So artige tVitzchen man heutzutag in Rünstler-
kreisen über die „ollen Zriechen" hören kann, man
wird's nicht leugnen: einigen Geschmack besaßen die
Guten doch. Und inerkwürdig: ihr Runsthandwerk
kannte sehr wenige «Nouveauts-». lVie wenige
Typen waren es, die sie für ihre Geräte besaßen,
wie selten sinden wir Gefäße, die nicht aufs klarste
und feinste in ihrer Form ausprägen, was sie sind.
kvohl begegnen wir zahllosen variationen, wie selten
aber ging darüber die Tharakteristik verloren! Diese
Nkeister Äunsttöpfer und
Runstschlniede stellten
sich, sozusagen, ihren
Arbeiten gegenüber, wie
gute Grzieher ihren
Zäglingen: sie prägten
ihnen nicht was Fremdes
auf, sondern sie ent-
wickelten ihre persön-
lichkeiten ausihnen selber
heraus. Denn die per-
sänlichkeit eines Geräts
ist sene kennzeichnende
Form, gleichsam der
sichtbare Leib, den sich
die Seele, den der Be-
griff eines Gerätes sich
selber gebildet hat. Die
alten bserren und Damen
müssen wohl nichts Auf-
regendes für ihr
Heim verlangt haben,
sondern Beruhigen-
des, weil Harmonisches
in sich selbst. Und wer
das Lrgebnis davon
betrachten will, der
vergleiche mit Uiuße
und Beschaulichkeit eine
echte vase des Alter-
tums mit der wert-
vollsten antikisirendcn
Terrakotta z. B. ans
Aopenhagen. Und ist
ihm das wundervolle
Lebensgefühl aufge-
gangen, das sede Linie
des alten Geräts schier
atmen läßt in leiser or-
ganischer Bewegung,
während der für den ersten Blick so ähnliche Um-
riß des neuen starr und kühl bleibt — dann ist ihm
auch aufgegangen, was wir unmäglich machen durch
unser Aufjagen der Arbeitenden von jeder vertiefung
ins ruhige chchaffen.
---^
Auch für die Antike kam die Zeit der Nouveautss,
die Zeit, da originell und original, querköpfig und
eigenköpfig, für dasselbe galt — j)omx>eji zeugt da-
von und vom beginnenden Zerfall. kvir stehen
unter anderen Bedingungen. Unser modernes Uunst-
handwerk (denn Gott sei Dank haben wir doch
wieder eines!) ist nicht von unten herauf gewachsen:
tüchtige Ulänner haben dem Bäum edle Reiser einge-
senkt. Die Besserung geht langsam fort, von oben
nach unten. Giner kleinen Anzahl verstehender und
Feinsinniger ist es ge-
lungen, in weiteren
Ureisen den Geschmack
zu kräftigen. Auch in
noch weiteren, auch
in allen des ganzen
volkes kann es glücken.
Die ernsten Schäden
aber müssen wir Alle
erkennen und be-
kämpfen. Deshalb ist's
Micht eines Zeden,
in seinem Ureise auch
gegen dsn heut be-
sprochenen zu wirken.
Und zunächst bei
seinen Linkäufen nicht
zu fragen: «was
giebt's Neues?» son-
dern höchst einfach:
«was ist schön, leben-
dig und charakter-
voll?»" —
Soweit der Aufsatz.
„Za," sagen nun die
Geschäftsmänner, „aber
wo bleiben wir,
wo bleibt der profit,
den die Fabrikation
und der Lsandcl mit
immerwährend Ncuem
uns verschafft?" Da-
von, wie grsagt, ei»
andcr Akal. Zn dem
Aufsatze über Geschäft
und Geschmack im
zweiten Lseft glaub
ich ja gezeigt zu
haben, daß ich nicht
daran denke, die
kvichtigkeit der geschäftlichen Znteressen zu verkennen.
Gb diesen aber durch die pflege des NouveautH-
Urams für die Dauer richtig gedient ist, — nichts
für ungut, mir scheint's eben vorläufig noch eine
Frage. Zk. A
Nbb. SS. WÄldlnärcbcn. Stntucttc von zfricdrlcb Dkkcrmnnn.
wcrbauklicb durcb Sebrüdcr tiAcscblic in Drcsden-Tl.
DLe Vevvegung kür die grössere Vervvertung der
Oaturkormen zu VerzLerungen.
