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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

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Falke, Otto von: Die Kunsttöpferei auf der Pariser Weltausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0102

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DIE KÜNSTTÖPFEREI AUF DER PARISER WELTAUSSTELLUNO

FAYENCEN VON FRAU SCHMIDT-PECHT, KONSTANZ.

Die Ausstellung der Staatsfabrik von Sevres ist
allgemein als ein Glanzpunkt der kunstgewerblichen
Abteilung anerkannt worden, obwohl sie auf einen
pomphaften einheitlichen Aufbau verzichtet und ihre
Arbeiten auf Galerie und mehrere Zimmer anspruchs-
los aber übersichtlich verteilt hat. Diese Art der Auf-
stellung, die nichtfranzösischen Fabriken schon aus
Raummangel unmöglich war, hat den Vorzug, dass
die einzelnen Stücke wertvoller erscheinen, als es bei
der dichtgedrängten Anhäufung der Objekte, wie sie
bei den deutschen Staatsfabriken zu sehen ist, mög-
lich ist. Sevres hat es ohne Frage verstanden, sich
technisch und künstlerisch zu modernisieren, ohne
doch den Zusammenhang mit seiner Tradition zu
verlieren. Aber trotz aller Anerkennung für die Schön-
heit der Massen, für die Sicherheit und vollendete
Eleganz der Arbeit, für den echt französischen Ge-
schmack, wie er namentlich in den Emaildekorationen
von Thesmar zum Ausdruck kommt, kann ich die
Überzeugung der Franzosen nicht teilen, dass Sevres
nun unangefochten an der Spitze der ganzen Porzellan-
industrie steht. Seine Biscuitfiguren, und zwar nicht
nur die allgemein bewunderten tanzenden und musi-
zierenden Mädchen von Leonard, sind allerdings heute
ebenso unerreicht, wie im 18. Jahrhundert. Aber die ge-
malten Gefässdekorationen, fast ausnahmslos Pflanzen-
muster in einer an Grasset erinnernden etwas akade-
mischen Stilisierung, ermangeln doch wohl der Viel-
seitigkeit und lassen uns kühl.

Aber trotz seiner Schwächen hat Sevres gegen-
wärtig die beiden deutschen Staatsanstalten überholt.
Die Ausstellungen von Berlin und Meissen, die den
besten Platz im deutschen Kunstgewerbe erhalten
haben, leiden schon äusserlich unter einer Überladung,
welche die einzelnen Stücke nicht zur Geltung kommen
lässt und entwertet, wenn es nicht gerade Schaustücke
aussergewöhnlichen Umfanges und komplizierter Tech-

nik, wie die von Schley modellierte Brunnengruppe,
der Rokokokamin oder Riesenvasen sind, in deren Her-
stellung die Berliner Manufaktur allerdings nicht über-
troffen wird. Berlin leidet diesmal noch ganz be-
sonders unter einem grossen allegorischen Fliesen-
gemälde, das die Menge der Beschauer blenden mag,
dessen Kunstwert aber in umgekehrtem Verhältnis
steht zu seinem Umfang. In der Verzierung von
Servicen und Ziergefässen durch Überglasurmalerei
und Reliefdekor ist Berlin abwechslungsreicher als
andere und fortgeschrittenere Manufakturen, wenig
förderlich für deren Wirkung ist aber die allgemein
vorherrschende matt gelbliche Tönung, die der edlen
weissen Masse, auf die Berlin mit Recht stolz ist,
einen steingutartigen Charakter verleiht.

Die sächsische Staatsanstalt bringt zwar einige
Proben moderner Technik, Kristallglasuren und Unter-
glasurmalerei, ohne erhebliche künstlerische Selb-
ständigkeit; sie hat aber im übrigen im Bewusstsein
ihrer historischen Stellung an der Hochachtung für
ihre Altsachen festgehalten, deren Einfluss auch dort
zu erkennen ist, wo keine direkten Kopien altmeissener
Modelle vorliegen. Dieser konservative Zug kann
geschäftlich wohl begründet sein, künstlerisch be-
deutet er bei dem gegenwärtigen neuen Leben in
der Porzellanfabrikation eine Rückständigkeit.

Bei den übrigen Porzellanfabriken sind neben sehr
viel mittelmässigen manche gediegene Arbeiten zu
sehen: sorgfältig dekorierte Service bei Fischer & Mieg
in Pirkenhammer-Karlsbad, einige gute Figuren bei
Dressel & Kister in Passau; selbständige Neuerungen
sind aber, auch bei den grossen Limousiner Fabriken,
nicht zu erwähnen. Eine Ausnahme machen die von
Schmitz-Baudiss in München in modernem Geiste
entworfenen und von Swaine & Co. in Hüttensteinach
mit Unterglasurfarben ausgeführten Porzellangefässe,
ferner die überaus zarten Weichporzellane mit durch-
 
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