ragen auf lLisenstangen über das Trottoir herüber,
— es ist eine Lust, dabei noch an palladio zu denken
und an Scamozzi! —
Tausends wandeln heute durch die eleganten
Straßen unserer Städte, bewundern die prachtvollen,
stilvollen Architekturen, bewundern nicht niinder die
Fülle kostbarer Runstindustrie-Artikel in den Auslagen,
— daß aber diese Auslagen selbst in ihren Aontrasten,
chren krassen Disharmonien dsr Lormen, mit der bru-
talen Rücksichtslosigkeit chrer Lrscheinung sowohl gegen
die Fassade des bsauses, in dem sie sich befinden, als
gsgen diejenige der Nachbargeschäfte, alle bsarmonie,
alle Schönheit des Ganzen stören, — das bemerken
die Guten nicht! And darin manifestirt sich eben
wieder die verlogeicheit, die Unwahrheit unseres mo-
dernen Aunstsanatismus und -Lnthusiasmus! In der
Theorie entwerfen wir herrliche j?aläste, mühen sich
unsere Architekten ab, um streng stilgerecht zu schaffen,
erhebt sich ein furchtbares Geschrei unter den Aennern,
wenn nur ein Grnamcnt aus der Art geschlagen ist,
— und wenn nun das praktische Nioment seine
Stimme erhebt, das wirkliche Lebensbedürfnis, dann
lassen wir uns ohne Weiteres alle unsere schänen
sZdeale, unsere festen jDrinzipien umwerfen und zer-
stören, und nicht einmal der miserable Laden ordnet
sich dem Gesetze d'er Uunst und des Stiles unter,
sondern darf seinen Nlißton geben in das Lnsemble,
wie es dem Ligner beliebt.
Aber mit den Laden ist es noch nicht abgethan.
Gben wohnen auch noch Leute und auch die haben
ihre Bedürfnisse, ihre Interessen, an die Gffentlichkeit
zu treten, ihre Geschäste, Bureaux, Rontors. Im
ersten Stock wohnt der Advokat, er hat die Säulen
des ^austhores mit Blechtafeln überzogen, welche sich
um deren seine Rannelüren den Äukuk kümmern, um
nur recht auffallend zu verkündigen, daß Lserr Dr.
Zohann Nleyer im ersten chtock, Thür Nr. 6, logirt.
Der Damen-Ronfektionssalon der Fran Anna Fischer
im zweiten Stock hat gar ein schwarzes Lchild von
zehn Meter Höhe ausgehängt, welches quer über alle
die zierlichen Fensterbekrönungen und Lornichen hin-
wegläuft und sie unbarmherzig versteckt, die der Archi-
tekt doch so mühsam und geschmackvoll entworsen hat.
Und selbst die Attika des Daches ist noch von der
Riesenfirma einer Galanterie-Maaren-Fabrik verkleidet
worden, die im sünften chtock ihr Mesen treibt, —
was bleibt da noch von der Architektur, und warum
bauen wir nicht Risten aus Ziegeln, damit sie mit
chchildern bedeckt werden, wozu plageu sich unsere
Rünstler noch mit Architektonik und Grnamentik und
all dem veralteten, heute ganz zwecklosen Zeug!
Unsere Vorfahren waren auch Uaufleute, hatten
auch Laden und Ulagazine, aber sie steckten höchstens
ein Lisenschild aus, das in seiner kunstreichen Schmiede-
arbeit das ganze Haus zierte, sie betrachteten ihr Ge-
wölbe stets nur als Teil des Lsauses und dachten nicht
daran, ihre Thür und dazugehörige zwei Fenster in
ein prachtding für sich zu verwandeln, das sich als
selbstständige Architektur rücksichtslos in die Architektur
des Gebäudes eindrängen dürfe, ungeachtet dessen,
daß der Nachbar vielleicht schon wieder eine andere
Architektur seines Ladens zu Uiarkte bringen werde.
Der Bazar einec orientalischen Stadt ist mit seinen
willkürlich errichteten verkaufsständen gewiß keine
^ architektonisch-systematisch geschaffene Anlage, aber er
ist doch nichtsdestoweniger schön und ein künstlerisch-
wertvolles Ganzes. Die bunte pracht der Maren,
der Teppiche, der Metallgefäße, des chchmuckes bildet
sein künstlerisches Rloment, die Linrahmung durch die
Form der Buden zerstört das Bild in keiner Meise.
