erkennen. Zu Frage 1: Nein. Das kunstgewerbliche
Lernen ist rein technisch, das sofort beginnen kann, das
andere ist Erziehung einer Fähigkeit, deren Entwicklung
oft sehr spät erfolgt, sogar oft erst nach den Lehrjahren.
Dabei ist deren Programm viel umfangreicher als bei
ersterem. Zu Frage 2: Nein. Wie oben. Dabei täuscht
man sich leicht über Umfang und Dauer eines Talents,
das sich vielleicht nur als anerzogenes besseres Sehen,
ohne eigene Tiefe, herausstellt. Zu Frage 3: Nein. Für
sogenannte höhere Kunst ist viel umfangreichere Erziehung
notwendig. Viele Künstler reden über Akademie nur weg-
werfend, weil sie nicht beurteilen können, wieviel sie trotz
allem an der Akademie gelernt haben. Zu Frage 4: Nein.
Wie bei 3. Gegenfragen: 1. Erwartet man nach dem
Kriege, wenn auch dieser erfolgreich ist, einen solchen
finanziellen Zusammenbruch, daß man zu Beschränkungen
greifen muß, wie sie sich in den fünf Fragen anzeigen?
2. Will man an Stelle der, gottlob, so verschiedenen
deutschen Akademien ein uniformes Kunstschulwesen her-
vorrufen? — Leider regt sich in dieser Beziehung ver-
schiedenes. — »Proletariat« wird überall in allen Fächern
erzogen, weil weder Akademie, noch Kunstgewerbeschule,
noch Universität, noch Privatanstalten soviel Charakter an-
erziehen können, daß ein rechtzeitiges Ausscheiden sicher
wäre.«
Trübners Antwort lautet: »Zu Nr. 1 und 3 habe ich zu
bemerken: Solange nicht sämtliche Lehrämter an den Kunst-
akademien und Kunstschulen mit den ersten deutschen
Künstlern besetzt sind, solange kann der Kunstunterricht
keinen Aufschwung nehmen, und es ist deshalb ganz
zwecklos, über Nebensachen eine Debatte zu eröffnen,
solange nicht die Hauptsache durchgesetzt worden ist. Zu
Nr. 2 habe ich zu bemerken: Den hervorragendsten Künst-
lern wird nichts leichter fallen als die bedeutenden Talente
herauszufinden. Die mittelmäßigen Künstler werden nur
die mittelmäßigen Talente herausfinden und für die be-
deutenden halten, also sich deshalb in vielen Fällen täuschen.
Große Künstler täuschen sich nie in der Beurteilung des
Talents, und wenn es dennoch der Fall sein sollte, dann
sind die Beurteiler eben keine wirklich großen Künstler« ...
»Das Wort »Kunstproletariat« anzuwenden bei dem Ver-
such seitens der Kunstwissenschaft, den Kunstunterricht
fördern zu wollen, wird einen äußerst feindseligen Ein-
druck hervorrufen, wenn nicht gleichzeitig auch das Wort
»Kunsthistorikerproletariat« mit in die Debatte aufgenommen
werden sollte. In allen Berufen gibt es Minderbegabte und
muß es geben, ebenso wie es im militärischen Beruf nur
einen Hindenburg gibt und im übrigen Offiziere und Unter-
offiziere aller Grade; sogar gibt es fachmännisch mili-
tärisch ausgebildete Gemeine, von denen man gar nicht
genug haben kann. Ganz ähnlich sollte das Verhältnis
auch in der Kunst und in der Kunstwissenschaft zutage
treten. Das Streben, die Zahl der fachmännisch ausge-
bildeten^ Künstler und Kunstverständigen einzuschränken,
halte ich für gänzlich verfehlt.«
Endlich sei aus den vielen interessanten Äußerungen
noch die Adolfs von Hildebrand wiedergegeben, der schreibt:
»Daßl die Bestrebungen, das Künstlerproletariat zu ver-
ringern, nötig und berechtigt sind, ist einleuchtend. Ob
es aber wünschenswert ist, den Besuch einer Gewerbeschule
oder Akademie obligatorisch zu machen, ist zum mindesten
sehr fraglich. Man kann es unmöglich ausschließen, daß
einer v für sich oder bei einem Künstler sich privatim aus-
bildet. Eine ganz andere Frage ist es aber, ob nicht das
sich Künstler zu nennen und als solcher auf Unterstützung
eventuell Anspruch zu erheben, mit irgendwelchem Examen
oder offfziellem Urteil verbunden sein sollte, analog dem
Freiwilligenexamen. Ob die Einlieferung einer Arbeit da-
zu genügt oder ob man bestimmtes Wissen und Können
fordert und prüft, wäre eine besondere Frage, ebenso ob
die zum Urteil berufene Jury nur aus Lehrern der Ge-
werbeschulen und Akademien bestehen soll oder auch aus
Privatkünstlern. Erst mit solchem Diplom wäre einer recht-
lich ein Künstler. Er könnte damit auch das Recht des
Freiwilligen beim Militär erhalten. Es scheint eine solche
Kontrolle für den Zweck vollständig zu genügen, ohne die
Erziehung ganz in die Hände der Schulen zu legen.«
Es handelt sich ja bei der Frage nach der künftigen
Gestaltung unseres Kunstunterrichts nicht nur um ein Pro-
gramm von hoher praktischer Bedeutung, vielmehr um die
Verkörperung neuer Ideale, die, wie Seidlitz betont, an die
Stelle einer überlebten Übung treten sollen. Der Gelehrte
faßt die vielstimmigen Urteile der Künstler folgendermaßen
zusammen: »Nicht in Nachahmung, wohl aber nach dem
Vorbilde Frankreichs sollte der Unterricht im Handwerk,
namentlich im Zeichnen, wesentlich verbessert werden.
