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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 15.1903-1904

DOI article:
Plehn, Anna L.: Neue Gruppe Berlin
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4871#0038

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NEUE GRUPPE BERLIN

2Q

einer glatten Mittelfläche. Die Gedrängtheit der
Stellungen und die teilweise durchschnittenen Figuren
sind dadurch vollkommen motiviert. Mehr noch als
das Relief gibt die Rundplastik, welche gestattet, der
Form voller gerecht zu werden, einen Begriff von
der rein plastischen Auffassungsweise dieses Bildners.
Er folgt jeder Flächenbewegung mit der größten
Schärfe und erreicht dadurch die enorm individuelle
Bildung eines Schädels, wie ihn die abgebildete Büste
zeigt. Auch die Unterschiede der festangespannten
Haut von jener, die lose über schlaffen Muskeln liegt,
wird ganz deutlich, wie man bei Vergleichung von
Hand und Stirn erkennt. Und doch ist kein Versuch
gemacht zu einer malerischen Behandlung, welche
z.B. die Runzeln alsOberflächenbezeichnung darstellen
würde. Der Bart ist als zusammenhängende rund-
liche Masse aufgefaßt und nur die verschiedenen ge-
richteten Flächen, nicht die Rauheit einer Haarmasse
werden deutlich.

Der letzte Raum, das Eßzimmer, scheint mir im
Verein mit dem Bad als der vorzüglichste
Teil der Veranstaltung.

Die Möbel sind von Schaudt ent-
worfen. Sie tragen den Stempel gemüt-
licher Behäbigkeit ohne allzustark mit
den Mitteln aufzutragen. Wohl stehen
Büfett und Anrichte mit massiver, wie
ein Sockel vorspringender Standfläche auf
dem Fußboden, aber die Stuhlbeine wer-
den nach unten zu schlanker. Denn wenn
auch die vorderen Paare ganz am Ende
wieder an Stärke zunehmen, so haben
sie doch auch hier geringeren Umfang
als da, wo sie mit der Sitzfläche zusam-
mentreffen. So ruht das Möbel leicht
auf dem Boden, trotzdem die breite
Lehne, die den Brettcharakter zur Schau
trägt, Gewicht genug hat. Auch der feste,
runde Fuß, welcher die leichteren Stützen
der Tischplatte zusammenfaßt, wird
durch Kugeln mit Rollen leicht beweg-
lich gemacht, sowohl tatsächlich als für
den Augenschein. Die Lehnen der Arm-
sessel sind steil und schmal. Hier ist
weniger auf die Bequemlichkeit des
Ruhens als auf Würde Bedacht genom-
men. Wenn man sich auf diesem Sitz
schon anlehnt, wird man es wenigstens
nur in völlig grader Haltung tun können.
Die Schrankmöbel erhalten den Charakter
des Zusammengefaßten durch die um-
schließenden Stützen. Sie enthalten beide
offene Räume. Es sind Nachklänge des
Stollenschrankes diese voneinander ge-
trennten und durch dieTrägerverbundenen
Schrankfächer. Und doch würde man die
Stützen nach dem Renaissance-Schema auf
dem Deckel des unteren Kastens stehen
und am oberen etwas entfernt von den
Kanten ansetzen lassen. Der moderne
Charakter drückt sich darin aus, daß im

Kunstgewerbeblalt. N. F. XV. H. 2

einen Fall die Säulen, im anderen die kantigen Träger
um den unteren Kasten herumgreifen und darum von
der Fußfläche an bis oben durchgeführt sind. Das
Auge ergänzt diese vereinzelten Glieder zu einer ge-
schlossenen Wand, während nur der untere oder der
obere Schrankteil über die so markierte Grenze hinaus-
zuspringen brauchte, um die Gliederung des Körpers
viel stärker zu betonen. Darauf aber scheint es heute
nun einmal nicht abgesehen, denn man kann die
Abneigung gegen jene Art von Bewegungen sehr
deutlich bei den verschiedensten Künstlern beobachten.
Der ganze Möbelkörper soll straff zu einem Ganzen
zusammengefaßt werden. Unterstützt wird der Zu-
sammenhang der Möbel wieder wesentlich durch die
Rückwand, welche vom Boden bis zur obersten Möbel-
kante durchgeführt ist. Auch das Büfett hat übrigens
einen verkleinerten Aufsatz, der zur Aufstellung von
Geschirr benutzt wird.

An dem letztgenannten Schrank lassen sich be-
sonders die verschiedenen Säulen, Träger und Kon-



MUSIKZIMMER, PORTIERE, ENTWURF: MALER R. OUHR,
AUSFÜHRUNO: MARC. HELBIO UND ELISABETH OSTEN

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