Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 15.1903-1904

DOI Artikel:
Plehn, Anna L.: Neue Gruppe Berlin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4871#0034

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
NEUE GRUPPE BERLIN

25

GROSSE BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG 1903, FENSTER IM MUSIKZIMMER (S. ABB. S. 26)
ENTWURF: MALER GUHR, AUSFÜHRUNG: OTTO VITTALI

Schwere der Möbel noch verstärkt wird. Seitdem
Behrens im Musiksaal des Darmstädter Hauses das
Beispiel gab, scheinen die Künstler überein gekommen,
diese Art von Gemächern nur auf den Beethoven-
kultus einzurichten. Vorher hatte Riemerschmid es
in seinem Musikzimmer mit der leichten Sachlichkeit
versucht. Er war mit den Holzstärken sparsamer
umgegangen. Mir scheint mit Recht. Denn die
Raumformen sollen wohl der Bestimmung angemessen
sein, dazu gehört aber noch nicht eine so absichtliche
Interpretation. Die Hauptstimmunggeberin soll in
diesem Zimmer doch ein für allemal die Musik sein,
es heißt in ihre Rechte eingreifen, wenn die ganz
bestimmte Richtung zur ernsten Schwere sich schon in
jeder Form sichtbar ausdrückt. Schon mit Bachs
und Mozarts Heiterkeit setzt man sich dadurch in
Widerspruch.

Wenn einmal der gewählte Charakter zugegeben
ist, stellen sich Schrank und Tisch sehr würdig dar.
Beide mit massigem Untergestell ausgestattet, am Tisch
die vor die Nische gerückte Seite mit durchgehender
Wand von oben bis unten geschlossen. Die Abbil-
dung zeigt darüber eine Skulptur, welche nicht für
den Raum bestimmt war, sondern welche von der
Anordnungskommission der Ausstellung an diesen

Platz gestellt wurde, an den sie nicht paßt. Der
Notenschrank spitzt sich nach oben in mehreren
Stufen schlanker zu und zeigt in Vergoldung ein
ausdrucksvolles Wellen- und Tropfenornament.

Von hier aus betritt man das Herrenzimmer, das
Architekt Salzmann ausstattete. Das Farbenarrange-
ment leitete hier wie auch im Speisezimmer Richard
Guhr. Es ist in der Gesamtwirkung beide Male nicht
sehr verschieden ausgefallen, das Speisezimmer etwas
heller und freundlicher. Aber hier wie dort ist es
Grau und Grauweiß mit Gelb oder Gelbbraun, wenn
man genau zusieht, das eine Mal durch etwas Grün,
das andere Mal durch Orangegelb gehoben.

Salzmann strebt in seinen Möbeln nach ernstem
Gleichgewicht der Linien, er möchte sie fest am
Boden wurzeln lassen. Deswegen bedient er sich
gern der breiten, schweren Endungen an den Stuhl-
beinen. Die verbindenden Holzkreuze sind nahe über
dem Boden angebracht, übrigens in den Diagonalen
der Standfläche, wodurch sie immerhin nicht so
schwerfällig wirken, als wenn sie die Konturen des
Quadrats umschreiben würden. Dieselbe Absicht ist im
ganzen bei allen Möbeln festgehalten. Das Eck-
schränkchen mit den offenen Fächern erhält Zierlich-
keit dadurch, daß in seinem obersten Geschoß die
 
Annotationen