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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

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Falke, Otto von: Die Kunsttöpferei auf der Pariser Weltausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0093

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DIE KUNSTTÖPFEREI AUF DER PARISER WELTAUSSTELLUNG

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in die Erscheinung tritt, ist das Bestreben, dieses Ma-
terial in aussergewöhnlich grossen Dimensionen zu
verarbeiten und der Baukunst dienstbar zu machen.
Die altpersischen Fliesenwände aus Susa, die das
Museum des Louvre durch die Ausgrabungen Dilula-
foys erworben hat, sind auf die neuen Bestrebungen
von merklichem Einfluss gewesen. Bigot, Müller und
die Manufaktur von Sevres stehen hier an der Spitze;
mehrere Nachbildungen des Frieses von Susa, die in
das Hauptportal der Ausstellung eingefügten, ebenfalls
altpersisch stilisierten Platten, ein Brunnen in den Gar-
tenanlagen hinter dem kleinen Palais, der Figurenfries
am grossen Kunstpalast, eine portalartig aufgebaute
Wand am französischen Kunstgewerbegebäude an der
Invalidenesplanade und schliesslich eine Brunnengrotte
mit lebensgrossen Figuren von Janin et Guerineau
(hinter dem Eiffelturm) sind die augenfälligsten Bei-
spiele der neuen monumentalen Verwendung des
Steinzeugs. Theoretisch ist sie sehr einleuchtend,
denn bei seiner Wetterbeständigkeit und den gebro-
chenen Farben, die sich mit dem Haustein gut ver-
tragen, ist das Steinzeug zur Baudekoration wie
geschaffen. In der Praxis aber machen sich noch
technische Schwierigkeiten geltend; untersucht man
einzelne dieser Steinzeugwerke grossen Massstabes
genauer, so zeigen sich, wie etwa an der Badewanne
von Hoentschel im Pavillon der Union des Arts
decoratifs, so bedeutende und gründliche Brandschäden,
dass die praktische Verwendbarkeit und Wetterbe-
ständigkeit sehr fraglich wird. Es ist sicherlich nur
eine Frage der Zeit, bis die Mängel der Technik
überwunden werden; dass es möglich ist, auch sehr
grosse Stücke farbigen Steinzeugs fehlerlos aus dem
Ofen zu bringen, beweisen ausser den Arbeiten der
Manufaktur von Sevres auch die Bauteile des Pavillons,
den die Fabrik von Doulton in Lambeth für ihre
technisch hochstehenden, sonst aber etwas altmodischen
Erzeugnisse im internationalen Kunstgewerbepalais
errichtet hat.

Viele der französischen Gresfabrikanten setzen einen
gewissen Stolz darein, möglichst matte, stumpfe Gla-
suren zu erzielen und den natürlichen lebhaften Glanz,
den das Scharffeuer verleiht, zu vermeiden. Ich kann
in dieser höchst modernen Liebhaberei, die sich mehr
an den Tastsinn als an das Auge wendet, etwas wirk-
lich Erstrebenswertes und künstlerisch Berechtigtes
nicht erkennen, am wenigsten dann, wenn die Mattie-
rung der Glasur nicht im Ofen, also auf echt kera-
mischem Weg, sondern nachträglich durch Ätzen oder
Sandgebläse, wie bei den Fayencen mit »email mat
veloute« von Lachenal und anderen zu stände ge-
bracht wird.

In Deutschland ist das Steinzeug mit Überlauf-
glasuren nur durch die vortrefflichen, noch stark japa-
nisierenden Arbeiten von /. /. Scharvogel in München
vertreten, die an frischer gesunder Farbigkeit manchen
hochgerühmten Erzeugnissen Frankreichs überlegen
sind. Ähnliche Wirkung erzielt Hermann Mutz in
Altana, aber in einer weicheren, fayenceähnlichen
Masse. Der massigere Brand, den letztere beansprucht,
gestattet ihm eine reichere Abwechslung der Glasur-

farben, als sie das hohe Feuer des harten Steinzeugs
hergiebt. Als wesentlicher Vorzug der deutschen
Produkte verdienen auch ihre menschlichen Preise
hervorgehoben zu werden.

Durch dieselbe auf Japan basierende Geschmacks-
richtung, die den Aufschwung des geflammten Stein-
zeugs befördert hat, sind auch in der Porzellanindustrie
manche neuen und gelungenen Erscheinungen her-
vorgerufen worden. Die mehrfarbig in einander ge-
flossenen Glasuren, die schon die altchinesische Ke-
ramik mit Meisterschaft handhabte, sind bei dem
europäischen Porzellan nur wenig vertreten, vielleicht

PORZELLANVASE AUS DER MANUFACTUR
VON SEVRES.
 
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