppelt nahe lag, aus Dürers Himmel-
fahrt der Maria in Frankfurt Figuren, sondern in der
Lichtbehandlung der Heilandsgestalt verwandte er
ersichtlich Erinnerungsbilder an Matthias Grünewald.
Von diesen war er auch nicht frei, als er den ver-
klärten Christus auf dem Weltgericht malte (1599).
»Uffenbach hält fest an Dürers und Grünewalds
Traditionen« (O. Donner v. R. 1901).
Hans Holbeins Einfluß konnte naturgemäß ein
nicht so umfassender sein, da er in erster Hinsicht
als Historienmaler und Porträtist tätig, durch seine
Werke weniger bekannt wurde. Auch vermochte er
mit seinen Arbeiten weder seine Zeit so tief zu fassen
noch sie so interessant für einen späteren Abschnitt
dieser Epoche zu schildern. Trotzdem werden auch
seine Werke in der Nähe des Ortes seiner ersten
Tätigkeit, in Basel bezw. in der Schweiz, gerade in
den in Rede stehenden Jahrzehnten wieder intensiv
beachtet. Vergessen waren sie nie, denn die Fresken
standen an zu sichtbarem Orte, und der Typus, den
er für die Wappenscheibe geschaffen, war zu bekannt.
Und endlich war seine Auffassung der Porträtmalerei
noch immer der Bewunderung aller sicher. Hans
Asper beweist dies vor anderen — in seinem Streben.
Von den Künstlern, die ersichtlich eingehendere
Studien nach Holbein den Jüngeren betrieben, sei
Hans Bock der Ältere genannt, der sicher seit 1572
nach jenes Künstlers Arbeiten zeichnete und malte:
dann dessen Schüler Josef Heintz, von dem wir seit
1582 Zeichnungen besitzen, die Holbeinschen Ein-
fluß verraten; dann hat Tobias Stimmer 156g oder
1570 Holbeins »Haus zum Tanz« gesehen und diese
Malerei bei seinem etwa 1570 für das »Haus zum
Ritter« in Schaffhausen gelieferten Fresken verwandt;
Daniel Lindtmayr ist eigentlich ohne Holbein kaum
zu verstehen. Durch Josef Heintz werden wir auf
einen anderen altdeutschen Maler hingewiesen, dessen
Andenken auch damals wieder stärker auflebte, auf
Cranach den Älteren. In der Kaiserlichen Gemälde-
galerie zu Wien hängt eine »Judith« von der Hand
Cranachs, die Heintz in eine »Lucretia« ummalte.
(Vgl. hier überall Haendcke, Gesch. der Schweiz.
Malerei im 16. Jahrh., 1894.) Cranachs Arbeiten
waren innerhalb seines Wirkungskreises sogar noch
1652 so geschätzt, daß Hans Böhme der Ältere in
dem »Predellenrelief« seines Altares zu Netzschkau
das Cranachsche Altarbild in Schneeberg als Vorlage
nahm (Haendcke, Studien zur Gesch. der sächs. Hoch-
renaissance und Barock-Plastik, 1907). Hans Kuppel-
wieser, seit 1552 Schüler des jüngeren Cranach, trug
die Einflüsse der sächsischen Schule in den äußersten
Osten. Albert v. Soest kopiert 1585 die Dreifaltigkeit
Dürers in einem Papierrelief und verwendet schon
1577 an der Tür des Lüneburger Rathauses Arbeiten von
Aldegrever, Pentz und L. v. Leyden (W. Behnke, 1901).
Unbeschadet der Tatsache, daß durch die bis um
die Mitte des Jahrhunderts lebenden Kleinmeister (Pencz,
gestorben 1550, Aldegrever, gestorben 1555, Beham,
gestorben 1550) eine stofflich allerdings stark ein-
geengte Tradition vom Anfang des 16. Jahrhunderts
Die Stellung der deutschen Maler vom Beginn des 16. Jahrhunderts
582
kopierte, und der in seiner Holzschnittmanier über-
haupt die Augsburger Schulrichtung nicht vergaß.
