Hllüstrittk OalßmonalssNllü.
^ Kttausgköer: IerdinaM KvenaMs. ^
Lwcites
Aprtl-Dckt t8Sl.
Dreis: 1 kDaxD-HertelMbrttck.
Dctt l4.
Lrster Aabrgmig.
Daben Mr einen eigenen LtLl?
Diese Lrage bejaht s) akob vonLalke in einer
eben veröffentlichten Arbeit. Ivir drneken seine Aus-
führnngen nber den Gegenstand ab — sie finden
sich in einer Aufsatzfolge des nenesten Lseftes von
„Dom Fels zum Akeer", welche „Die inoderne Neforin
des Annstgewerbes nnd ihre Nesnltate" überschrieben ist:
Znnächst sei konstatirt, daß die Neformbestrebungen
garnicht das Ziel gehabt haben, einen nenen, nen-
artigen Runststil zn schaffeir Die Frage ist erst iin
Lanse der Zeit bedentnngsvoll geworden nnd zwar
dann, als inan aus dentschein Boden iin deutschen
Annstgewerbe die sogenannte deutsche Nenaissance als
einen nationalen Annststil in Anspruch nahm. Menn
die Nenaissance sich gleich iin Anfange als der be-
vorzugte Lehrstil eingestellt hat, so lag das, wie bereits
geschildert worden, in den Umständen, in der ver-
wendbarkeit derselben. Man ging anf ein richtiges
verständnis ans, anf die kjebung der künstlerischen
2lrbeit nach den in einem feden Gewerbe liegenden,
anf Ataterial und Zweck rnhenden Nedingnngen;
jedes Gewerbe sollte vor allem erst sich selber gerecht,
in sich vernünftig werden nnd dann erst auf dieser
seiner rechtmäßigen nnd vernünftigen Grnndlage mit
Freiheit nnd phantasie sich bewegen. Gb einmal
ein nener und origincller 5til darans hervorgehen
wcrde, war eine Frage, die man rnhig dahingestellt
sein lassen konnte, die nnr die Zeit zn beantworten
hatte. Denn einen Aunststil schaffen, das ist nicht
Sache der Absicht, des willens, nicht das bewußte
lVerk eines oder vielcr Aünstler, wenn sie anch noch
so geistreich sind; einen neuen Stil kann nur die
Rnltnrbewegung, die Umwandlnng des Zeitgeistes
— um diesen einigermaßen verpönten nnd doch gnten
und vielsagenden Ausdrnck zu gebranchen — nnr der
IVechsel nnd Utandel des Zeitgeistes kann ihn schaffen.
Das geschieht aber nicht im lhandumdrehen von hente
auf morgen.
Uud solltc wirklich diese ganze Lpoche der letzten
dreißig oder vierzig Zahre so vorübergegangen sein
ohne gemeinsame Züge des modernen Geschmacks,
der modernen Unnstindustrie, ohne etwas geschaffen
zü haben, was wenigstens einem eigenen Stile ähn-
lich sieht, einem tvtile, der einmal als derjenige der
zweiten bsälfte des neunzehnten Zahrhunderis bezeichnet
werden könnte? Ginen Nanien freilich haben wir
nicht dafür, aber anch die Vorgänger alle haben
ihren Namen erst post tsstnm nnd nicht von ihren
Aeitgenossen erhalten, am wenigsten aber von denen,
die in diesen Stilen arbeiteten. Der romanische Stil
hat gar erst in nnseren Tagen seine Tanfe erhalten;
der Ansdrnck Rokoko kam auf, als die Formen dieser
Uunstweise sich längst ansgelebt hatten nnd von
anderen abgelöst waren; die Nezeichnung Nenaissance
ist anch von späterer Lrfindnng, wenigstens Anwend-
ung, Narock ist nnbekannt in seiner kjerkunft, und die
Uunst des späteren Mittelalters hat ihren Namen
Gotik als chpottnamen von Fremden erhalten. Über-
lassen wir also den Namen für den hentigen Uunst-
geschmack der Znknnft und halten wir nns an die
chache, ob wir vielleicht hinlänglich Gemeinsamkeit
entdecken oder wenigstens solche veränderuntzen, daß
man kein Recht hat, nns alle nnd fede Griginalität
abzusprechen.
Zn dem beschränkten Änne freilich nnd in dem
engen und beschränkten Formenkreise, wie einstmals
die Gotik Unnst und Uunstgewerbe ihrer Zeit be-
herrschte, in diesem Sinne werden wir keinen nNserer
Lpoche eigenen chtil haben noch haben können. Unsere
Zeit ist zn reich in ihren Beziehungen, das Leben zu
mannigfach in seinen Ledürfnissen nnd Anforderungen,
zn wechselnd in seinen Liebhabereien; sensationelle
Begebenheiten fliegen rasch an uns vorüber; neue
Lrfindnngen und Lntdecknngen stürzen um, was
gestern noch auf der ksöhe stand; rastlos drängen
nnd folgen sich die Dinge nnd rnhelos eilen wir mit
ihnen. Unter solchen Umständen ist es natürlich nnd
notwendig, daß anch die Uiinstformen nicht die Be-
schränktheit und Linfertigkeit besitzen können wie ehe-
dem in den Zeiten eines verhältnismäßigen Stilllebens;
wir können und wollen uns nicht begnügen mit den
wenigen Formen und Motiven, wie sie uns etwa der
gotische Runststil bietet. UAr brauchen mehr und
^ Kttausgköer: IerdinaM KvenaMs. ^
Lwcites
Aprtl-Dckt t8Sl.
