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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 28.1917

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Kunstgwerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4829#0024

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Konstantinopel. Das »Haus der Freundschaft.«
Der Wettbewerb um das Deutsch-türkische Freundschafts-
haus, zu dem auf Vorschlag des Deutschen Werkbundes
zwölf deutsche Architekten aufgefordert wurden — und
zwar Professor Peter Behrens-Berlin, Professor Dr. German
Bestelmeyer-Berlin, Professor Paul Bonatz-Stuttgart, Pro-
fessor Hugo Eberhardt-Offenbach a. M., Professor Martin
Elsässer-Stuttgart, August Endell-Berlin, Professor Dr. Theo-
dor Fischer-München, Walter Gropius-Berlin, Professor
Bruno Paul-Berlin, Professor Hans Poelzig-Dresden, Pro-
fessor Richard Riemerschmid-München, Bruno Taut-Berlin, —
führte dazu, daß in den letzten Wochen eine Reihe dieser
Herren, eingeladen von der Deutsch-türkischen Vereinigung,
Studiums halber in Konstantinopel weilten, um den von der
türkischen Regierung zur Verfügung gestellten, am höchst-
gelegenen Punkte Stambuls befindlichen Bauplatz in Augen-
schein zu nehmen. Es wurde ihnen daselbst durch unsere
Bundesgenossen eine außerordentlich sympathische Auf-
nahme zuteil. Das Haus kommt an die Divan Jolu in das
Viertel zwischen der Aja Sophia und At Meidan einerseits
und dem Kriegsministerium und der Bajasid Moschee ande-
rerseits zu liegen, gegenüber der berühmten Mahmudstürbe.
Dem Bauplatz vorgelagert ist der Platz mit der Zisterne
der 1001 Säulen. Nach Südwesten, Süden und Osten er-
öffnet sich ein gewaltiger Rundblick auf das Marmarameer,
bei der Einfahrt von den Dardanellen her wird das Gebäude*
stark in Erscheinung treten. Das Haus soll umfassen einen
großen Versammlungssaal für 1800 Personen, einen Kon-
zertsaal für 500 Personen, zahlreiche Räume für Ausstel-
lungen auf dem Gebiete der bildenden Kunst, der Technik,
des Handels und der Warenkunde, Heer- und Schulwesens
usw., ein großes öffentliches Kaffee, einen öffentlichen
Nachrichtensaal, ausgedehnte Bibliothek- und Klubräume
und weiterhin Wohngelasse für Studenten. — Für den Bau
dieses Hauses sind Beträge in Höhe von l1/a Millionen
Mark bereits gesammelt. — Bemerkenswert ist, daß bei
dem Wettbewerb die beteiligten Künstler selbst mit einigen
Herren der Deutsch-türkischen Vereinigung das Preisgericht
bilden werden.

RECHTSFRAGEN

Schmuck-, Kunst- und Luxusgegenstände im
Kriegssteuergesetz. Bei der Veranlagung zum Kriegs-
steuergesetz müssen bekanntlich dem nach den Vorschriften
des Besitzsteuergesetzes festgestellten Vermögen auch die
Beträge zugerechnet werden, die im Veranlagungszeitraum
zum Erwerbe von Gegenständen aus edlem Metall, von
Edelsteinen und Perlen, von Kunst-, Schmuck- und Luxus-
gegenständen sowie von Sammlungen aller Art aufgewendet
worden sind, sofern der Anschaffungspreis für den einzelnen
Gegenstand 500 Mark und darüber und für mehrere gleich-
artige Stücke 1000 Mark und darüber beträgt. In der Reichs-
tagskommission wurden mehrfach Bedenken laut, ob der
Begriff der Luxusgegenstände genügend klar sei. Von
zuständiger Stelle wurde zugegeben, daß der Begriff ein
sehr flüssiger sei, weshalb es nötig wäre, ihn in den Aus-
führungsbestimmungen näher zu erläutern In seinem so-
eben veröffentlichten -»Kommentar zum Kriegssteuergesetz«
hat Professor Stier-Somlo die Frage erörtert und ist dabei
zu folgenden Ergebnissen gekommen:

»Die Frage, was zum Edelmetall, zu Edelsteinen oder
Perlen zu rechnen ist, bleibt sachverständiger Schätzung
und der Beurteilung der Steuerbehörden überlassen. Ob
ein Gegenstand zur Kunst, zum Kunstgewerbe oder zum
Kunsthandwerk zu zählen ist, ist Tatfrage. Die Abgabe-
pflicht tritt jedenfalls ein, wenn der Luxuszweck sowohl
nach allgemeiner Anschauung, wie nach der gesellschaft-

lichen Stellung des Eigentümers angenommen werden, die
Eigenschaft als bloßer Gebrauchsgegenstand verneint werden
muß, und wenn außerdem einerseits die Überflüssigkeit
der Anlage, andererseits die Absicht festgestellt werden
kann, Geldbeträge durch solche Anschaffungen der Kriegs-
abgabe zu entziehen. Wenn auch die Wohnungseinrich-
tung als solche abgabefrei bleibt, so insbesondere Beleuch-
tungsapparate, Sitz- und Schlafgelegenheiten, so können
doch einzelne zum Schmuck des Hauses in der Kriegszeit
angeschaffte Kostbarkeiten, wie z. B. alte Truhen, gestickte
Gobelins, seltene Uhren, beim Vorliegen der erwähnten
Voraussetzungen abgabepflichtig werden. Zweifelhaft kann
sein, ob Kunstwerke, die jemand aus beruflichem Interesse
oder Bedürfnis, z. B. als Kunstgelehrter, für sich angeschafft
hat. abgabepflichtig sind. Professor Stier-Somlo verneint
diese Frage, weil die Absicht, durch die Anschaffung Steuer
zu hinterziehen, fehlt.«

VERSTEIGERUNG

München. Die reiche Gläser-Sammlung von Philipp
Schwarz-Stuttgart kommt in der zweiten Oktoberhälfte (im
Anschluß an die Zinnsammlung Nestle) bei H. Helbing in
München zur Versteigerung. Hervorragende Einzelstücke —
ein syrisches Glas des 13. Jahrhunderts, venetianisches, ein
Renaissancepokal von Hall, Email-Humpen, Inkunabeln des
Glasschnittes, gute Potsdamer Arbeiten von Spiller und
Winter, Nürnberger in Schwinger-Art, Schaper- und Preuß-
ler-Malereien — und zahlreiche charakteristische Arbeiten
in den verschiedensten Techniken geben reichlich Gelegen-
heit, daß große Museen ihre Bestände vervollständigen,
aber auch kleinere Sammlungen, die die Gläsergruppe bis-
her zu sehr vernachlässigt haben, instruktive Entwicklungs-
serien erwerben, und da während des Krieges die aus-
wärtigen Bewerber zum guten Teile ausgeschaltet sein
werden, dürfte eine solch günstige Gelegenheit kaum
wiederkommen.

Für die Redaktion des Kunstgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hellwag, Berlin-Zehlendorf-Mitte
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., g. m. b. h., in Leipzig
 
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