Und selbst der Zahrmarkt des unscheinbarsten deutschen
Dörfchens hat mit dem Gewühl seiner Hütten und
ihrer Maaren noch seine Reize, — die elegante Lorso-
straße aber mit ihren Laden, welche lauter selbständige
prachtarchitekturen seiu wollen, ist ein Scheusal, wider-
lich für jeden guten Geschmack und Stilsinn.
Das Beispiel mag dazu dienen, das Lingangs
Gesagte zu beleuchten. lvir strotzen von lauter Runst-
sinn. Der mächtige Runstsinn, den wir haben, läßt
uns nur in großartigen Renaissancepalästen wohnen,
aber der Alles durchglühende Runstsinn lebt auch im
Nbb. S2. Dnirnncnt vc»n Ibcnbcl ciner untcritnliscbcn vnsc, <3.
Aabrb. V. Lkr.>. Nus ÄUcgls „Nltcricntuliscbcn Hcppicbcn".
einzelnen Rrämer, und seine Boutique im Lrdgeschoß
wird schon wieder zu einem besonderen Runstwerk und
die des Nachbars gleichfalls. Lauter Runst, nichts
als Beweise der Kunstliebe und des Geschmacks, —
nur das bischen Geschmack geht uns ab, daß ern
edler Geist harmonisch durch das Ganze gehen sollte;
Alles zeigt sich von unserer Kunstbildung durchtränkt,
— fehlt leider nur das geistige Band!
Mir strotzen von Knnstsinn. Noch unsere Lltern
dachten nicht daran, daß die dem alltäglichen Be-
dürfnis dienende Mohnung, in der sie hausten, ein
Rkuseum sein solle. Damit will ich nicht sagen, daß
das verlangen nach edlem, künstlerischen Schmuck des
Heims etwas Tadelnswertes wäre, aber die Sache hat
sben wieder Dimensionen angenommen, in denen ein
an sich erfreuliches Streben zur Thorheit geworden.
Rlan mag gegen die Linrichtung der Behausung in
— es ist eine Lust, dabei noch an palladio zu denken
und an Scamozzi! —
Tausends wandeln heute durch die eleganten
Straßen unserer Städte, bewundern die prachtvollen,
stilvollen Architekturen, bewundern nicht niinder die
Fülle kostbarer Runstindustrie-Artikel in den Auslagen,
— daß aber diese Auslagen selbst in ihren Aontrasten,
chren krassen Disharmonien dsr Lormen, mit der bru-
talen Rücksichtslosigkeit chrer Lrscheinung sowohl gegen
die Fassade des bsauses, in dem sie sich befinden, als
gsgen diejenige der Nachbargeschäfte, alle bsarmonie,
alle Schönheit des Ganzen stören, — das bemerken
die Guten nicht! And darin manifestirt sich eben
wieder die verlogeicheit, die Unwahrheit unseres mo-
dernen Aunstsanatismus und -Lnthusiasmus! In der
Theorie entwerfen wir herrliche j?aläste, mühen sich
unsere Architekten ab, um streng stilgerecht zu schaffen,
erhebt sich ein furchtbares Geschrei unter den Aennern,
wenn nur ein Grnamcnt aus der Art geschlagen ist,
— und wenn nun das praktische Nioment seine
Stimme erhebt, das wirkliche Lebensbedürfnis, dann
lassen wir uns ohne Weiteres alle unsere schänen
sZdeale, unsere festen jDrinzipien umwerfen und zer-
stören, und nicht einmal der miserable Laden ordnet
sich dem Gesetze d'er Uunst und des Stiles unter,
sondern darf seinen Nlißton geben in das Lnsemble,
wie es dem Ligner beliebt.
Aber mit den Laden ist es noch nicht abgethan.
Gben wohnen auch noch Leute und auch die haben
ihre Bedürfnisse, ihre Interessen, an die Gffentlichkeit
zu treten, ihre Geschäste, Bureaux, Rontors. Im
ersten Stock wohnt der Advokat, er hat die Säulen
des ^austhores mit Blechtafeln überzogen, welche sich
um deren seine Rannelüren den Äukuk kümmern, um
nur recht auffallend zu verkündigen, daß Lserr Dr.
