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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 15.1903-1904

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Zeitler, Julius: Medaillen und Plaketten von Paul Sturm
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https://doi.org/10.11588/diglit.4871#0152

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PAUL STURM,
LEIPZIG,

JULIUS BLÜTHNER-
PLAKETTE

MEDAILLEN UND PLAKETTEN
VON PAUL STURM

TROTZ der regen Tätigkeit, die Lichtwark für
die Wiedererweckung der Medaille einsetzte,
trotz des breiten Interesses, das sich in der
modernen Kultur dafür regt, will doch nicht die
Klage verstummen, daß Medaillen und Plaketten
immer noch die Stiefkinder der Kunst sind. Die
Medailleure, die Plakettenkünstler sind da, und
Deutschland steht darin keineswegs hinter Frankreich
zurück, nun möge auch die öffentliche Aufmerksam-
keit sich so auf diesen Kunstzweig lenken, wie er es
verdient.

Unter den deutschen Medailleuren ist Paul Sturm
in Leipzig in den letzten beiden Jahren mit einer
überraschenden Vehemenz in den Vordergrund ge-
treten, um so erstaunlicher ist es, daß er nicht in
dem Maße bekannt ist, als es die Zahl und die Qua-
lität seiner Arbeiten eigentlich fordern. Während den
wenigen anderen deutschen Medailleuren längst die
öffentliche Würdigung zuteil geworden ist, muß Paul
Sturm merkwürdiger- und ungerechterweise noch
auf die Anerkennung seines bedeutenden und schönen
Werkes warten.

Paul Sturm hat vor den meisten seiner Kunst-
genossen einen erheblichen Vorzug: er kam aus dem

Kunstgewerbeblatt. N. F. XV. H. 8

Handwerk und behielt auch sein Lebtag die hand-
werkliche Gediegenheit, die im Eindruck seiner Werke
nicht an letzter Stelle zur Geltung kommt. Wie er
schon in seinem äußeren Habitus der schlichte Mann
der Werkstatt ist, so tragen seine Medaillen schon
für den oberflächlichen Blick den Stempel der hand-
werklichen, werkstattmäßigen Tüchtigkeit. Damit
hängt eng zusammen, daß Sturm in seinem Kunst-
gebiete eine schwerwiegende Reform einführte, die
Wiederentdeckung eines in tiefe Vergessenheit ge-
ratenen Verfahrens, nämlich den Steinschnitt. Während
der moderne Medailleur — besonders die Franzosen
— ein großes Modell aus Ton oder Plastilin her-
stellt, darnach den Gipsabguß macht und diesen
zum Zwecke der Reproduktion in Bronze mechanisch
verkleinern läßt, ist es Sturms prinzipielles Bestreben,
das Modell möglichst in genau derselben Größe her-
zustellen, wie sie später die fertige Arbeit haben soll.
Sein Hauptmaterial ist der gewöhnlich zur Litho-
graphie verwendete Solenhofener Stein; um ihn zu
bearbeiten, bedarf er keines Hilfsmodelles, sondern
nur einer Skizze, einer orientierenden Zeichnung, die
meistens auf den Stein selbst gebracht wird. Der
Stein gestattet die subtilste Ausführung, er ist so

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