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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 15.1903-1904

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Erler, Margarete: Der moderne Fächer
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https://doi.org/10.11588/diglit.4871#0236

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DER MODERNE FÄCHER

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MARGARETE ERLER, BERLIN, FÄCHER IN DURCHSICHTIGER MALEREI VEREINT MIT STICKEREI
UND SPITZENSTICHEN. MODEFARBENE GAZE MIT ROTEN EBERESCHEN

der sinnigen Künstlerliand eines Chodowiecki. Teils
für patriotische Gelegenheiten und teils dem Frauen-
leben und -Lieben gewidmet, hat er seine innige
Künstlernatur auch im Fächerblatte offenbart. — Ende
des 18. Jahrhunderts verflacht die Kunst immer mehr,
die Malereien werden schablonenhaft und verschwinden
schließlich ganz, die Gestelle werden immer dürftiger
und uninteressanter.

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, nach einer
längeren Zeit der Vergessenheit und Interesselosigkeit,
erstand dem Schmuckfächer abermals eine neue Blüte-
zeit. Die Pariser Fächerindustrie nahm für die An-
fertigung der Gestelle alte Anregungen aus der ver-
gangenen Rokokozeit wieder auf und sandte ihre Er-
zeugnisse in alle Länder der Welt. Die Künstler
fanden wieder in dem gemalten Fächerbilde den
willkommenen Anreiz für ein intimes und liebens-
würdiges Schaffen. In eigenster künstlerischer Sprache
voller Hingabe an die Aufgabe selbst, wurden diese
kleinen Kunstwerke der Ausdruck persönlicher Freund-
schaft und Liebe.

So war es in Frankreich, war es in Deutschland.
Die liebenswürdig gemalten Fächer unserer deutschen
Künstler und Künstlerinnen jener Zeit sind noch in
aller Gedächtnis, sie sind durch Ausstellungen und
Abbildungen allgemein bekannt geworden. Erst kürz-
lich hat Georg Büß in seinem Büchlein »Der Fächer«
sie übersichtlich zusammengestellt und sie seiner
historischen Entwickelung des Gegenstandes angereiht.
— Eine internationale Ausstellung in Karlsruhe 1891
unter dem Protektorat des Großherzogs von Baden

zeugte von dem allgemeinen Interesse für die Ge-
schichte und Fortentwickelung des Fächers bis auf
die heutige Zeit. Das schöne Illustrationswerk »Alte
und neue Fächerausstellung in Karlsruhe 1891« hat
das Gebotene in vorzüglichen Reproduktionen fest-
gehalten, unterstützt von einem übersichtlichen, prägnant
geschriebenen Begleittext von Marc Rosenberg.

Trotz dieser erfreulichen Anregungen zeigte sich
die heimische Fächevindusfrie der französischen Kon-
kurrenz dieser Zeit noch nicht gewachsen.

Obwohl die Fabrikation des Fächers sich aus
zwei getrennten Branchen zusammensetzt, insofern
die Anfertigung der Stäbe eine selbständige Industrie
bildet neben der Herstellung des Blattes, ist sich die
französische Fabrikation stets bewußt geblieben, daß
nur durch das Zusammenstimmen von Gestell und
Blatt ein harmonisches Ganzes erreicht wird. Die
reizvollen gemalten Entwürfe der modernen Maler
und Zeichenkünstler hat sie verstanden, für Bespannung
und Fächergestell glücklich zu verwerten, und somit
die moderne Kunst auch auf diesem Gebiete zur
Geltung zu bringen. — Von der deutschen Fächer-
industrie läßt sich leider nicht das gleiche behaupten;
hier fehlt es bis jetzt noch an einer selbständigen
zeitgemäßen Entwickelung. Soweit man in Deutsch-
land zur Zeit überhaupt von einer einheimischen
Fächerindustrie sprechen kann, ist dieselbe lediglich
eine Teilindustrie, denn sie beschränkt sich im wesent-
lichen auf das Fächcrblatt. Die Fächergestelle bezieht
der hiesige Fabrikant aus Frankreich, vereinzelt aus
Österreich, erst in neuerer Zeit sind Anfänge der
 
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