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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 15.1903-1904

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Erler, Margarete: Der moderne Fächer
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https://doi.org/10.11588/diglit.4871#0241

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DER MODERNE FÄCHER

LYDIA HAMMETT, TAUNTON, SCHOOL OF ART. FÄCHER IN BRÜSSELER SPITZE

und nichts schablonenhaftes' ihm anzukleben braucht.
Die Schablone hält ja nur die Kontur der Zeichnung
fest, da aber die Farben mit der Hand aufgetragen
werden, so gestattet die Ausführung trotz der schein-
baren Beschränkung eine persönliche Freiheit der
Empfindung, welche in individueller Farbengebung
sich zeigen kann, selbst bei denkbar größter Verviel-
fältigung durch die Hand des gewerbsmäßigen, aber
feiner kultivierten Druckers.

Durch diesen Versuch wäre für den schablonierten
Fächer wie für den farbig auf Seide oder Papier ge-
druckten ein großes und interessantes Feld gewonnen,
ein bisher noch unbebautes Feld, für Phantasie und
technische Geschicklichkeit gleich reizvolle Aufgaben
verheißend. Solch ein Zusammengehen von Kunst
und Industrie würde freilich imstande sein, einen
guten Ersatz für das Überwundene und Schlechte des
heutigen Marktes zu bieten, vorausgesetzt, daß Fabrikant
und Kaufmann sich der künstlerischen Vorbilder be-
dienen wollen, und daß das Publikum zu. einer
künstlerischen Kulturstufe gelangt, welche in sicherem
Geschmacks- und Urteilsgefühl die Produkte einer
verödeten Industrie ablehnt, und die Befriedigung
einer verfeinerten Geschmacksrichtung fordert.

Ist in der Schablone und dem Druck die Möglich-
keit für die größte Vervielfältigung der ein- oder mehr-
farbigen künstlerischen Vorbilder geboten, also von
größter Wichtigkeit für die Herstellung der billigsten
Ware, so gilt auch für den gewerbsmäßig gemalten
und bestickten Fächer dieselbe Bedingung der guten
Vorbilder und technisch geschmackvoller Nacharbeit.
Also fort mit all den elenden Blümchen und dem
bunten Krimskrams, ihr Fabrikanten. Setzt an die
Stelle das künstlerisch durchdachte Muster, welches
seine schönsten Wirkungen durch die Einfachheit er-

zielt und dessen Ausführung, ob in billigem oder
wertvollem Material, durch vielfache Wiederholungen
nichts Wesentliches von seinen geistigen Qualitäten
verlieren darf. Bildet euch geschickte Arbeiter heran,
die bei besseren Leistungen auch besser bezahlt werden
können, und hebt dadurch eine Heimindustrie, welche
zur Zeit noch ein dunkler Punkt in unserem nationalen
Wirtschaftsleben ist, auf gesunde Basis.

Aber noch eine Art der Herstellung der Fächer-
blätter fiele einer Heimindustrie zu, welche bisher
noch nicht beachtet worden ist. Ich meine die Nutz-
barmachung der Nähmaschinen-Kunststickerei. Das
Benähen der Fächerblätter mit Pailletten, welches zur
Zeit den gestickten Fächer ganz verdrängt hat, wird,
dem Wandel der Mode folgend, sich sehr bald gänz-
lich überlebt haben. Die Handstickerei ist zu schwierig
und mühevoll, zu pastos in ihrem Auftrag, um günstig
für das Zusammenlegen und Auseinanderfalten des
Fächers zu wirken. Da bietet die Nähmaschinen-
stickerei die interessantesten Aussichten. Sie hat sich
in den letzten Jahren auf Weltausstellungen, in Zeit-
schriften und Werkstätten sehr lebhaft bemerkbar ge-
macht, nachdem sie der engen Auffassung der
Stickerei um der Stiche willen entflohen, und die
Kunstgewerbler sie in den Bereich ihrer Beachtung
gezogen haben. Für Möbel- und Zimmerdekorationen
hatte man schon längst die Kurbelmaschine sich
wirksam zu Nutzen gemacht, welche aber in der Be-
schränktheit und Einförmigkeit ihrer Technik niemals
die Reize einer Handstickerei zu ersetzen vermag.
Inzwischen hat aber sinnreiche Kombination, vereint
mit einer glänzenden Herstellung der Nähmaschine
selbst, eine Stickereimöglichkeit hervorgezaubert, die
bisher nur mit der Hand ausführbar war. Lange Zeit blieb
diese Möglichkeit von den Künstlern unbenutzt, denn
 
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