Dreis: 1 kDaxD-HertelMbrttck.
Dctt l4.
Lrster Aabrgmig.
Daben Mr einen eigenen LtLl?
Diese Lrage bejaht s) akob vonLalke in einer
eben veröffentlichten Arbeit. Ivir drneken seine Aus-
führnngen nber den Gegenstand ab — sie finden
sich in einer Aufsatzfolge des nenesten Lseftes von
„Dom Fels zum Akeer", welche „Die inoderne Neforin
des Annstgewerbes nnd ihre Nesnltate" überschrieben ist:
Znnächst sei konstatirt, daß die Neformbestrebungen
garnicht das Ziel gehabt haben, einen nenen, nen-
artigen Runststil zn schaffeir Die Frage ist erst iin
Lanse der Zeit bedentnngsvoll geworden nnd zwar
dann, als inan aus dentschein Boden iin deutschen
Annstgewerbe die sogenannte deutsche Nenaissance als
einen nationalen Annststil in Anspruch nahm. Menn
die Nenaissance sich gleich iin Anfange als der be-
vorzugte Lehrstil eingestellt hat, so lag das, wie bereits
geschildert worden, in den Umständen, in der ver-
wendbarkeit derselben. Man ging anf ein richtiges
verständnis ans, anf die kjebung der künstlerischen
2lrbeit nach den in einem feden Gewerbe liegenden,
anf Ataterial und Zweck rnhenden Nedingnngen;
jedes Gewerbe sollte vor allem erst sich selber gerecht,
in sich vernünftig werden nnd dann erst auf dieser
seiner rechtmäßigen nnd vernünftigen Grnndlage mit
Freiheit nnd phantasie sich bewegen. Gb einmal
ein nener und origincller 5til darans hervorgehen
wcrde, war eine Frage, die man rnhig dahingestellt
sein lassen konnte, die nnr die Zeit zn beantworten
hatte. Denn einen Aunststil schaffen, das ist nicht
Sache der Absicht, des willens, nicht das bewußte
lVerk eines oder vielcr Aünstler, wenn sie anch noch
so geistreich sind; einen neuen Stil kann nur die
Rnltnrbewegung, die Umwandlnng des Zeitgeistes
— um diesen einigermaßen verpönten nnd doch gnten
und vielsagenden Ausdrnck zu gebranchen — nnr der
IVechsel nnd Utandel des Zeitgeistes kann ihn schaffen.
Das geschieht aber nicht im lhandumdrehen von hente
auf morgen.
Uud solltc wirklich diese ganze Lpoche der letzten
dreißig oder vierzig Zahre so vorübergegangen sein
ohne gemeinsame Züge des modernen Geschmacks,
der modernen Unnstindustrie, ohne etwas geschaffen
zü haben, was wenigstens einem eigenen Stile ähn-
lich sieht, einem tvtile, der einmal als derjenige der
zweiten bsälfte des neunzehnten Zahrhunderis bezeichnet
werden könnte? Ginen Nanien freilich haben wir
nicht dafür, aber anch die Vorgänger alle haben
ihren Namen erst post tsstnm nnd nicht von ihren
Aeitgenossen erhalten, am wenigsten aber von denen,
die in diesen Stilen arbeiteten. Der romanische Stil
hat gar erst in nnseren Tagen seine Tanfe erhalten;
der Ansdrnck Rokoko kam auf, als die Formen dieser
Uunstweise sich längst ansgelebt hatten nnd von
anderen abgelöst waren; die Nezeichnung Nenaissance
ist anch von späterer Lrfindnng, wenigstens Anwend-
ung, Narock ist nnbekannt in seiner kjerkunft, und die
Uunst des späteren Mittelalters hat ihren Namen
Gotik als chpottnamen von Fremden erhalten. Über-
lassen wir also den Namen für den hentigen Uunst-
geschmack der Znknnft und halten wir nns an die
chache, ob wir vielleicht hinlänglich Gemeinsamkeit
entdecken oder wenigstens solche veränderuntzen, daß
man kein Recht hat, nns alle nnd fede Griginalität
abzusprechen.
Zn dem beschränkten Änne freilich nnd in dem
engen und beschränkten Formenkreise, wie einstmals
die Gotik Unnst und Uunstgewerbe ihrer Zeit be-
herrschte, in diesem Sinne werden wir keinen nNserer
Lpoche eigenen chtil haben noch haben können. Unsere
Zeit ist zn reich in ihren Beziehungen, das Leben zu
mannigfach in seinen Ledürfnissen nnd Anforderungen,
zn wechselnd in seinen Liebhabereien; sensationelle
Begebenheiten fliegen rasch an uns vorüber; neue
Lrfindnngen und Lntdecknngen stürzen um, was
gestern noch auf der ksöhe stand; rastlos drängen
nnd folgen sich die Dinge nnd rnhelos eilen wir mit
ihnen. Unter solchen Umständen ist es natürlich nnd
notwendig, daß anch die Uiinstformen nicht die Be-
schränktheit und Linfertigkeit besitzen können wie ehe-
dem in den Zeiten eines verhältnismäßigen Stilllebens;
wir können und wollen uns nicht begnügen mit den
wenigen Formen und Motiven, wie sie uns etwa der
gotische Runststil bietet. UAr brauchen mehr und