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der größere Aapitalist im Ljandwerk wie im Aunsthand-
werk ist daher iin Vorteil. Und wie nach dieser Seite, so ist
anch nach der Seite der wirtschaftlichen Selbständig-
machung der Frauen vom Aunsthandwerk nicht alles das
geleistet worden, was einige wohl erhofft hatten. AIs
den Ieichnerinnen und Lrfinderinnen von Mustern
hatte man geglaubh Frauen große Gebiete erobern
zu können, aber sie sind den Männern gegenüber im
Nachteil; wenige Gewerbszweige abgerechnet, geht

die Frau nicht von der praktischen Lrlernung des
Lsandwerks aus, und zudem beginnt sie ihre Arbeit
zu spät, meist erst mit zwanzig Iahren, während der
Rnabe schon mit t4 Iahren sich dem bsandwerksrbe-
ruf zu widmen beginnt. Geleistet dagegen habe der
neue Aufschwung des Nunsthandwerks eine schönere
Gestaltung aller industriellen Lrzeugnisse, und er habe
eine Menschenklasse erschaffen, die ein notwendiges
Zwischenglied bildet.

1kunstge>verbe und Fabriksbetrieb

in ihren Ginflüssen aufeinander behandelte ein Vortrag
von F. v. Feldegg, den wir nach den Atttteilungen
des A. A. Bsterreichischen Attiseums wiedergeben.

U)ir sehen in der Frage, ob der Fabriksbetrieb
das Aunstgewerbe begünstigt oder schädigt, die Mein-
ungen in zwei mächtigen Gegensätzen einander gegen-
überstehen. Nach der einen kann jeder Fortschritt
in der industriellen Lntwickelung überhaupt nur vor-
teil bringen, also auch das Kunsthandwerk nicht
schädigen. Die so sprechen, sind die unbcdingten
chchwärmer für unsere ganz moderne Rulturströmung
mit ihrem s)rinzipe der Arbeitsteilung, des Groß-
betriebs und des Spczialistentums. Nach den anderen,
welchen übrigens die allgemeinen wirtschaftlichen
Fragen nicht zunächst am Lserzen liegen, welche viel-
mehr die chache im Detail ins Auge fassen und am
einzelnen Grzeugnis untersuchen, ob diesem der fabrik-
mäßige Großbetrieb von Nutzen oder von tö>chaden
sei, überwiegt der Nachteil den Dorteil. Sie finden,
daß das individuelle, kunstmäßige kVesen des Produktes
durch die schablonenhafte, ausgleichende, verallge-
meinernde Grzeugungsweise, wie solche dem Fabriks-
betrieb eigen ist, verloren geht.

Uns handelt es sich darum, eine gerechte IVür-
digung der vorteile sowohl wie auch der Nachteile
zum Ausdruck zu bringen, was nur geschehen kann,
wenn wir uns zunächst das IVesentliche des khand-
betriebs und der Fabrikarbeit klar machen und sodann
untersuchen, welchen veränderten Linfluß auf das
jprodukt diese doppelte kveise ausübt; die vor- und
Nachteile werden sich solcherart von selbst ergeben.

Die wesentlichsten Merkmale des Fabriksbetriebes
gegenüber dem Lsandbetrieb sind nun unzweifelhaft die
Aiaschinenarbeit und die Aiassenproduktion bei jenem,
zum Nnterschiede von der Lsandarbeit und Ginzel-
produktion bei diesem.

Die Maschinenarbeit beeinflußt das produkt formell,
die Massenxroduktion setzt dessen Ivert durch Ver-
größerung des Angebots, Ronkurrenzvermehrung und
Verminderung seiner Muälität herab. Man könnte
passend jenen Ginfluß des Fabrikbetriebes eincn innern,
technischen, diesen einen äußern, sozialen nennen.

!Vas den technischen Linfluß betrifft, so müssen
wir, um ihn zu würdigen, uns zunächst vorhalten,
worin denn das wesentliche Moment der eigentlichen
Handarbeit besteht? Nun, es besteht hauptsächlich
in dem zwischen der Grzeugung der einzelnen Teile
des produktes, den einzelnen 2lrbeitsphasen, obwalten-
den Iusammenhang individueller, fast köunte man
sagen xersönlicher Natur, wie er aus dem Umstande
sich ergiebt, daß bei eben dieser Lrzeugung und

Fertigstellung des j)rodnktes ein einziges Individuum
oder doch nur wenige Individuen — und diese un-
mittelbar — teilnehmen; solcherart kann die Arbeit
vom ersten bis zum letzten Aioment übersehen werden,
wodurch sie eben jenen (Lharakter gcwinnt, den wir
nun eimnal in Runstsachen nicht gerne vermissen: den
Tharakter des individuell Gestalteten.

Neim Fabrikserzeugnis entfällt dieses Nerkmal
fast vollständig, denn hier ist die Beziehung zwischen
der Idee, dem Lntwurfe des j?roduktes und seiner
dlusführung eine zu vielfach vermittelte. Zwischen
dem Arbeiter, der die Aiaschinen bedient, und dem
produkt, das gestaltet werden soll, stehen die „toten
Hebel und Näder" der Fabrik. kvohl hat daher
schon mancher Lsandwerker schaffend gehandwerkt
und handwerkend geschaffen, aber wohl noch niemals
ein Fabriksarbeiter; er hätte denn „ein bsäkchcn mehr"
ersonnen, das die Maschine verbesserte, aber seine
eigene Arbeit — nur vereinfachte.

Der soziale tLinfluß des Fabriksbetriebes wiederum
besteht hauxtsächlich in der Verbilligung der U)are,
als deren nächste Folge wir eine Überhandnahme des
Lurus und des Modebedürfnisses auf der mittleren
chtufe der Bevölkerung wohl betrachten dürfen. Inso-
ferne freilich gehen Rnlturfortschritt und Fabrikswesen
kjand in Dand; allein die künstlerische Berechtigung
dieses etwas fadenschcinigen Lurus auf mittlerer Stufe
wäre noch zu erweisen. Lo weit aber bisher unsere
Lrfahrungen reichen, ist sie nicht vorhanden, und die
Mualität dieses „Reichtums der Armen" ist nur zu
oft ein tsstimonium pLupertatis im engeren U)ort-
sinne.

Wenn wir nnn die wirkimg, welche der Fabriks-
betrieb auf das produkt in technischer Lsinsicht aus-
übt, im einzelnen uns klar machen wollen, so müssen
wir wohl zunächst gewisse Unterschiede feststellen. Ls
giebt nämlich Gewcrbe, bei welchen der Fabriks-
betrieb ohne wesentliche Veränderimg des Lrzeugnisses
die Nolle des thandbetriebes übernimmt oder doch
übernehmen kann, und es giebt auch solche, bei welchen
dies ohne wesentliche Veränderung nicht der Fall ist.
Die ersteren käinpfen vergebens nnd auch unberechtigt
gegen die Fabriksarbeit an, denn bei ihnen kann
wohl, aber muß keineswegs das Lrzeugnis durch die
Arbeitsweise verschlechtert werden. Dies gilt besonders
für alle reinen Nützlichkeitswaren; ein Zahnstocher
z. B., den die Ntaschine herstellt, wird in keiner t^in-
sicht dem betreffenden löanderzeugnisse nachstehen.
Die letzteren Gewerbe dagegen bereiten dem Fabriks-
betrieb chchwierigkeiten, die nur bis zu einem gewissen
Grade zu überwinden sind, künstlerisch wohl nienials
 
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