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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

DOI Artikel:
Plehn, Anna L.: Die Ausstellung der Künstler-Kolonie Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0217

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210

DIE AUSSTELLUNG DER KÜNSTLER-KOLONIE DARMSTADT

FÜLLUNGEN VON
BILDHAUER
H. BOMSER
KARLSRUHE

Ernster und wuchtiger fasst Peter Behrens die
Farbe an. Eigentlich ist er vorzugsweise ein Mann
der Form, der es so ernst mit der Linie nimmt,
dass er die Naturreminiszenz völlig aus dem Orna-
ment vertreibt. Christiansen bleibt auch als Orna-
mentiker noch Bewunderer der lebendigen Natur-
form und kultiviert als sein eigenstes Ausdrucks-
element die Farbe, während Behrens erprobte Farben-
nüancen mit feinem Takt ausnutzt, um sein Eigenstes
im Ornament auszuprägen. Persönliche Stimmungs-
eigentümlichkeiten ruhen in den streng, feierlich
zackig nebeneinander herlaufenden Konturen der
Holzeinlagen des Musikzimmer-Parketts. Es vertritt
den gewohnten Teppich, welcher dem Vollklang der
Töne zu Liebe weichen musste. Behaglicher ge-
rundet sind die Wellenverschlingungen des Heiz-
verkleidungsgitters und Fussbodenmosaiks im Ess-
zimmer, das auch mit seinem heiteren Weiss-Rot der
fast bedrückenden Wucht des Blau-Schwarz-Gold im
vorhergehenden Raum licht gegenübergestellt ist. Auch
im Äusseren des Hauses die gleiche Liniensymbolik
und Zurückhaltung. Festigkeit und Energie des
Strebens in den klar durchgeführten Senkrechten ver-
körpert, die sich durch reichliche Anwendung grün-
glasierter Verblendsteine und trübroter Ziegeln von
dem warmen Weiss des Wandverputzes entschieden
abheben. Es ist viel davon gesprochen worden, wie

jede Individualität sich im eigenen Hause ein Aus-
drucksmittel schaffen solle. Behrens hat seine Hand-
schrift am deutlichsten im Ornament niedergelegt,
wie Christiansen die Farbe und Olbrich die klare
Architekturlinie zu ihren beredtesten Dolmetschern
machten.

Durch die Eigentümlichkeit der deutlich sprechen-
den Linienführung ist auch das Ausstellungsplakat
von Behrens eins der vorzüglichsten Reklamebilder
geworden, das wir noch in Deutschland gesehen
haben. Es schliesst in ganz gedämpfte graubraune
Farben das in Grün und Blau funkelnde Kleinod
sicher ein, welches die Hände einer tragenden Ge-
stalt, halb Lichthalter, halb Menschenbild, grüssend
emporheben. Hier ist jener natürliche Symbolismus,
welcher jedem Plakat eigen sein müsste, ein Zu-
sammenfassen der Absichten, welche angekündigt
werden sollen. Kann der Zeichner klarer ausdrücken,
als hier geschehen ist, dass an diesem Platze die
Kunst aus den Lebenserscheinungen ihre Motive
schöpfen will, um sie in gesunde, schöne Zweck-
formen umzugiessen? Wenn überhaupt das Plakat
jeden eigentlichen Realismus fürchten muss, so ist
ein solches für eine Ausstellung der angewandten
Kunst doppelt verpflichtet, den Linien einen abstrakten
Wert zu geben und nicht dem ersten Blick schon
ein deutliches Bild hinzuhalten. Und noch eins.
 
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