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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

DOI Artikel:
Bartesch, Hermine: Die Kunststickerei auf der Pariser Weltausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0111

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KONIQL. PORZELLAN-MANUFACTUR MEISSEN.
MALEREIEN MIT SCHARFFEUERFARBEN UND PATE SUR PATE-TECHNIK.

MITTELVASE MIT FREIHÄNDIG MODELLIERTEN BLUMEN.

DIE KUNSTSTICKEREI AUF DER PARISER
WELTAUSSTELLUNO

Wer sich ein übersichtliches Bild von dem Fort-
schritte dieses Kunstgewerbezweiges schaffen
wollte, der hatte keine geringe Mühe, sich
in den verschiedenen Ausstellungs - Palästen zurecht-
zufinden, die darin teils einzeln, teils in Gruppen aus-
gestellten Stickereien aufzusuchen. Von den Kunst-
schätzen ältester Zeiten bis hinauf zu den Schöpfungen
der neuen Richtung war alles vertreten, was notwendig
ist, um von der Entwickelung der Stickerei einen klaren
Begriff zu bekommen.

Diesen älteren Kunstwerken hatte Frankreich bei
weitem das grösste Feld eingeräumt und aus den
berühmten Kirchen des Landes, aus Museen und
Privatsammlungen die köstlichsten Stücke entlehnt,
um sie im Petit Palais auszustellen und damit ein
Gesamtbild von dem Kunstfleiss vergangener Jahr-
hunderte zu geben.

Stolen und Altardecken, Fahnen und Gewänder,
die sowohl kirchlichen wie profanen Zwecken dienten,
mussten durch ihre herrlichen Farben und die
künstlerisch feine und unendlich mühevolle Aus-
führung der Stickerei Bewunderung erregen. Ebenso

die wunderbar schönen Gobelins aus den Kathedralen
von Aix, Rheims, De Mans, die herrlichen alten
Spitzen und die gemalten Rokokofächer mit den ent-
zückenden, zarten Gestellen aus Perlmutter und Gold-
bronce.

Von den Kirchenstickereien war eine Casel und
ein Rauchmantel aus der Kathedrale von Rheims von
besonderer Schönheit; der Grund war in angelegtem
Gold ausgeführt, von dem sich die Bildstickerei
plastisch abhob, die Gewänder und Gestalten in
haarfeiner Seide gestickt, deren abgetönte alte Farben
eine wunderbare Wirkung erzielten.

Auf dem Marsfelde erregte grösstes Interesse in
einem Teil der französischen Ausstellung die genähten
und geklöppelten alten Spitzen — point de Venise -
point de Bruxelles — point duchesse etc. und da-
neben eine Sammlung historischer französischer
Trachten mit reicher Gold- und Seidenstickerei, unter
ihnen der Taufmantel des Königs von Rom, gestickte
Herren-Fracks aus der Rokokozeit, die mit ihrer
graziösen Seidenstickerei so lustig und amüsant
wirken.

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