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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0331

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639

Vermischtes

— Literatur

640

kommen, 30—40 ließ der Unterpräfekt von Elverfeld zur Aus-
stattung seines Hofes am hiesigen Domplatze abholen, wieder
andere wurden von verschiedenen Bürgern der Stadt in Besitz
genommen. Nach der Auflösung der französischen Herr-
schaft wurden die obengenannten zwölf Bilder von der
hessischen Regierung aus Irrtum statt nach Paderborn nach
Münster gesandt, wo sie im Königlichen Schlosse ihren
Platz gefunden haben. Durch die Bemühungen des Herrn
Brand, des letzten Lehrers der Trivialschule, wurden die
übrigen Bilder auf Anordnung des Oberpräsidenten von
Vincke zu Münster wieder zusammengebracht, soweit es
möglich war. Es sind ihrer jetzt noch 49, die zumeist in
den Korridoren und den Hörsälen der philosophisch theo-
logischen Lehranstalt und des Priesterseminars nach einer
auf Kosten des bischöflichen Stuhles durch den Kölner
Maler Willms vollzogenen Restauration ihre bleibende Stätte
gefunden haben. (Vertrag vom 20. November 1902)«.

Da Karel Fabritius, der bedeutendste Schüler Rem-
brandts, bereits am 12. Oktober 1654 durch Auffliegen des
Delfter Pulvermagazins ums Leben kam, so können als
Maler der »75 Paderborner« Bilder nur Bernhart Fabritius,
geb. um 1620 zu Delft, f nach 1669, und Kilian Fabritius.
Landschafts- nnd Historienmaler, Hofmaler bei Kurfürst
Johann Oeorg IL von Sachsen, zu Dresden 1633—1680,
in Frage kommen. Das Allgemeine Künstler-Lexikon von
A. Seubert (Frankfurt a. M. 1882) sagt von Kilian: »Seine
historischen Zeichnungen sollen seiner Zeit gesucht ge-
wesen sein und seine Landschaften werden als sehr wahr
gerühmt usw.«

Über den sonstigen Inhalt des Vertrages vom 20. No-
vember 1902 ist aus der Festschrift nichts ersichtlich.

Es wäre aber doch sehr zu bedauern, wenn die jetzt
noch in Paderborn nachweisbaren 49 Gemälde dort in
den Korridoren und Hörsälen des Priesterseminars »ihre
bleibende Stätte gefunden« haben sollten. Dies gilt auch
von den im Königl. Schlosse zu Münster aufbewahrten
zwölf Gemälden.

Können sie an diesen für Wenige zugänglichen Orten
diejenige Beachtung finden, die sie in der Tat zu verdienen
scheinen? Man bedenke doch, daß es sich um Kunstwerke
handelt, die ursprünglich ein fürstbischöfliches Residenz-
schloß zierten und die dann, wenn auch nur zum Teil,
für wert erachtet wurden, königliche Präfekturgebäude und
Schlösser zu schmücken. Dort, wo die Bilder heute hängen,
hängen sie in der Verbannung. Wäre es nicht möglich,
sie alle wieder zu vereinigen und ans Licht zu bringen und
sie so den Kunsthistorikern, den Geschichtsforschern, na-
mentlich denen für Heimatkunde, und dem großen Kreise
der kunstverständigen Laien zugänglich zu machen? Ließe
sich eine solche Vereinigung durch Zusammenwirken der
zuständigen Stellen nicht etwa im Provinzial-Museum zu
Münster veranstalten? Das Weitere könnte getrost den
illustrierten Kunstzeitschriften überlassen werden.

Vollmer, Geh. Just.-Rat, Bromberg.

Zu Dürers Zeichnungen. Die Federzeichnung
Dürers aus der Sammlung Bonnat in Paris (Lippmann 355)
vom Jahre 1510 stellt den Ort Heroldsberg dar, der zwischen
Nürnberg und dem auch von Dürer her bekannten Dorfe
Kalchreuth liegt. Charakteristisch sind für Heroldsberg die
erhöhte Lage der Kirche, der Kirchturm mit den vier Eck-
türmchen und der hohe Chor, davor die drei Herrensitze
der v. Oeuderischen Familie, in deren Besitz der Ort schon
1391 gelangte, schließlich der Weiher zu Füßen des rechten
Schlößchens. Eine beabsichtigte Gegenüberstellung von

Natur und Federzeichnung in Abbildungen dürfte die ge-
machte Beobachtung ohne weiteres bestätigen.

