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MUSEEN UND VOLKSBILDUNG
Tor weit, weit aufsperren
würde, um dem Strom Einlaß
zu gewähren.
Adolf Hildebrand hat hier
das richtige getroffen, wenn
er sagt: »Der künstlerische Vor-
stellungstrieb (der ja dieGrund-
bedingung zum künstlerischen
Empfinden bildet) erfährt mit
dem Eintritt des Kindes in
die Schule einen jähen Ab-
bruch. Ihre kunstfeindlichen
Disziplinen hemmen diese Vor-
stellungsweise und ersticken
das natürliche Ausdrucksbe-
dürfnis dafür. Ein zu großer
Teil der jugendlichen Kraft
wird für das Studium des ge-
druckten und geschriebenen
Wortes verbraucht.'
Soll also eine Generation
groß werden, die unbeschadet
ihrer Leistungsfähigkeit auf
anderen Gebieten das künst-
lerische Moment im Leben
hochhält, so muß der Ansatz
dazu nicht beim Erwachsenen,
er muß beim Kinde gemacht
werden. Darüber ist schon
so viel geschrieben und ge-
sprochen worden, daß es Eulen
ERNST RIEGEL, MÜNCHEN, HANDSPIEGEL
AUS VERGOLDETEM SILBER MIT NIELLO
UND PERLMUTTEREINSÄTZEN, DES-
GLEICHEN MIT VERGOLDETER SILBER-
FASSUNG UND HÄNGELAMPE FÜR GAS-
GLÜHLICHT MIT GRÜNEM STURZ
nach Athen tragen hieße, soll-
ten die vom Dresdener Kunst-
erziehungstag behandelten The-
mata hier neuerdings in den
Vordergrund gerückt werden.
Ein anderer Umstand aber
kann nicht unberührt bleiben,
der gerade bei diesem Kunst-
erziehungstage nicht zum Aus-
drucke gekommen ist, der
Hinweis nämlich auf praktisch
bestehende Einrichtungen, die
im Sinne einer stärkeren Be-
tonung der Ausbildung des
Beobachtungs- und Vorstel-
lungsvermögens in der Schule
ins Leben gerufen worden sind.
Es muß hier neuerdings auf
vorzügliche Einrichtungen in
den Vereinigten Staaten von
Nordamerika verwiesen werden.
Die erste und stärkste Vor-
stellungsmöglichkeit beruht
auf Eindrücken, die durch die
reale Welt geboten werden,
nicht auf Dingen, die als Ge-
dankenprodukt sich darstellen.
Das Kind versteht die Natur-
form des Baumes, der Blume,
des Tieres, wenn auch nicht
im verfeinerten Sinne, weit
MUSEEN UND VOLKSBILDUNG
Tor weit, weit aufsperren
würde, um dem Strom Einlaß
zu gewähren.
Adolf Hildebrand hat hier
das richtige getroffen, wenn
er sagt: »Der künstlerische Vor-
stellungstrieb (der ja dieGrund-
bedingung zum künstlerischen
Empfinden bildet) erfährt mit
dem Eintritt des Kindes in
die Schule einen jähen Ab-
bruch. Ihre kunstfeindlichen
Disziplinen hemmen diese Vor-
stellungsweise und ersticken
das natürliche Ausdrucksbe-
dürfnis dafür. Ein zu großer
Teil der jugendlichen Kraft
wird für das Studium des ge-
druckten und geschriebenen
Wortes verbraucht.'
Soll also eine Generation
groß werden, die unbeschadet
ihrer Leistungsfähigkeit auf
anderen Gebieten das künst-
lerische Moment im Leben
hochhält, so muß der Ansatz
dazu nicht beim Erwachsenen,
er muß beim Kinde gemacht
werden. Darüber ist schon
so viel geschrieben und ge-
sprochen worden, daß es Eulen
ERNST RIEGEL, MÜNCHEN, HANDSPIEGEL
AUS VERGOLDETEM SILBER MIT NIELLO
UND PERLMUTTEREINSÄTZEN, DES-
GLEICHEN MIT VERGOLDETER SILBER-
FASSUNG UND HÄNGELAMPE FÜR GAS-
GLÜHLICHT MIT GRÜNEM STURZ
nach Athen tragen hieße, soll-
ten die vom Dresdener Kunst-
erziehungstag behandelten The-
mata hier neuerdings in den
Vordergrund gerückt werden.
Ein anderer Umstand aber
kann nicht unberührt bleiben,
der gerade bei diesem Kunst-
erziehungstage nicht zum Aus-
drucke gekommen ist, der
Hinweis nämlich auf praktisch
bestehende Einrichtungen, die
im Sinne einer stärkeren Be-
tonung der Ausbildung des
Beobachtungs- und Vorstel-
lungsvermögens in der Schule
ins Leben gerufen worden sind.
Es muß hier neuerdings auf
vorzügliche Einrichtungen in
den Vereinigten Staaten von
Nordamerika verwiesen werden.
Die erste und stärkste Vor-
stellungsmöglichkeit beruht
auf Eindrücken, die durch die
reale Welt geboten werden,
nicht auf Dingen, die als Ge-
dankenprodukt sich darstellen.
Das Kind versteht die Natur-
form des Baumes, der Blume,
des Tieres, wenn auch nicht
im verfeinerten Sinne, weit