wollte wenigstens Möbel haben, die ihren preis wert
sind, die meinen Ansprüchen an Aussehen und Ge-
brauchsfähigkeit genügten. Deshalb ging ich in
arkadischer Harinlosigkeit selbst ans werk, that Schnitz-
messer, Fraisemaschine, profilhobel und alles Schnörkel-
werk zuvor als überfeinertes Bildungsfolterwerkzeug
in den Bann und versuchte, mir allein mit Säge,
ksobel und Meißel zu helfen.
Unbekümmert um das Zusammenpassen mit einem
Grundstock ererbter alter schlichter Mahagonymöbel
aus der Zeit der
völligen Geschmacks-
paralyse von etwa
t85v begann ich
die mir nötigsten
Neuanschaffungen
im vereine mit
einem einfachen
Bautischler und
einem Nialermeister
in den denkbar
einfachsten lDerk-
formen herzustellen
und auszuschmücken,
wie es werkstoff
und beschränkte
Ulittel zu erfordern
schienen. Und nach
der Ausführung
bei dem not>
wendigsten Stücke
meines Berufes —
Schreib- und
Zeichentisch — war,
darf ich sagen,
der ästhetische Lr-
folg ein nicht nur
mich allein be-
friedigender, so daß
weitere Lntwürfe
nach Ulaßgabe der
Umstände sich an-
geschlossen haben
und weiter an-
schließen sollen.
Daß es weiter
keine „That" und
nichts ksöchstvoll-
endetes ist, wird
feder aus den Dar-
stellungen leicht er-
sehen; aber die Not
der Zeit, in der un
zählige brave Lhestandskandidaten meiner Steuerklasse
sich befinden, mag entschuldigen, daß ich mich mit meinen
Siebensachen die noch dazu auf meine besondersten
Zwecke zugeschnitten sind — an die Gffentlichkeit
wage. Zn dieser rein zwecklichen Richtung erblicke
ich freilich selbst die beste Nechtfertigung für meine
Lntwürfe. wenn nur erst jeder genau wissen wollte,
wie viel Raum er z. B. an seinem Schreibtisch haben,
wie hoch die jAatte sein, was er zur ^and haben,
was er aufstellen soll, dann würde der Möbeltischler
wieder anfangen müssen, als ein Zndividuum zu
denken und nicht mehr nach berühmten Mustern als
Maschine zu leimen und zu schnitzeln!
Zch könnte die Abbildungen* für sich selbst sprechen
lassen, wenn es möglich gewesen wäre, durch sie den
vollen Lindruck der lVirkiichkeit wiederzugeben. Aber
da ich mein ehernstes künstlerisches Glaubensbekenntnis,
daß nur in der Farbe der Grund zu einer neuen,
triebkräftigen modernen Groß- und Aleinbaukunst ge-
funden werden kann, auch hier verfolgt habe, so
muß bei der wiedergabe in Druckerschwärze — zu
der meine geringen
löilfskräfte und das
noch junge auf-
stcebende „Kunstge-
werbe" zwangen
— der beste Teil
der Wirkung leider
geglaubt werden.
So sind denn selbst
die Zeichnungen
ilur Andeutungen;
vielleicht findet aber
doch Dieser oder
Der den Mut, Ähn-
liches zu versuchen.
Gern stelle ich
übrigens denen,
welche in ähnlicher
weise ernsthaft und
in größerem Um-
fange vorgeheil
wollen, anheim, sich
durch den Augen-
schein bei mir des
weiteren zu über-
zeugen. Noch muß
ich zuvor bemerken,
daß ich leider
preisangaben nicht
machen kann, da
ich meine Möbel-
stücke unter unge-
wöhnlichen verhält-
nissen anfertigen
ließ. Ls mag sehr
wohl sein, daß ihr
preis nicht ge-
ringer ist, als der
ähnlicher fertiger
Äaufware; der Aus-
schluß aller pfusch-
arbeit, alles mit
der Mode Ver-
altenden, die xraktische Brauchbarkeit und Unverwüst-
lichkeit, die Leichtigkeit der kviederauffrischung, ja der
Umwandlung durch neue Bemalung sind Vorzüge,
die derartige Möbel doch imkVesen billig machen.
,_ (Schluß folgt.) Drms Scbllepmann.
* Da dieses cheft doch von verschiedenen guten Dingen
Abbildungen bringen sollte, so konnten wir von den Lntwürfen
heute nur eine bringen, den „Armstuhl". Die Lrläuterungen
beziehen sich also auch auf die nächsten chefte unserer Zeit-
schrift, die alle von Schliepmann erwähnten Sachen vorführen
sollen. Sch. d. „Ag."