Aus Tobias Stimmers jüngeren Jahren stammen Hand-
zeichnungen nach Dürers Schnitten und auch sonst
hat er mancherlei Einwirkung der alten Künstler
unterlegen.
A. Stolberg schreibt in seiner Monographie (1901):
»Hat der Schaffhauser Maler in seiner Art zu zeichnen
und zu schattieren manches mit Holbein gemeinsam
---so ist er stellenweise sogar noch dürerisch.
Hier ist ein besonders interessanter Wendepunkt: An-
fang und Ende des Jahrhunderts berühren sich auch
in der Art Tob. Stimmers wieder«.
Ein Nachfolger T. Stimmers war Daniel Lindtmayr,
der 1576 das »Abendmahl« aus Dürers großer Passion
nachzeichnete; Martin Martini, ca. 1562 geb., kopierte
Dürer 1591 und war in seiner Technik stark von ihm
beeinflußt. G. Dietz berichtet in seiner Monographie
des Bartholomäus Spranger (Jahrbuch des Allerhöchsten
Kaiserhauses, Wien Band 28), daß der Meister für
M. Peterle aus Annaberg (nach van Mander) in der
Sankt Aegidius-Kirche in der Prager Neustadt ge-
arbeitet habe. Diez bemerkt hierzu: »Die Schar der
Jünglingsengel mit den Marterwerkzeugen weisen auf
ein älteres Vorbild hin, auf den Dreifaltigkeitsholz-
schnitt Dürers vom Jahre 1511. Auch die Gesichts-
typen sind dürerisch. Dieser leicht erkennbare Ein-
fluß Dürerscher Kunst ist auf Spranger nur ein vor-
übergehender.« In diesem Zusammenhang sei auch
der Federzeichnungen, die Anton Möller aus Danzig
ca. 1579—1582 nach der Passion Dürers, bei Nagler
erwähnt, jetzt unbekannten Aufenthaltortes, in Schnitt-
manier herstellte, gedacht.
Als ein seinerzeit geradezu berühmter Kopist
Dürers galt Hans Hoffmann (seit 1585—1592) in den
Diensten Rudolfs II., der insbesondere, wie bekannt,
die Feinmalereien des Nürnbergers in ausgezeichneter
Weise kopierte. In eben demselben Grade berühmt
als Feinmaler von Tieren und Blumen in Nachahmung
Dürers war Daniel Fröschel (geboren zu Augsburg
1563, Hofmaler Rudolfs II., gestorben 1613), von
dem unter anderem ein Madonnenbild nach Dürers
großer Kohlezeichnung von 1512 existiert. Auch das
berühmte Selbstbildnis Dürers von 1484 hat er kopiert
(London) »anno 1576 am 4. Februar machte ich dies
Konterfeit von dem ab, welches der weitberühmte
A. Dürer mit aigener Hand gemacht« usw. Der Maler
J. G. Fischer stellte sogar im Auftrage Max' I. verschie-
dene Kombinationen aus Dürerschen Arbeiten her.
Die Übermalung des Paumgärtner Altares stammt
aber nach Voll (Führer durch die Pinakothek) nicht
von Fischer, sondern von Hans Brüderl (vergl. zu
diesen Angaben G. Glück, Fälschungen auf Dürers
Namen aus der Sammlung des Erzherzogs Leopold.
Jahrhuch des Allerhöchsten Kaiserhauses, Band 28),
Der interessanteste Kopist älterer Meister ist aber
wohl Philipp Uffenbach in Frankfurt a. M. gewesen.
