Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 15.1903-1904

DOI Artikel:
Erler, Margarete: Der moderne Fächer
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4871#0235

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2 24

DER MODERNE FÄCHER

_#





MARGARETE ERLER, BERLIN, FÄCHER MIT STICKEREI UND SPITZENSTICHEN
FAHLBLAUE GAZE, IN GLEICHFARBIGEM SPITZENGRUND WEISSLICH GESTICKTE BLÜTEN

reizvoller gemalter Künstlerfächer sorgte für Neube-
lebung und gute Vorbilder. Es vollzog sich das,
was auch heute die Kunst erstreben soll und erstrebt
hat, der Zusammenschluß des Künstlers in seiner
schöpferischen Idee mit der technischen Fertigkeit
des Handwerkers: das K'insthandwerk.

Seitdem hat Frankreich diesen führenden Platz
auf dem Fächermarkt siegreich behauptet, denn die
Fächerkunst wurzelte dort und fand die Lebensbe-
dingungen zu ihrem Gedeihen in reichem Maße. — Sie
begegnete erfolgreich jeder Konkurrenz, behauptete das
Feld und war in ihren Anfängen schon kräftig genug,
um der zeitweisen Überschwemmung billiger Ware,
aus Japan importiert, stand zu halten. Sie hat alle
bösen Zeiten der inneren politischen Kämpfe und der
zeitweisen Interesselosigkeit überdauert und sich seit
der Mitte des 19. Jahrhunderts zu neuer Blüte ent-
faltet.

So steht es mit der französischen FächerÄa/zs/
und Fächcri/idustrie; und wie steht es nun bei uns
in Deutschland?

Auch bei uns entfaltete sich, von Frankreich
herüberkommend, im 18. Jahrhundert eine Blüte-
zeit für den Fächer. Die wunderbar feinen Stücke,
die wir hier im Kunstgewerbemuseum deutschen Ur-
sprungs haben, beweisen, daß wir, französischer An-
regung folgend, Künstler und Handwerker besaßen,
die sich der Aufgabe gewachsen fühlten, dasselbe zu
leisten, und ganz reizende Fächer entstanden in dieser
Zeit. Ja, die deutschen Arbeiten können sich getrost
mit den französischen messen, die Ausführung der

Stäbe ist sogar technisch oft viel besser und reeller.
Aber in Deutschland blieb es bei den Einzelstücken.
Der gemalte Schmuckfächer aus Künstlerhand und
von geschickten Kunsthandwerkern mit Gestell ver-
sehen, blieb eine kostbare Seltenheit, ein Besitztum
der Wohlhabenden und Kunstsinnigen. Aus dem
Kunsthandwerk entstand keine Zunft, trotzdem die
technischen Kräfte wohl vorhanden gewesen wären.
So mußte die Fächermalerei verflachen und versiegte
schließlich ganz, zumal auch die politischen Zu-
stände unseres zerrissenen Deutschlands und die
ernsten Zeiten unseres Vaterlandes schwer auf äußeren
Wohlstand und heiteren Luxus drückten. Frankreich
behauptete den Markt, und so bezog man entweder
französische gemalte Fächerblätter oder begnügte
sich lediglich mit dem Nachahmen französischer
Malerei. Im besten Falle wurde das Gestell in
Deutschland, ebenfalls nach französischem Geschmack,
dazu gearbeitet, oder schließlich auch dieses zugleich
mit dem gemalten Blatt bezogen, das war ja so viel
einfacher und entsprach der herrschenden Mode, die
alles, wie auch heute noch, den Franzosen nachmacht.
Weder für den Künstler noch für den Handwerker
wurden die gegebenen Anregungen zum Ausgangs-
punkt einer eigenen schöpferischen Tätigkeit auf
nationalem Boden. Und so blieb es die langen
Jahrhunderte hindurch. Die Fächerkunst und das
Interesse für den Fächer verfiel immer mehr. Die
deutschen Künstlerfächer im 18. Jahrhundert werden
immer seltener. Nur wenige gemalte Fächerblätter,
die auch deutscher Art sind, haben wir, sie sind von
 
Annotationen