Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Hllüstrirlk Sillßmonlll^sNllü.


kmusglckr: IerdmaM Kvenarms.

^2

Lrstes

April-Dctt I6SI.

DreLs: 1 Mark vLertelMrlick.

Dett 13.

Lrster Aabrgang.


Das Ikulrstgevverbe als Weruk

besprach Iulius Lessj„g iu der letzteu Ätzuug der
„volkswirtschaftlichen Gesellschaft" zu Berliu. <Lr
wies auf die Teiluahme hiu, die gerade setzt wieder
iu höherem Grade den Lrageu des Unterrichts sich
zuwende: es sei daher nur erklärlich, daß auch die
Lrage des kunstgewerblichen Uuterrichts immer ernstere
Ausmerksamkeit finde. Das moderne Aunstgewerbe
hat erst eine kurze Dergangeuheit. Die Absichten, die
jene leiteten, welche es erschaffen halfeu, wareu die:
es sollte das Lsandwerk der alten Zeiten wiederer-
stehen. Lines wurde wenigstens erreicht: es erwuchs
ein neues Aunsthandwerk; das verkündeu die Aus-
schmückung unserer Zimmer, die Lronten unserer Lsäuser,
ja fast alle Geräte vornehmerer Art. Line feste
Begrenzung für uuser modernes Runsthandwerk zu
finden, ist schwierig; aber da ist es; es schiebt sich
ein zwischen die Aunst und die rein gewerbliche
Technik, von dieser zu jener in allmählicher Abstufuug
den Übergang bildend. Auf welche kVeise bildet sich
der junge Mann nun am besten znm Aunsthandwerker
aus? Lessiug zeigte, wie versehlt häufig der IVeg
ist, der gewählt wird. Mft läßt mau denjenigen
Runsthandwerker werden, den man mit mäßigen
künstlerischen Anlagen erkannt zu haben glaubt. lVer
gewisse künstlerische Anlagen hat, doch nicht genügende,
um Rnnstler im eigentlicheu Änne zu werden, so eine
Art Rünstler niederer Art, der wird Runsthandwerker.
Sehr mit Rnrecht. Das Runsthaudwerk ist nicht so
sehr eine niedere Art Runst als vielmehr eine höhere
Art ksandwerk; seine Grundlage muß das ksandwerk
sein, und daher ist es gänzlich verfehlt, wenn aus
Rreilen, die gegen den handwerklichen Beruf soziale vor-
urteile hegen, Atttglieder auf die Ruustakademie ge-
schickt werden, um dort durch Absolviruna vou Studien,
die man mit den Uuiversitätsstudieu verwaudt wähut,
zu Runsthandwerkeru ausgebildet zu werden. Viel-
mehr sollte die Lntwicklung gerade eutgegengesetzt
geschehen. Der junge Akaun muß sein Handwerk in
xraktischer Lehre erlernt haben, dann erst kann er
mit vorteil eine Ruustakademie besuchen: es hat sich
sodann zu zeigeu, ob er ueben der Beherrschung

handwerksmäßiger Lertigkeiteu auch künstlerische Be-
anlagung besitzt, uud ob aus ihm daher eiu Ruust-
handwerker werden kanu, oder ob er eiu Lsandwerker
bleiben muß, der dann freilich den Vorteil hat, ur-
teilsfähiger für die selbständigen Aufgaben seines
Berufes zu seiu. Diese Stufenleiter der Bildung kanu
allein günstige Lrgebnisse zeitigen. ünd welche Lr-
gebniffe werden denn erstrebt? Aus der Vergangen-
heit entwickelte der vortragende die Bedürfnisse unserer
Zeit. Zm Attttelalter gab es keine Scheiduug zwischen
Rüustler uud bsandwerker; auch die Rünstler gehörten
zu den bsaudwerkeru. Die schöxferische Rraft und
die ausführende Lsand gehörten entweder denselben
oder verschiedeuen persouen, von denen der eine den
Lntwurf, der andere die technische Arbeit lieferten,
die aber doch wenigstens nicht durch eine tiefe Rluft
getrennt wareu. Dann sondert sich vom Handwerker
der Rünstler mehr und mehr; der Aünstler wird Lr-
finder, dem Lscmdwerker biejtzt allein die Ausführung.
Auch dieser Zustand blieb erträglich, so lange der
^andwerker nicht überwiegend zum Maschiuenhand-
werker und zum Spezialisten gewordeu war, der viel-
fach nnr die Linzelheiteu seines Gewerbes beherrschte;
dieser Umschwuug trat etwa mit diesem Zahrhundert
ein; und nun geschah es, daß der Lscmdwerker
Andeutungen des Rünstlers nicht mehr verstand, und
der Rünstler wieder war allzusehr von der Renutnis
der Technik losgelöst. Zn diese Lücke sucküe man
etwa seit dem Zahre 1870 das Runstgewerbe einzu-
schieben. Ls bildete Leute heran, die die Technik
beherrschen und die doch auch zu erfinden vermögen,
und weil sie gerade beide Lähigkeiten verbinden, da-
rum siud sie im Ltande, eiue orgauisch-schöue Lort-
entwickeluug für ihr Lsandwerk zu erstreben. Liue
Lsoffnung freilich hat das Runsthandwerk nicht zu er-
füllen vermocht; mau glaubte, daß der Runsthaud-
werker ohue größereu Raxitalaufwand würde arbeiteu
können, daß der Räufer wie im Mittelalter eine Be-
stellung machen und der Meister sie ausführen werde.
Das ist nicht eingetreten, auch heute muß auf Vorrat
gearbeitet werden; der Räufer will die Auswahl haben,
 
Annotationen