In seiner Klage Mariae von 1588 verrät er Kenntnis
des Meisters vom Tode der Mariae. In seiner Himmel-
fahrt des Heilandes und im Jüngsten Gericht zu
Frankfurt a. M. übernahm er nicht nur, was in dieser
Stadt bei der soeben gekennzeichneten künstlerischen
Zeitströmung doppelt nahe lag, aus Dürers Himmel-
fahrt der Maria in Frankfurt Figuren, sondern in der
Lichtbehandlung der Heilandsgestalt verwandte er
ersichtlich Erinnerungsbilder an Matthias Grünewald.
Von diesen war er auch nicht frei, als er den ver-
klärten Christus auf dem Weltgericht malte (1599).
»Uffenbach hält fest an Dürers und Grünewalds
Traditionen« (O. Donner v. R. 1901).
Hans Holbeins Einfluß konnte naturgemäß ein
nicht so umfassender sein, da er in erster Hinsicht
als Historienmaler und Porträtist tätig, durch seine
Werke weniger bekannt wurde. Auch vermochte er
mit seinen Arbeiten weder seine Zeit so tief zu fassen
noch sie so interessant für einen späteren Abschnitt
dieser Epoche zu schildern. Trotzdem werden auch
seine Werke in der Nähe des Ortes seiner ersten
Tätigkeit, in Basel bezw. in der Schweiz, gerade in
den in Rede stehenden Jahrzehnten wieder intensiv
beachtet. Vergessen waren sie nie, denn die Fresken
standen an zu sichtbarem Orte, und der Typus, den
er für die Wappenscheibe geschaffen, war zu bekannt.
Und endlich war seine Auffassung der Porträtmalerei
noch immer der Bewunderung aller sicher. Hans
Asper beweist dies vor anderen — in seinem Streben.
Von den Künstlern, die ersichtlich eingehendere
Studien nach Holbein den Jüngeren betrieben, sei
Hans Bock der Ältere genannt, der sicher seit 1572
nach jenes Künstlers Arbeiten zeichnete und malte:
dann dessen Schüler Josef Heintz, von dem wir seit
1582 Zeichnungen besitzen, die Holbeinschen Ein-
fluß verraten; dann hat Tobias Stimmer 156g oder
1570 Holbeins »Haus zum Tanz« gesehen und diese
Malerei bei seinem etwa 1570 für das »Haus zum
Ritter« in Schaffhausen gelieferten Fresken verwandt;
Daniel Lindtmayr ist eigentlich ohne Holbein kaum
zu verstehen. Durch Josef Heintz werden wir auf
einen anderen altdeutschen Maler hingewiesen, dessen
Andenken auch damals wieder stärker auflebte, auf
Cranach den Älteren. In der Kaiserlichen Gemälde-
galerie zu Wien hängt eine »Judith« von der Hand
Cranachs, die Heintz in eine »Lucretia« ummalte.
(Vgl. hier überall Haendcke, Gesch. der Schweiz.
Malerei im 16. Jahrh., 1894.) Cranachs Arbeiten
waren innerhalb seines Wirkungskreises sogar noch
1652 so geschätzt, daß Hans Böhme der Ältere in
dem »Predellenrelief« seines Altares zu Netzschkau
das Cranachsche Altarbild in Schneeberg als Vorlage
nahm (Haendcke, Studien zur Gesch. der sächs. Hoch-
renaissance und Barock-Plastik, 1907). Hans Kuppel-
wieser, seit 1552 Schüler des jüngeren Cranach, trug
die Einflüsse der sächsischen Schule in den äußersten
Osten. Albert v. Soest kopiert 1585 die Dreifaltigkeit
Dürers in einem Papierrelief und verwendet schon
1577 an der Tür des Lüneburger Rathauses Arbeiten von
Aldegrever, Pentz und L. v. Leyden (W. Behnke, 1901).
Unbeschadet der Tatsache, daß durch die bis um
die Mitte des Jahrhunderts lebenden Kleinmeister (Pencz,
gestorben 1550, Aldegrever, gestorben 1555, Beham,
gestorben 1550) eine stofflich allerdings stark ein-
geengte Tradition vom Anfang des 16. Jahrhunderts