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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

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Rücklin, Rudolf: Die moderne Dekorationskunst im Lichte der Pariser Weltausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0049

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Kupferplatten, graviert von R. HORRMANN, München. (Ges. gesch.)

DIE MODERNE DEKORATIONSKUNST
IM LICHTE DER PARISER WELTAUSSTELLUNO

Initial von H. SCHULZE, Berlin.

OFERN eine Weltaus-
stellung eine ernsthafte
Sehenswürdigkeit sein soll,
wird ein wesentlicher An-
teil an ihrem Aufbau, an
ihrer Ausstattung den de-
korativen Künsten zufallen
müssen. Gerade daran wird
unter Umständen noch
schlagender, als an dem
Ausgestellten, das ja nicht
immer allerneuesten Da-
tums ist, gezeigt werden
können, wie die Dekora-
tionskunst der Zeit ihre
Aufgabe auffasst. Diese
Aufgabe ist in der That
auf einer Ausstellung keine
andere, als im Leben
überhaupt: Eine einrah-
mende, verschönernde, wo-
bei nichts zu gering,
nichts zu gleichgiltig sein
darf, um nicht in den
Bereich ernsthafter Kunst-
bethätigung gezogen zu
werden. Bei einer in

diesem Sinne einwandsfreien Ausstellung müsste jedes
Gestell, jeder Glaskasten das Produkt einer künst-
lerischen Erwägung, einer Geschmacksthätigkeit sein,
welche von dem Prinzip ausgeht, dass nicht nur das
einzelne Ausgestellte, sondern dass das Gesamtbild
der Ausstellung ein künstlerisches sein müsse.

Wer die Räume und Veranstaltungen der Pariser
Weltausstellung von diesem Gesichtspunkte aus stu-
diert, der wird im allgemeinen keine Veranlassung
haben, sehr befriedigt zu sein. Schon die offiziellen
Gebäude, welche auf der Esplanade des Invalides zur
Aufnahme des französischen Kunstgewerbes und der
dahin gehörigen Arbeiten der fremden Staaten er-
richtet sind, vermögen in Bezug auf Ornamentik und
Innendekoration auch einer sehr massvollen Kritik nicht
stand zu halten. Das Bestreben ist unverkennbar,
wenigstens die Aussenfronten möglichst ornamental
und dekorativ zu halten. Aber die Masse der ver-
wendeten Einzelheiten bringt es bei einer Kunstleistung
nicht mit sich, und das Ergebnis entbehrt jeder
dekorativen Ruhe und Gesamtwirkung. Vielmehr kann
man es als typisch betrachten für eine Kunstweise,
die, jeglicher Führung ledig, nur auf Einzelwirkung
hinarbeitet, ohne ein Gefühl zu haben für die Unter-
ordnung des Einzelnen unter das Gesamte. — Das
gilt nicht nur von der einzelnen Kunstform, sondern
auch von der Thätigkeit der einzelnen Mitarbeiter, die

Kunslgewerbeblatt. N. F XII. H. 3.
 
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