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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 28.1917

DOI Artikel:
Hillig, Hugo: Kunstgewerbliche Symbolik, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4829#0043

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erkennbar oder ganz schwach ausgedrückt, auch fehlt meist
der Stachel. Das astronomische Zeichen der Wage läßt
sich leicht verstehen, auch das des Schützen, das, wie wir
wissen, schon im alten Babylon zuweilen an Stelle des
Bildes gebraucht wurde. Im Zeichen des Steinbocks ist
möglicherweise eine Abstraktion des Fabelwesens der
Fischziege zu erblicken; man braucht nur an das See-
pferdchen zu denken. Beim Wassermann sind wohl Wellen
im Zeichen zu sehen, bei den Fischen mag das Bindeglied
zwischen den beiden Sichelformen das einstige Band dar-
stellen.

T

Widder

ö V 8

ä n

Stier
Zwillinge

© 0

Krebs

^?£

Löwe



Jungfrau
Wage

m % TTL

Skorpion

/-*

Schütze

HfcH

Steinbock



Wassermann

X 5

Fische

Diese astronomischen Zeichen oder Symbole mögen
als eine Art astronomischer Fachschrift, die Abkürzung
zum Zweck hat, aufzufassen sein. Bis in das siebzehnte
Jahrhundert bezeichneten die Astronomen die Stellungen
der Sterne ausschließlich nach den Tierkreisbildern, so daß
sie eine Stellung zwischen verschiedenen Zodiakalzeichen
nicht mit den Gradzahlen, sondern nur mit der Zahl derGrade
hinter dem vorhergehenden Tierkreiszeichen ausdrückten.
Jetzt wird eine solche Stellung einfach durch die Zahl der
Grade, von 0° ab gezählt, bezeichnet. Denn die Stellung
der Tierkreisbilder trifft, auf den Jahreslauf auch unserer
Zeit bezogen, nicht mehr zu, infolge der Präzession, des
Vorrückens des Frühlingspunktes, der innerhalb der Erd-
bahn allmählich vorrückt, so daß er nach 25765 Jahren
den Lauf um die ganze Erdbahn vollendet, decken sich
die Sternbilder des Tierkreises heute nicht mehr mit den
gleichnamigen Zeichen der Ekliptik.

Ist darum der Tierkreis als dekoratives Element auch
gegenstandslos geworden? Wenn dekorative Ornamentik
nicht nur Raumausfüllung und Fleckwirkung will, wenn sie
sie uns — an rechter Stelle — auch an eine Beziehung

erinnert und sei es auch »nur« an die, welche wir aus der
Geschichte des Tierkreises zum Entwicklungsgang des
menschlichen Geistes erkennen, so läßt sich die Anwen-
dung dieser Symbole auch wohl heute noch rechtfertigen.
Die Astronomie kennt noch mehr solcher Symbole,
z. B. für die Planeten, die auch zur Symbolisierung der
Wochentage dienen, und früher, als die ärztliche Kunst
noch eng mit der Astrologie und Alchimie zusammenhing,
auch Metalle und Körperteile symbolisierten. Ihre Herkunft
ist ebenfalls nicht festzustellen; beim Merkurzeichen ist wohl
das Kerykeion wiederzufinden. Außerdem gibt es noch

O (jj) Sonne Sonntag Gold

Herz

J) (T Mond Montag Silber Gehirn

ö O Merkur Mittwoch Quecksilber Lunge

O \J Venus Freitag Kupfer Niere

/

Mars Dienstag Eisen

Zinn

Saturn Sonnabend Blei

/f", ]\ // Jupiter Donnerstag
\0- Neptun

Galle
Leber

Milz

Uranus

(^J) Erde (sonst auch durch ein Viereck oder

durch ein quergeteiltes Dreieck (s. II. Teil)
bezeichnet. In England ist das Zeichen für Erde ein quer-
geteilter, in Amerika ein gevierter Kreis.

für wohl alle anderen Sternbilder solche symbolische Zei-
chen, die indessen kaum für kunstgewerbliche Zwecke in
Betracht kommen werden, ebenso können wir die an sich
interessanten chemischen Symbole der Alchimister übergeben.

Literatur:

Ginzel: Handbuch der mathematischen und technischen
Chronologie, Bd. I—III; Kugler: Sternkunde und Stern-
dienst in Babel, I. Bd.; v.Littrow: Die Wunder des Him-
mels; Newcotnb-Engelmann: Populäre Astronomie; Plaß-
mann: Himmelskunde, Versuch einer methodischen Ein-
führung in die Hauptlehren der Astronomie; Riet, Der
Tierkreis und das feste Jahr von Dendera; Schweiger-
Lerchenfeld: Atlas der Himmelskunde.

(Fortsetzung folgt.)

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