Des Schreibers erste versuche im Stilisiren von ! macht worden sind, ist uns nicht bekannt. Zm Zahr
pflanzen reichen bis zu den Zahren t8ZS — 38 zurück; t8-tZ erschienen „Motive zu Grnamenten zum Ge-
ob vordem schon von Anderen solche versuche ge- ^ brauche für Rünstler und Gewerbtreibende" von
— 85
kreisen über die „ollen Zriechen" hören kann, man
wird's nicht leugnen: einigen Geschmack besaßen die
Guten doch. Und inerkwürdig: ihr Runsthandwerk
kannte sehr wenige «Nouveauts-». lVie wenige
Typen waren es, die sie für ihre Geräte besaßen,
wie selten sinden wir Gefäße, die nicht aufs klarste
und feinste in ihrer Form ausprägen, was sie sind.
kvohl begegnen wir zahllosen variationen, wie selten
aber ging darüber die Tharakteristik verloren! Diese
Nkeister Äunsttöpfer und
Runstschlniede stellten
sich, sozusagen, ihren
Arbeiten gegenüber, wie
gute Grzieher ihren
Zäglingen: sie prägten
ihnen nicht was Fremdes
auf, sondern sie ent-
wickelten ihre persön-
lichkeiten ausihnen selber
heraus. Denn die per-
sänlichkeit eines Geräts
ist sene kennzeichnende
Form, gleichsam der
sichtbare Leib, den sich
die Seele, den der Be-
griff eines Gerätes sich
selber gebildet hat. Die
alten bserren und Damen
müssen wohl nichts Auf-
regendes für ihr
Heim verlangt haben,
sondern Beruhigen-
des, weil Harmonisches
in sich selbst. Und wer
das Lrgebnis davon
betrachten will, der
vergleiche mit Uiuße
und Beschaulichkeit eine
echte vase des Alter-
tums mit der wert-
vollsten antikisirendcn
Terrakotta z. B. ans
Aopenhagen. Und ist
ihm das wundervolle
Lebensgefühl aufge-
gangen, das sede Linie
des alten Geräts schier
atmen läßt in leiser or-
ganischer Bewegung,
während der für den ersten Blick so ähnliche Um-
riß des neuen starr und kühl bleibt — dann ist ihm
auch aufgegangen, was wir unmäglich machen durch
unser Aufjagen der Arbeitenden von jeder vertiefung
ins ruhige chchaffen.
---^
Auch für die Antike kam die Zeit der Nouveautss,
die Zeit, da originell und original, querköpfig und
eigenköpfig, für dasselbe galt — j)omx>eji zeugt da-
von und vom beginnenden Zerfall. kvir stehen
unter anderen Bedingungen. Unser modernes Uunst-
handwerk (denn Gott sei Dank haben wir doch
wieder eines!) ist nicht von unten herauf gewachsen:
tüchtige Ulänner haben dem Bäum edle Reiser einge-
senkt. Die Besserung geht langsam fort, von oben
nach unten. Giner kleinen Anzahl verstehender und
Feinsinniger ist es ge-
lungen, in weiteren
Ureisen den Geschmack
zu kräftigen. Auch in
noch weiteren, auch
in allen des ganzen
volkes kann es glücken.
Die ernsten Schäden
aber müssen wir Alle
erkennen und be-
kämpfen. Deshalb ist's
Micht eines Zeden,
in seinem Ureise auch
gegen dsn heut be-
sprochenen zu wirken.
Und zunächst bei
seinen Linkäufen nicht
zu fragen: «was
giebt's Neues?» son-
dern höchst einfach:
«was ist schön, leben-
dig und charakter-
voll?»" —
Soweit der Aufsatz.
„Za," sagen nun die
Geschäftsmänner, „aber
wo bleiben wir,
wo bleibt der profit,
den die Fabrikation
und der Lsandcl mit
immerwährend Ncuem
uns verschafft?" Da-
von, wie grsagt, ei»
andcr Akal. Zn dem
Aufsatze über Geschäft
und Geschmack im
zweiten Lseft glaub
ich ja gezeigt zu
haben, daß ich nicht
daran denke, die
kvichtigkeit der geschäftlichen Znteressen zu verkennen.
Gb diesen aber durch die pflege des NouveautH-
Urams für die Dauer richtig gedient ist, — nichts
für ungut, mir scheint's eben vorläufig noch eine
Frage. Zk. A
Nbb. SS. WÄldlnärcbcn. Stntucttc von zfricdrlcb Dkkcrmnnn.
wcrbauklicb durcb Sebrüdcr tiAcscblic in Drcsden-Tl.
DLe Vevvegung kür die grössere Vervvertung der
Oaturkormen zu VerzLerungen.
Des Schreibers erste versuche im Stilisiren von ! macht worden sind, ist uns nicht bekannt. Zm Zahr
pflanzen reichen bis zu den Zahren t8ZS — 38 zurück; t8-tZ erschienen „Motive zu Grnamenten zum Ge-
ob vordem schon von Anderen solche versuche ge- ^ brauche für Rünstler und Gewerbtreibende" von
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