Zohann Nleyer im ersten chtock, Thür Nr. 6, logirt.
Der Damen-Ronfektionssalon der Fran Anna Fischer
im zweiten Stock hat gar ein schwarzes Lchild von
zehn Meter Höhe ausgehängt, welches quer über alle
die zierlichen Fensterbekrönungen und Lornichen hin-
wegläuft und sie unbarmherzig versteckt, die der Archi-
tekt doch so mühsam und geschmackvoll entworsen hat.
Und selbst die Attika des Daches ist noch von der
Riesenfirma einer Galanterie-Maaren-Fabrik verkleidet
worden, die im sünften chtock ihr Mesen treibt, —
was bleibt da noch von der Architektur, und warum
bauen wir nicht Risten aus Ziegeln, damit sie mit
chchildern bedeckt werden, wozu plageu sich unsere
Rünstler noch mit Architektonik und Grnamentik und
all dem veralteten, heute ganz zwecklosen Zeug!
Unsere Vorfahren waren auch Uaufleute, hatten
auch Laden und Ulagazine, aber sie steckten höchstens
ein Lisenschild aus, das in seiner kunstreichen Schmiede-
arbeit das ganze Haus zierte, sie betrachteten ihr Ge-
wölbe stets nur als Teil des Lsauses und dachten nicht
daran, ihre Thür und dazugehörige zwei Fenster in
ein prachtding für sich zu verwandeln, das sich als
selbstständige Architektur rücksichtslos in die Architektur
des Gebäudes eindrängen dürfe, ungeachtet dessen,
daß der Nachbar vielleicht schon wieder eine andere
Architektur seines Ladens zu Uiarkte bringen werde.
Der Bazar einec orientalischen Stadt ist mit seinen
willkürlich errichteten verkaufsständen gewiß keine
^ architektonisch-systematisch geschaffene Anlage, aber er
ist doch nichtsdestoweniger schön und ein künstlerisch-
wertvolles Ganzes. Die bunte pracht der Maren,
der Teppiche, der Metallgefäße, des chchmuckes bildet
sein künstlerisches Rloment, die Linrahmung durch die
Form der Buden zerstört das Bild in keiner Meise.
Und selbst der Zahrmarkt des unscheinbarsten deutschen
Dörfchens hat mit dem Gewühl seiner Hütten und
ihrer Maaren noch seine Reize, — die elegante Lorso-
straße aber mit ihren Laden, welche lauter selbständige
prachtarchitekturen seiu wollen, ist ein Scheusal, wider-
lich für jeden guten Geschmack und Stilsinn.
Das Beispiel mag dazu dienen, das Lingangs
Gesagte zu beleuchten. lvir strotzen von lauter Runst-
sinn. Der mächtige Runstsinn, den wir haben, läßt
uns nur in großartigen Renaissancepalästen wohnen,
aber der Alles durchglühende Runstsinn lebt auch im
Nbb. S2. Dnirnncnt vc»n Ibcnbcl ciner untcritnliscbcn vnsc, <3.
Aabrb. V. Lkr.>. Nus ÄUcgls „Nltcricntuliscbcn Hcppicbcn".
einzelnen Rrämer, und seine Boutique im Lrdgeschoß
wird schon wieder zu einem besonderen Runstwerk und
die des Nachbars gleichfalls. Lauter Runst, nichts
als Beweise der Kunstliebe und des Geschmacks, —
nur das bischen Geschmack geht uns ab, daß ern
edler Geist harmonisch durch das Ganze gehen sollte;
Alles zeigt sich von unserer Kunstbildung durchtränkt,
— fehlt leider nur das geistige Band!
Mir strotzen von Knnstsinn. Noch unsere Lltern
dachten nicht daran, daß die dem alltäglichen Be-
dürfnis dienende Mohnung, in der sie hausten, ein
Rkuseum sein solle. Damit will ich nicht sagen, daß
das verlangen nach edlem, künstlerischen Schmuck des
Heims etwas Tadelnswertes wäre, aber die Sache hat
sben wieder Dimensionen angenommen, in denen ein
an sich erfreuliches Streben zur Thorheit geworden.
Rlan mag gegen die Linrichtung der Behausung in