Fertigkeiten solcher Art sind nicht nur für die verschie-
denen Verwendungsarten des Kunstgewerbes, sondern
überhaupt für die Ausbildung zur Kunst nötig; außerdem
aber sind sie für eine so große Zahl anderer Berufe von
höchster Bedeutung, daß ihre Erlernung womöglich jeder-
mann ohne weiteres zugänglich sein sollte. Spielte die
bildende Kunst, die auf den Ausstellungen begafft und in
den Zeitungen bekrittelt wird, im Geistesleben unseres
Volkes die Rolle, die ihr als einer der wichtigsten Be-
tätigungen und hervorragenden Erwerbsquellen zukommt,
statt daß sie jetzt fast ausschließlich von der idealen, keinem
wirklichen Bedürfnis entsprechenden Seite aufgefaßt zu
werden pflegt, so wäre schon längst mit jener Erziehungs-
weise gebrochen worden, die während der Schuljahre viel
zu subjektiv ist, zum Schluß in den Meisterateliers aber
in dem Vorbild des Lehrers ein viel zu großes Gewicht
beilegt.«
WETTBEWERBE
Dresden. Einen Wettbewerb für Arbeiten der Innen-
und Kleinplastik schreibt der Akademische Rat im Namen
des Königlichen Ministeriums des Innern aus. Zur Teil-
nahme am Wettbewerb berechtigt sind einheimische, d. h.
in Sachsen lebende oder Staatsangehörige Künstler. In
Betracht kommen nur Bildwerke der freischaffenden Kunst,
Statuen bis zur Lebensgröße, Büsten, Statuetten, Reliefs,
Plaketten, Denkmünzen und dergleichen, in Marmor, Bronze
und sonstigen Edelmetallen, oder in Zinn, Elfenbein, Holz,
gebranntem und glasiertem Ton, Porzellan und dergleichen.
Erwünscht sind für diesmal noch besonders Gedenktafeln
für gefallene Studierende der Kunstakademie und für im
Felde gebliebene Angehörige öffentlicher Behörden und
Bildungsanstalten (Schulen, Hochschulen, Universitäten).
Die Werke sind bis zum 20. Oktober 1917 bei dem Haus-
inspektor der Königlichen Akademie im Ausstellungsgebäude
auf der Brühischen Terrasse abzuliefern.
Mittweida. Die Frist zur Ablieferung der Bewerbungs-
arbeiten um den aus Mitteln des Kunstfonds auszuführen-
den Zierbrunnen für den Marktplatz zu Mittweida wird,
wie der Akademische Rat in Dresden bekannt macht, bis
zum 2. Juni mittags 12 Uhr verlängert. Die Entwürfe sind
im Gebäude der Kunstakademie auf der Brühischen Ter-
rasse in Dresden, Nordseite — nicht an der Südostseite
gegenüber der Salzgasse — abzuliefern. An den übrigen
Bedingungen des Ausschreibens vom 30. Dezember 1916
wird hierdurch nichts geändert.
Der Wettbewerb für Erinnerungsgegenstände
zum Reformationsjubiläum. Im Stuttgarter Landes-
museum ist der Wettbewerb für Erinnerungsgegenstände
zum Reformationsjubiläum zur Entscheidung gelangt. Unter
den zahlreichen Einsendungen traf das Preisgericht folgende
Entscheidung: Zwei erste Preise von je 250 M. fielen auf
die in Hochrelief geschnittene Glasdose von Wilhelm von
Eiff-Göppingen, sowie auf vier Schmuckgegenstände von
Ludwig Gies-München, vier zweite Preise von je 100 M.
fielen auf die Eisenplakette von Eugen Göttlich-München.
Für die Redaktion des Kunstgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hellwaq, Berlin-Zehlendorf-Mitte
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., g. m. b. h., in Leipzig