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Hllüfirirtk Oalömonllt^Nllu.

Die L^mmetrie nls Prillzip der ^iinmereinricktung.

Über diesen Geaenstand sagte kürzlich „T." in den
„Mitteilungen des Gewerbe - Musemns zu Bremen" :

Das vorherrschende prinzix in der Ztusstattung
unserer wohnungen ist die zu einer senkrechten Teil-
ungslinie in Beziehung stehende Syminetrie, die größteu-
teils durch die Begelmäßigkeit der Aäuine bedingt
wird nnd zu welcher auch die Anordnung der Thür-
und Fensteröffnungen sowie anderer feststehender Bau-
teile die Deranlassung geben. Größere Lttöbel, Bilder
u. dgl. werden in der ÜUtte der tVände angebracht
und neben oder uin dieselben die kleineren Ltücke
gruppirt. Das Sopha, das Luffet, der Bücherschrank
und das nnvermeidliche ülavier bilden solche üttttel-
punkte, nber welche ein größercs Bild oder cin Spiegel
die Fortsetzung der ü'ttttelaxe für die wandfläche ab-
geben, an die sich beiderseits Stühle, kleinere Schrank-
möbel, Ttagsren und kleinere Bildtafeln anschließen.
I'i ähnlicher weise bestimmt ein Fenster oder ein
Fensterpfeiler an der Fensterwand die ülitte für die
Anordnung der Gardinen, während vorhandene Thüren
seltener als Gruppen-ütittelpunkte Derwendung ffnden
können. Der szunmetrischen Forin bedient inan sich
auch bei vorübergehenden Anordnungeii, wie z. B.
einer gedeckten Tasel, sowie der dekoratioen Aus-
stellung kleinerer Gerätschaften auf ütöbeln und Ge-
siinsen, wie auch die Gegenstände selbst in der Negel
sxininetrische Gestalt besitzen.

Das erwähnte herrschende Sz-stein der Ziininer-
einrichtung hat allerdings den Vorzug, dem üauine
eine gewisse Buhe und geregclte Grdnung zu ver-
leihen und mag ganz vortrcfflich zu der etwas steifen
Geinessenheit gepaßt haben, womit unsere voreltern
i,n vergleiche init unserer inoderne» nervösen üniuhe
ausgezeichnet wareiu Zenein Systenie sind aber auch
inanche Gewohnheiten entsprosse», die sich auf unsere
Zeit vererbt haben, ohne daß sie nüt den Anforder-
ungen der Zweckmäßigkeit und B^equemlichkeit in Tin-
klang zu bringen sind. Zu solchen gewohnheitsmäßigen
Anordnungen gehört beispielsweise die Aufstellung des
sogen. Sophatisches vor dem Sopha in der Art, daß
er die Benutzung dieses Sitz- oder Ljegemöbels mehr

oder minder beschränkt, oder die gewohnheitsmäßige
Anbringung eines Spiegels als eines besonders ge-
schätzten Zentralpunktes über dem Sopha, dessen Ver-
wendbarkeit illusorisch ist, wenn man ihn nicht sehr
geneigt bcfestigt, um sich dann in einer Art Vogel-
perspektive darinnen zu erblicken. Der Spiegel hat
überhaupt aus der Zeit der barocken Spiegelungslieb-
habereien ein Ansehen und eine Bedeutung in die
Gegenwart übertragen, welche ihin kauin gebühren,
welche aber die Ursache seines bevorzugten j)Iatzes in
vielen modernen wohnungen sind und deren Lrbschafl
ferner der Umstand zu verdanken sein wird, daß er
vielfach da angebracht wird, wo er nicht hingehört
und zuweilen lästig sein kann. wer se einmal den
zweifelhaften Genuß gehabt hat, in einem Speise-
zimmer oder in einem Besuchszimmer sich fortwährend
in einem gegenüberliegenden Spiegel beobachten zu
müssen oder gar nnfreundliche Blicke eines Nachbarn
durch dieses «Glas der wahrheit» auf seine person
gerichtet zu sehen, wird gerne der Überzeugung sich
hingeben, daß der Spiegel nur in solche Räume ge-
hört, wo er wirklicher Gebrauchsgegenstand sein soll,
also in das Ankleidezimmer, auf den Vorplatz nnd
ähnliche plätze, wo man gewohnt ist, seinen äüßeren
Menschen in Grdnung zu bringen. Ähnlich wie mit
dem Sxiegel hat man auch versucht, mit der ehemals
häufig aus s)aris eingeführten «pendule», einer nie-
deren Standuhr in Bronzegehäuse, einen Attttelpunkt
für eine wändgruppe zu bilden, indem man sie auf
eine Ronsole setzte. Die pendule wird aber in ganz
Frankreich als Raminornament betrachtet, und daher
in unseren gewöhnlich kaminlosen Räumen, namentlich
aber an der wand, wo das Aufziehen des werkeS
sedenfalls unbequem ist, nicht am richtigen platze sein.

wie aus den angeführten Beispielen ersichtlich,
hat man sich zu Gunsten des symmetnschen Prinzips
zuweilen über die Anforderungen der Zweckmäßigkeit
und Bequemlichkeit hinweggesetzt, andercrseits aber
auch letzterer zu Liebe das System verlafsen, indem
bei Schreib- und anderen Arbeitstischen, bei einem
bevorzugten Sitzplatze, postamenten für einzelne ssstanzen,



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