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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

DOI Artikel:
Gensel, Walther: Das Kunstgewerbe auf der Pariser Weltausstellung, [3]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0075

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DAS KUNSTGEWERBE AUF DER PARISER WELTAUSSTELLUNG

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Ausstellungsraum der Union centrale des arts decoratifs auf der Weltausstellung in Paris 1900.

eigentlich nur Cardeilhac geliefert. Er verwendet die
Distel, die Aglei, die Mistel zu ganz überraschend
glücklichen Ornamenten für seine Becher und Kannen,
die auch in der Form völlig eigenartig sind. Sehr
bemerkenswert sind seine Dosen aus hie und da
grün getöntem Elfenbein mit Goldverzierung. Zwi-
schen den Juwelierarbeiten oder nahe bei ihnen
finden wir Gegenstände, die mit ihnen in einem
loseren Zusammenhang stehen, so die Zinnsachen von
Baffier, Desbois, die Emailarbeiten von Thesmier,
Fetüllätre und anderen. Bei den nun folgenden
Bronzen bietet sich etwa dasselbe Bild wie bei der
Goldschmiedekunst, hohe technische Vollendung bei
den reichen Ausstellungen der Gagneau, Thiebaut,
Süsse, Colin, Barbedienne, aber wenig Neues. Die
meisten figürlichen Bronzen sind verkleinerte Nach-
bildungen von Marmorwerken, wenige Künstler arbeiten
wie Geröme direkt für den Bronzeguss, viel weniger
als in Deutschland. Raoul Lärche hat sich bei Loie
Füller inspiriert und reizende Figürchen für elektrische
Beleuchtung geschaffen, bei denen die Glühlampe
unter der Gewandung versteckt ist (Firma Siot-De-

cauville). Ganz ausgezeichnet sind die Kronleuchter,
die Henry Beau nach Modellen des grossen Bild-
hauers Dampt gearbeitet hat: Bündel von Schwertlilien,
bei denen die Stengel aus Goldbronze, die grossen
Blüten aus mattem Glase bestehen.

Über die ausserordentlich reichhaltige französische
Möbelausstellung gehen die Meinungen weit ausein-
ander. Darüber ist man sich allerdings einig, dass
man im Anschluss an die Stile Ludwigs XV. und
Ludwigs XVI. und des Empire kaum Vorzüglicheres
liefern kann als Sorman, Schmit, Quignon, Dienst
und einige andere. Um so mehr streitet man über die
Möbel der modernen Richtung. Wie in Deutschland
herrscht auch hier eine sehr starke Vorliebe für die
Marketterie, daneben für sehr stark gewundene Lehnen
und Beine und knorpelige Verzierungen. Soviel Inter-
essantes sich unter diesen Arbeiten befindet, bei denen
Bigaux, Galle, Krieger und Majorelle besonders hervor-
treten, mir will das einfache und vornehme, in röt-
lichen amerikanischen Holzarten gearbeitete Speise-
zimmer von Plumet und Selmersheim weit mehr be-
hagen. Die bemerkenswerteste Leistung aber ist wohl

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