Dr. Mitius, Erlangen.

VERMISCHTES

Ein neuer Palast auf den »Zartere« in Venedig.
Unter den in der letzten Zeit hier entstandenen Neubauten
nimmt der vom Architekten Sardi auf dem »Zattere« erbaute,
unlängst enthüllte Palazzo Scarpa unstreitig die erste Stelle
ein. Wenn auch das Hotel Bauer-Grünwald am Canal
Grande Sardis Hauptwerk bleibt, so ist oben genannter
Palast, trotzdem er nicht den Vorteil hat sich, aus dem
Wasser zu erheben, von großem Reize der Formen und
zeigt von neuem, wie Sardi in den Geist der venezia-
nischen Gotik einzugehen weiß. Obgleich manche ver-
langen, hier wie anderswo modern gehaltene Bauten auf-
zuführen, so bleibt doch das Venezianisch-Gotische der-
jenige Stil, der sich am natürlichsten in die hiesige Um-
gebung einfügt. — Auch für diesen Palazzo Scarba suchte
Sardi mit allen Mitteln das Malerisch-Koloristische zur
Geltung zu bringen. Der, ohne das Erdgeschoß zu rechnen,
drei Stockwerk hohe Bau zeigt drei Portale mit Bronzetüren
geschlossen. Das Hauptportal, sowie eine Anzahl Balkons
sind mit plastischem Schmucke reich verziert. Besonders
interessant ist die Lösung der etwas über die anstoßenden
Gebäude vortretenden Ecke mit ihren drei Balkons.
Manches ist vielleicht zu reich entwickelt. Zu allen Ver-
satzstücken wurde der schönste Marmor verwendet.
So macht denn das Ganze einen überraschenden, über-
aus imposanten und erfreulichen Eindruck.

August Wolf.

LITERATUR

E. G. Gardner, The Painters of the School of Ferrara.
1911 (London, Duckworth).
Dieser Band der Serie »Library of Art« gibt eine über-
aus gewissenhaft bearbeitete Zusammenstellung der For-
schungsresultate der letzten Jahrzehnte und der vorangehen-
den, sowie älteren Lokalliteratur. Gardners Darstellung
beginnt mit den Trecentomeistern, über die freilich nicht
viel zu sagen ist, wenn man die vom Verfasser herange-
zogenen Modenesen Tommaso und Barnaba beiseite läßt.
Der älteste ferraresische Maler, der uns als greifbare
künstlerische Gestalt entgegentritt, ist Antonio Alberti (An-
tonius de Ferrara), dessen Haupttätigkeit in die dreißiger
Jahre des fünfzehnten Jahrhunderts fällt. Aber erst mit
dem Auftreten des Cosimo Tura, um die Mitte des Jahr-
hunderts, erhält die Schule von Ferrara eine größere Be-
deutung, die dann bis weit ins 16. Jahrhundert hinein stän-
dig wächst. Selbst die Meister der Verfallszeit, ein Ortolano,
Garofalo oder Girolamo da Carpi, entbehren nicht hoher
künstlerischer Qualitäten, besonders durch das schöne Kolorit.
Diese ganze Entwicklung, deren Höhepunkt im 15. Jahr-
hundert durch Francesco del Cossa und Ercole Roberti,
im 16. durch Dosso Dossi gebildet wird, kann man in der
Darstellung Gardners bequem verfolgen. Das angenehm
geschriebene, hübsch ausgestattete Buch wird vielen ein
willkommenes Hilfsmittel sein, besonders auch durch die
sehr umfangreiche Bibliographie. Zum Schluß sind noch
Listen der Werke auch weniger bedeutender ferraresischer
Maler, wie Coltellini, Falzagalloni, Benedetto Coda usw.
beigegeben, die jedoch ziemlich unvollständig ausgefallen
sind. Zahlreiche ganzseitige Tafeln vervollständigen den
Text. -th.

Inhalt: Ausstellung für Kunstunterricht, Zeichnen und angewandte Kunst Dresden 1912. Von P. Schumann...— El Orecos Grab. Von Aug. L. Mayer.

— Wallot-Denkmal in Berlin; Welti-Denkmal für die Schweiz; .Freiheitsdenkmal in Manila. — Ägypt. Abteilung des Berliner Museums;
Museum in Merseburg; Sammlung für deutsche Volkskunde; Provinzialmuseum in Hannover. — Forschungen.— Vermischtes. — Literatur.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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